BFH-Urteil vom 12.2.2020, VI R 42/17
Für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte können Arbeitnehmer gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG eine Entfernungspauschale von 0,30 € pro Kilometer steuerlich ansetzen. Umstritten ist, wie zu verfahren ist, wenn Hin- und Rückfahrt an unterschiedlichen Tagen vorgenommen werden. Kann hier sowohl für den Tag der Hinfahrt als auch für den Tag der Rückfahrt die volle Entfernungspauschale in Anspruch genommen werden? Der BFH hat nun Klarheit geschaffen.
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Problemstellung
Der Kläger, ein Flugbegleiter, fuhr an 31 Tagen mit seinem Pkw von der Wohnung zum Flughafen, ohne an dem betreffenden Arbeitstag nach Hause zurückzukehren. Sobald er seinen Dienst als Flugbegleiter absolviert hatte, trat er frühestens nach einem weiteren Arbeitstag den Heimweg an. Aus Sicht des Klägers war die volle Entfernungspauschale sowohl für den Tag der Hinfahrt als auch für den Tag der Rückfahrt steuerlich ansetzbar.
Finanzamt und erstinstanzliches Finanzgericht vertraten dagegen die Auffassung, dass mit der Entfernungspauschale die Hin- und die Rückfahrt abgegolten werde. Somit könne für die Tage der Hinfahrt auch nur die halbe Entfernungspauschale angesetzt werden.
Lösung
Der BFH folgt der Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht. Bereits mit seinem Urteil vom 26.7.1978 hatte der BFH entschieden, dass der damalige Kilometer-Pauschbetrag zwei Fahrten – also die Hin- und Rückfahrt – abgilt. Trotz diverser Änderungen der Rechtslage ist dieser Grundsatz auch weiterhin auf die Entfernungspauschale anzuwenden, wie der BFH in seiner Urteilsbegründung umfangreich darlegt. Daher kann ein Arbeitnehmer, der an einem Arbeitstag nur den Hin- oder Rückweg zurücklegt, auch nur die Hälfte der Entfernungspauschale von 0,30 € – also 0,15 € – als Werbungskosten ansetzen.
Obwohl sich die richterlichen Entscheidungen im Ausgangsfall im Ergebnis gleichen, weicht die Urteilsbegründung des BFH von der des Finanzgerichts ab. Das Finanzgericht (FG) Münster hatte geurteilt, dass die Entfernungspauschale einmalig am Tag der Hinfahrt in voller Höhe anzusetzen ist. Der BFH hat nun klargestellt, dass der Betrag in diesem Fall zu teilen ist, wobei die eine Hälfte auf den Tag der Hinfahrt und die andere Hälfte auf den Tag der Rückfahrt entfällt. Bedeutsam ist dies z.B., wenn ein Angestellter zu seiner ersten Tätigkeitsstätte fährt, von dort aus eine mehrtägige Dienstreise antritt und dann direkt von der Dienstreise nach Hause fährt. Für die Fahrt zur Arbeit vor Beginn der Dienstreise kann nur die halbe Entfernungspauschale angesetzt werden. Da keine Rückfahrt von der Arbeitsstätte stattgefunden hat, kann die andere Hälfte nicht zum Abzug gebracht werden. |
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 7/2020
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