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Rechnungsberichtigung: Rückwirkung beim Vorsteuerabzug

Christian Thurow

FG Münster, Urteil vom 10.12.2015, 5 K 4322/12 U (Revision zugelassen)

 

Unter welchen Voraussetzungen ist bei der Berichtigung von Rechnungen ein rückwirkender Vorsteuerabzug möglich? Unter anderem mit dieser Frage beschäftigt sich das Finanzgericht Münster (FG) in einem am 15.1.2016 veröffentlichten Urteil. Auch hier gilt: „Those who are late will be punished by life itself“ (Gennadi Gerassimow) – auf Deutsch: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ (fälschlicherweise Michail Gorbatschow zugeschriebenes Zitat).

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung kam es beim Kläger zu einer erheblichen Umsatzsteuerkorrektur. Ursächlich hierfür war u.a. eine Reihe von formal nicht korrekten Rechnungen. Während des Einspruchsverfahrens legte der Kläger einige berichtigte Rechnungen vor. Weitere berichtigte Rechnungen wurden nach dem erfolglosen Einspruch während des Klageverfahrens vorgelegt.

Den vom Kläger geforderten rückwirkenden Vorsteuerabzug lehnte das Finanzamt ab.

 

 

Lösung

In seiner Urteilsbegründung verweist das FG Münster auf zwei entsprechende EuGH-Urteile (vom 15.7.2010, C-368/09 –Pannon Gép, UR 2010, 693, und vom 8.5.2013, C-271/12 – Petroma Transports SA, EU-UStB 2013, 40). Hiernach kann der Vorsteuerabzug nicht allein aus formellen Gründen versagt werden, wenn der Finanzbehörde vor dem Erlass der Entscheidung berichtigte Rechnungen zugehen. Aus Sicht des FG Münster ist nicht der eigentliche Steuerbescheid, sondern erst die Einspruchsentscheidung die endgültige Entscheidung der Finanzbehörde, da diese den Steuerbescheid (gemäß § 367 Abs. 2 AO) in vollem Umfang erneut zu prüfen hat.

Unter Anwendung dieser Überlegungen sind die vom Kläger während des Einspruchsverfahrens vorgelegten berichtigten Rechnungen rückwirkend vorsteuerwirksam zu berücksichtigen. Dagegen scheidet eine solche rückwirkende Berücksichtigung bei den im Klageverfahren vorgelegten Rechnungen aus, da diese erst nach der Entscheidung der Finanzbehörde eingereicht wurden.

Das FG Münster hat die Revision zur Klärung der Rechtsfragen bezüglich der Rückwirkung von Rechnungsberichtigungen zugelassen.

 

 

Praxishinweise:

  • Bereits im November 2014 hat das FG Niedersachsen in einem ähnlichen Fall dem EuGH die Frage vorgelegt, ob und wenn ja, unter welchen Bedingungen eine rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich ist (Niedersächsisches FG, Beschluss vom 3.7.2014, 5 K 40/14). Dabei geht es ausdrücklich um die Frage, ob eine Korrektur auch noch während des Einspruchsverfahrens eingereicht werden kann. Das Vorabentscheidungsersuchen des FG Niedersachsen ist unter dem Aktenzeichen C-518/14 anhängig. Mit der ausstehenden Entscheidung der Luxemburger Richter und der erwarteten Revision beim BFH gegen das oben genannte Urteil des FG Münster ist das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen.
  • Die Korrektur einer nicht richtig ausgestellten Rechnung ist möglich. Dies hat der EuGH in seinem Urteil in der Rechtssache Pannon Gép ausdrücklich bestätigt. Mit der Entscheidung des BFH vom 19.6.2013 (XI R 41/10) dürfte geklärt sein, dass die Rückwirkung eine ursprüngliche Rechnung verlangt, die den Mindestanforderungen an eine Rechnung genügt.
  • Für die Praxis ist Folgendes zu beachten: Auf die ordnungsgemäße Rechnungsstellung ist weiterhin äußerster Wert zu legen. Sofern z.B. während einer steuerlichen Betriebsprüfung oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung eine Rechnung zu Recht beanstandet wird, empfiehlt es sich, so schnell wie möglich dem Finanzamt eine korrigierte Rechnung zuzuleiten, die der Leistende zuvor ausgestellt hat. Die Umsatzsteuerbescheide bzw. Festsetzungen sollten unbedingt angefochten werden. Als Vorsichtsmaßnahme sollte zusätzlich ein Antrag auf rückwirkende Gewährung des Vorsteuerabzugs nach § 163 AO im Billigkeitswege gestellt werden.

Die letzten beiden Praxisempfehlungen stammen von Mann, BC 2014, 247 (Heft 6).

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Lead Auditor Europe in der Internen Revision, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

BC 2/2016

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