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Freistellungsbetriebsstätte: Abzug „finaler“ Verluste aufgrund des Unionsrechts

Christian Thurow

EuGH-Vorlage vom 6.11.2019, I R 32/18

 

Die Problematik der steuerlichen Behandlung „finaler“ Verluste hat den EuGH bereits mehrmals beschäftigt. Trotzdem ist der Sachverhalt aus Sicht des BFH noch nicht ausreichend geklärt, insbesondere was das Zusammenspiel von finalen Verlusten und den Regelungen in einem anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) betrifft.


 

 

Praxis-Info!

 

Vorbemerkung

Als finale Verluste bezeichnet man die steuerlichen Verluste, die von einer in einem EU-Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte erwirtschaftet worden sind und in diesem EU-Mitgliedstaat nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden können. Hierzu müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • In dem betreffenden EU-Mitgliedstaat wurden alle Möglichkeiten zum Abzug dieser Verluste ausgeschöpft.
  • Über die betreffende Betriebsstätte dürfen keine Einnahmen mehr erzielt werden, weshalb keine Möglichkeit mehr besteht, die Verluste in diesem EU-Mitgliedstaat berücksichtigen zu können.

 

 

Problemstellung

So weit, so klar! In dem nunmehr zugrunde liegenden Ausgangsfall lagen bei der Klägerin finale Verluste aus einer Betriebsstätte in Großbritannien vor. Die Klägerin begehrte, diese Verluste bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die deutsche Steuer ansetzen zu dürfen.

Das Finanzamt widersprach dem, das erstinstanzliche Finanzgericht gab der Klage statt. Das Finanzamt rügt in seiner Revision, dass laut dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Großbritannien die betreffenden Einkünfte von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer ausgenommen seien. Aufgrund dieser DBA-Regelung können die finalen Verluste auch weiterhin nicht bei der Ermittlung der deutschen Steuer berücksichtigt werden.

 

 

Lösung

Der BFH folgt der Auffassung des Finanzamts nach deutschem Recht. Allerdings ist die Sachlage nach europäischem Recht aus Sicht des BFH unklar. Der BFH legt daher die folgenden Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung vor:

  1. Sind finale Verluste auch dann abziehbar, wenn die Gewinne und Verluste der betreffenden Einkunftsart aufgrund eines bilateral zwischen den beiden EU-Mitgliedstaaten vereinbarten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung freigestellt sind?
  2. Falls dies zu bejahen ist: Gilt dies auch für die Gewerbesteuer?
  3. Falls die erste Frage zu bejahen ist: Sind die finalen Verluste auch dann abziehbar, wenn zumindest die theoretische Möglichkeit besteht, dass die Gesellschaft erneut eine Betriebsstätte in dem EU-Mitgliedstaat eröffnet, mit deren Gewinnen die früheren Verluste verrechnet werden könnten?
  4. Falls die erste und dritte Frage zu bejahen sind: Betrifft dies auch vortragsfähige Verluste?
  5. Falls die erste und dritte Frage zu bejahen sind: Ist der Abzug der finalen Verluste auf die Höhe der Verluste beschränkt, die im EU-Mitgliedstaat hätten berücksichtigt werden können, wenn die Verlustberücksichtigung dort nicht ausgeschlossen wäre?

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 11/2020

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