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Vorsteuerabzug bei beabsichtigter Unternehmensgründung

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 11.11.2015, V R 8/15

 

Unter welchen Voraussetzungen haben Vorgründungseinzelunternehmer Anspruch auf Vorsteuerabzug? Bei der Beantwortung dieser Frage kommt der BFH zu einem anderen Ergebnis als das erstinstanzliche Finanzgericht.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Kläger und Revisionsbeklagte plante die Gründung einer GmbH. Zur Vorbereitung nahm er Beratungsleistungen einer Unternehmensberatung sowie eines Rechtsanwalts in Anspruch. Die Gründung der Gesellschaft kam schlussendlich nicht zustande. Trotzdem machte der Kläger den Vorsteuerabzug für die Beratungsrechnungen geltend.

Die Klage vor dem erstinstanzlichen Finanzgericht war erfolgreich. Das FG stellte dabei den Vorgründungseinzelunternehmer mit der Vorgründungsgesellschaft gleich. Eine ausführliche Besprechung des Urteils finden Sie auf der BC-Homepage. Das Finanzamt ist gegen das Urteil in Revision gegangen.

 

 

Lösung

Das vom Finanzgericht entwickelte Konstrukt des Vorgründungseinzelunternehmers ist aus Sicht des BFH für den Ausgangsfall nicht relevant. Der Vorsteuerabzug steht nur Unternehmern zu. Gemäß der EuGH-Rechtsprechung ist ein Gesellschafter nur dann Unternehmer, wenn er entgeltliche Leistungen im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erbringt. Der bloße Erwerb und das Halten von Gesellschaftsanteilen stellen keine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Da der Kläger im Streitfall nicht beabsichtigte, gegenüber der zu gründenden GmbH wirtschaftliche Leistungen zu erbringen, fehlt ihm die Unternehmereigenschaft.

Allerdings kann nach der EuGH-Rechtsprechung das Recht auf Vorsteuerabzug auch im Zusammenhang mit Übertragungsvorgängen auf Gesellschaften bestehen. Wie schon vom erstinstanzlichen Finanzgericht angeführt, ist gemäß EuGH-Urteil vom 29.4.2004 (C–137/02, „Faxworld“) die Vorgründungsgesellschaft zum Vorsteuerabzug berechtigt. Entscheidend ist hier: Zwischen der Vorgründungsgesellschaft und der eigentlichen Gesellschaft besteht eine Rechtsnachfolge. Die mit der Vorsteuer in Zusammenhang stehenden Vermögensgegenstände müssen auf die spätere Gesellschaft übertragbar sein (sog. Investitionsgüter).

Hieran fehlt es im Ausgangsfall. Die vom Kläger bezogenen Beratungsleistungen wären auch im Fall einer tatsächlich gegründeten GmbH nicht auf diese übertragbar gewesen. Somit ist ein Vorsteuerabzug nicht zulässig.

 

 

Praxishinweis:

  • Der EuGH stellt in seiner Rechtsprechung auf den Übergang der Wirtschaftsgüter von der Vorgründungs- auf die Endgesellschaft ab – dem sog. Investitionsumsatz. Liegt ein solcher vor, so ist die Vorgründungsgesellschaft zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dies setzt voraus, dass übertragbare Wirtschaftsgüter (Investitionsgüter) vorliegen. Vorsteuer aus reinen Gründungsaufwendungen ist daher nicht abzugsfähig.
  • Nicht relevant ist hingegen die Frage, ob die geplante Gesellschaft auch tatsächlich gegründet wurde.

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Vice President Audit Operations & Reporting, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 4/2016

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