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News & Beiträge

Zweites Bürokratieentlastungsgesetz

BC-Redaktion

Beschluss des Bundestags vom 30.3.2017, BT-Drs. 18/11778; Zustimmung des Bundesrats am 12.5.2017, BR-Drs. 305/17

 

Das Zweite Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz) stellt eine Fortsetzung des ersten Bürokratieentlastungsgesetzes aus dem Jahr 2015 dar.

Im ersten Bürokratieentlastungsgesetz lag der Schwerpunkt auf Gründungen und jungen, schnell wachsenden Unternehmen. Durch das zweite Bürokratieentlastungsgesetz sollen hingegen vor allem solche Unternehmen entlastet werden, die typischerweise am meisten von Bürokratie belastet sind: kleine Betriebe mit 2 bis 3 Mitarbeitern.

Die für die Rechnungswesenpraxis bedeutsamen Änderungen werden im Folgenden vorgestellt.

 

Gegenüber dem Kabinettsbeschluss vom 3.8.2016 wurde die Betragsgrenze für die Aufzeichnungspflichten für GWG von 150 € auf 250 € erhöht. Zudem ist der Schwellenwert für umsatzsteuerliche Kleinbetragsrechnungen von zuletzt 200 € (derzeit 150 €) auf 250 € angehoben worden.

 

 

Gegenstand der Änderungen / Neuerungen

Rechtsgrundlagen /

Geplanter Zeitpunkt des Inkrafttretens

Abgabenordnung

Verkürzung der steuerlichen Aufbewahrungsfrist von Lieferscheinen

  • Bei empfangenen Lieferscheinen, die keine Buchungsbelege sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Erhalt der Rechnung.
  • Für abgesandte Lieferscheine, die keine Buchungsbelege sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Versand der Rechnung.

Bislang sind Lieferscheine auch dann aufzubewahren, wenn sich die Angaben aus den Rechnungen ergeben. Die Aufbewahrungspflicht beträgt (gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 AO) sechs Jahre bzw. zehn Jahre, wenn die Lieferscheine als Buchungsbeleg verwendet werden. Künftig soll auf die Aufbewahrung von Lieferscheinen verzichtet werden können, wenn deren Inhalt eingangs- bzw. ausgangsseitig durch die entsprechende Rechnung dokumentiert ist.

 

 

Praxishinweis:

Erfolgt bei den Rechnungsangaben ein Verweis auf Lieferscheine, sind diese Bestandteil der Rechnung und somit auch künftig 10 Jahre aufzubewahren.

 

§ 147 Abs. 3 Sätze 3 und 4 AO

Erstmalige Anwendung auf Lieferscheine, deren Aufbewahrungspflicht nach der bislang geltenden Regelung bis zum 31.12.2016 noch nicht abgelaufen ist

Inkrafttreten rückwirkend zum 1.1.2017 (Art. 9 Abs. 2 des Gesetzes)

Einkommensteuer

Aufzeichnungspflichten für GWG: Erhöhung der Betragsgrenze von 150 € auf 250 € (netto)

Selbstständig nutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens bis 800,00 € – bislang 410,00 € – (GWG), für die die Sofortabschreibung in voller Höhe gewählt wird, sind regelmäßig in einem besonderen, laufend zu führenden Verzeichnis zu erfassen. Folgende Angaben sind hierbei zu machen:

  • der Tag der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs und
  • die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder gemeiner Wert (z.B. bei Einlagen).

Das Verzeichnis braucht nicht geführt zu werden, wenn diese Angaben aus der Buchführung ersichtlich sind.

Ab 2018 sind diese Aufzeichnungen erst ab einem Nettobetrag von 250,01 € (statt bislang 150,01 €) erforderlich.

 

 

Praxishinweis:

Angepasst wird auch die Wertuntergrenze der Poolabschreibung (Sammelposten) für alle Wirtschaftsgüter zwischen 250 € (bislang 150 €) und 1.000 € (§ 6 Abs. 2a EStG) - und zwar durch das "Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen".

