BFH-Urteil vom 16.6.2020, VIII R 9/18
Ist bei der Veräußerung von gewillkürtem Betriebsvermögen der volle Veräußerungserlös als Betriebseinnahme zu werten oder nur der auf die betriebliche Nutzung entfallende Anteil? Der BFH hat die Frage nun am Beispiel eines teilweise privat genutzten Firmenwagens beantwortet.
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Problemstellung
Der Kläger war freiberuflich tätig und ermittelte seinen Gewinn mittels Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR). Den angeschafften Pkw nutzte er zu 25% für seine freiberufliche Tätigkeit und zu 75% zu privaten Zwecken. Der Pkw wurde im Anlagenverzeichnis mit den fortgeführten Anschaffungskosten aufgeführt. Die auf die private Nutzung entfallende AfA wurde durch korrespondierende Betriebseinnahmen aus der Nutzungsentnahme neutralisiert.
Im Streitjahr erwarb der Kläger einen neuen Pkw und gab den alten für 28.000 € in Zahlung. Aus seiner Sicht war nur ein Viertel dieses Betrags – also 7.000 € – als Betriebseinnahme anzusetzen, da der restliche Betrag auf die Privatnutzung entfiel.
Finanzamt und Finanzgericht vertraten dagegen die Auffassung, dass der Pkw zu 100% zum gewillkürten Betriebsvermögen gehört habe. Somit sei auch die Inzahlungnahme in voller Höhe als Betriebseinnahme zu erfassen.
Lösung
Der BFH folgt der Argumentation von Finanzamt und Finanzgericht. Der Pkw war dem gewillkürten Betriebsvermögen zuzurechnen, da er in sämtlichen Veranlagungszeiträumen im Anlagenverzeichnis aufgeführt war. Der Pkw war zum Zeitpunkt der Inzahlungnahme vollständig abgeschrieben, weshalb der Veräußerungsbetrag gleichzeitig den Veräußerungserlös darstellt. Dieser ist in voller Höhe als Betriebseinnahme zu berücksichtigen. Eine anteilige Kürzung oder gewinnmindernde Korrektur für die Privatnutzung findet nicht statt.
Bei der Besteuerung der Privatnutzung eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens in Form der Nutzungsentnahme einerseits und dessen späterer Veräußerung andererseits handelt es sich um unterschiedliche Vorgänge:
- Der Vorgang der Privatnutzung wurde über die Nutzungsentnahme neutralisiert. Die AfA ist dabei lediglich ein Faktor zur Bemessung der Nutzungsentnahme.
- Da der Pkw zu 100% dem gewillkürten Betriebsvermögen zuzurechnen ist, ist beim Vorgang der Veräußerung auch der Veräußerungserlös zu 100% den Betriebseinnahmen zuzurechnen.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 11/2020
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