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Abzugsfähigkeit von ärztlichen Behandlungskosten nach einem Autounfall auf dem Weg zur Arbeit

Christian Thurow

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.1.2018, 5 K 500/17 (Revision zugelassen)

 

Durch die Entfernungspauschale werden die dem Arbeitnehmer entstehenden Kosten der täglichen Hin- und Rückfahrt zur ersten Tätigkeitsstätte abgegolten. Doch schließt die Entfernungspauschale auch ärztliche Behandlungskosten nach einem Unfall auf dem Arbeitsweg mit ein?


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

 

Die Klägerin erzielte Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit. Nach einem Unfall auf dem Rückweg von ihrer ersten Tätigkeitsstrecke musste sich die Klägerin einer Operation zur Wiedererstellung ihres Gesichts unterziehen, da mehrere Knochen bei dem Unfall zertrümmert wurden. Da die operativen Leistungen über die sog. Grundversorgung hinausgingen, trug die Klägerin selbst ärztliche Behandlungskosten in Höhe von rund 2.400 €. Die Klägerin beantragte, diese Kosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Aus Sicht des Finanzamts sind dagegen sämtliche Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bereits durch die Entfernungspauschale abgegolten.

 

Lösung

 

Auch das FG Baden-Württemberg vertritt die Auffassung, die Entfernungspauschale gelte (gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG) sämtliche Aufwendungen ab, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind. Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebe sich, dass auch außergewöhnliche Kosten – unabhängig von ihrer Höhe – unter die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale fallen. Dies schließt Aufwendungen für auf dem Arbeitsweg entstandene Sach- und Personenschäden mit ein.

Das Finanzgericht geht auch der Frage nach einer Überlagerung des Veranlassungszusammenhangs nach. Nach Aussage der Klägerin war die Operation auch nötig, da sie durch den Unfall atmungsbedingt eine weniger deutliche Aussprache hatte und dies bei beruflichen Telefonaten zuweilen zu Verständnisschwierigkeiten geführt hätte. Aus Sicht des FG Baden-Württemberg ist dieser Kausalzusammenhang zu abstrakt, um eine wirtschaftliche Verbindung mit den erzielten Einkünften herzustellen. Zum anderen würde ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang den Veranlassungszusammenhang mit den Aufwendungen wegen des Unfalls auf der Heimfahrt nicht überlagern. Vielmehr erscheint der Veranlassungszusammenhang der Aufwendungen (ärztliche Behandlungskosten) mit der Heimfahrt von der Tätigkeitsstätte enger und damit maßgeblich.

Somit stellen die streitgegenständlichen Behandlungskosten nicht zusätzlich abzugsfähige Werbungskosten dar. Ein Abzug als außergewöhnliche Belastung scheidet demnach auch aus.

Das Finanzgericht hat das Urteil zur Revision zugelassen, da sich die bisherige BFH-Rechtsprechung nur mit Sachschäden, nicht aber mit Aufwendungen für Personenschäden befasst hat.

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

BC 8/2018

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