 

§ 6 Abs. 2 Satz 4 EStG

Erstanwendung bei Wirtschaftsgütern, die nach dem 31.12.2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden (§ 52 Abs. 12 Satz 3 EStG)

Lohnsteuer

Lohnsteuerpauschalierung bei kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmern: Erhöhung des Tageslohn-Grenzwerts von 68 € auf 72 €

Eine Pauschalierung der Lohnsteuer mit 25% bei kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmern ist nur zulässig, wenn der durchschnittliche Tageslohn – derzeit (!) – 68 € nicht übersteigt. Die durchschnittliche Tageslohngrenze knüpft an den Mindestlohn an (8 Stunden x 8,50 € = 68 €). Da der Mindestlohn zum 1.1.2017 auf 8,84 € gestiegen ist, wird die durchschnittliche Tageslohngrenze auf 72 Euro erhöht.

 

§ 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG

Inkrafttreten rückwirkend zum 1.1.2017 (Art. 9 Abs. 2 des Gesetzes)

Anhebung der Grenze zur vierteljährlichen Abgabe der Lohnsteuer-Anmeldungen von 4.000 € auf 5.000 €

Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 1.080 €, aber nicht mehr als 5.000 € betragen hat. Entlastet werden dadurch insbesondere Arbeitgeber mit ein oder zwei beschäftigten Arbeitnehmern.

Beläuft sich die Lohnsteuer auf mehr als 5.000 €, gilt eine monatliche Abgabefrist.

 

§ 41a Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz EStG

Inkrafttreten rückwirkend zum 1.1.2017 (Art. 9 Abs. 2 des Gesetzes)

Umsatzsteuer

Forderungsabtretung (Factoring): Voraussetzungen der Vereinnahmung

Die Regelung zielt auf einen Haftungsausschluss beim Factoring ab: In den Fällen des Forderungsverkaufs gilt die Forderung nicht durch den Abtretungsempfänger (Zessionar = Erwerber der Forderung bzw. Factor) als vereinnahmt, soweit

– der leistende Unternehmer für die Abtretung der Forderung (als Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz)

– eine Gegenleistung in Geld

vereinnahmt. In diesem Fall haftet der Factor (Abtretungsempfänger) nicht (!) für die in der Forderung enthaltene Umsatzsteuer.

Mit dieser Gesetzesregelung wird Abschn. 13c.a Abs. 27 UStAE – entgegen der BFH-Rechtsprechung – festgeschrieben.

 

§ 13c Abs. 1 Sätze 4 und 5 UStG

Inkrafttreten rückwirkend zum 1.1.2017 (Art. 9 Abs. 2 des Gesetzes)

Anhebung der Pauschalierungsgrenzen für Rechnungen über Kleinbeträge von 150 € auf 250 €

Die Anhebung der Grenze auf einen Betrag von 250 € entlastet auf der einen Seite den Leistungserbringer. Auf der anderen Seite entlastet sie auch den vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfänger, soweit dieser dadurch von formellen Prüfpflichten für die Eingangsleistung befreit wird.

Die Erhöhung der Betragsgrenze auf 250 € soll über einen Ausgleich der Preissteigerungen der letzten Jahre hinausgehen. Vereinfacht wird hierdurch insbesondere die Abrechnung von Barumsätzen im Handel sowie Automatenabrechnungen. Diese haben nicht sämtliche Pflichtangaben bei der Erteilung von Rechnungen (gemäß § 14 UStG) zu beachten.

 

 

Praxishinweise:

  • Kleinbetragsrechnungen haben gemäß § 33 Satz 1 UStDV folgende Angaben zu enthalten:
    – vollständiger Name und vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers,
    – Ausstellungsdatum (Rechnungsdatum),
    – Menge und Art der gelieferten Gegenstände (Waren) oder Umfang und Art der sonstigen Leistung,
    – Entgelt und darauf entfallender Steuerbetrag in einer Summe (Bruttobetrag) sowie
    – Ausweis des anzuwendenden Steuersatzes – oder Hinweis auf die Steuerbefreiung. Die Angabe „gesetzliche Umsatzsteuer enthalten“ reicht nicht aus!

    Demzufolge müssen bei Kleinbetragsrechnungen bis 250 € nicht der Rechnungsbetrag netto und der Umsatzsteuerbetrag angegeben werden. Entbehrlich sind darüber hinaus u.a.: Angaben über den Namen und die Anschrift des Leistungsempfängers, Berücksichtigung des Zeitpunkts der Lieferung oder der sonstigen Leistung sowie der Steuernummer und fortlaufenden Rechnungsnummer.
    Nicht angewendet werden dürfen die Regelungen:
    – beim innergemeinschaftlichen Versandhandel (nach § 3c UStG),
    – bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a UStG) und
    – bei Umkehrung der Steuerschuldnerschaft in den Fällen des § 13b UStG (z.B. bei Reparaturleistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers).
  • Im Gesetzentwurf vom 3.8.2016 war lediglich eine Anhebung der Kleinbetragsgrenze von 150 € auf 200 € vorgesehen.
  • Zulässig ist es gemäß Art. 238 Abs. 1a MwStSystRL (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) sogar für Rechnungen bis zu einem Betrag von 400 €, auf die detaillierten Anforderungen an die Rechnungsangaben zu verzichten.

 

§ 33 Satz 1 UStDV

Inkrafttreten rückwirkend zum 1.1.2017 (Art. 9 Abs. 2 des Gesetzes)

Sozialrecht

Fälligkeitsregelung für die Beiträge zur Sozialversicherung

Statt einer (aufwendigen) Schätzung der Beiträge im laufenden Monat können(!) die tatsächlichen Beitragswerte für den Vormonat gezahlt werden („vereinfachtes Verfahren“). Dieser Wert liegt zum Zeitpunkt der Beitragszahlung am drittletzten Bankarbeitstag eines Monats als Ergebnis der Entgeltabrechnung für den Vormonat immer vor. Um die sich dadurch zwangsläufig ergebenden Abweichungen zwischen der tatsächlichen Beitragsschuld für einen Monat und dem verwendeten Wert des Vormonats auszugleichen, ist die Differenz, die sich bei der Entgeltabrechnung für den Monat im Folgemonat ergibt, jeweils von der Beitragszahlung im Folgemonat abzuziehen oder zu addieren.

 

 

Praxishinweise:

  • Für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt gilt wie bisher die Regelung des § 23a Abs. 1 SGB IV. Danach sind Einmalzahlungen im jeweiligen Monat zu berücksichtigen, in dem sie gezahlt werden – auch wenn das vereinfachte Verfahren zum Einsatz kommt. Beiträge, die allein auf Einmalzahlungen entfallen, sind entsprechend im Folgemonat von der Beitragsschuld des Vormonats abzuziehen.
  • Die Bundessteuerberaterkammer regt in diesem Zusammenhang eine einheitliche Fälligkeitsregel sowohl in der Lohnabrechnung als auch für die Sozialversicherung an.
  • Die jährlichen Anpassungen der Entgeltsoftware der Unternehmen erfolgen immer zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres. Daher tritt auch die Änderung der Beitragsfälligkeit rückwirkend zum 1.1.2017 in Kraft. Es handelt sich um eine begünstigende Regelung, die nun optional für alle Arbeitgeber vorgesehen ist. Bisher war dies nur für eine kleine Gruppe von Arbeitgebern mit besonderen Merkmalen in ihrer Abrechnung möglich.

 

§ 23 Abs. 1 Satz 3 SGB IV

Inkrafttreten rückwirkend zum 1.1.2017 (Art. 9 Abs. 2 des Gesetzes)

 

[Anm. d. Red.]                     

 

 

BC 8/2016, BC 9/2016, BC 5/2017, BC 6/2017    

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