BFH Urt. v. 2.11.2022 – I R 37/19
Gewinnabführungsverträge werden steuerlich nur dann anerkannt, wenn sie auch tatsächlich durchgeführt werden. Dabei werden an das Tatsachenkriterium strenge Maßstäbe angelegt, wie der BFH erneut unterstreicht. Und der BFH stellt auch klar, was von einer kurzfristigen „Unterbrechung“ des Gewinnabführungsvertrags zu halten ist.
BFH-Urteil vom 13.7.2022 – I R 42/18
– Gewinnabführungsverträge sind nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte im Vertrag finden, können zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden (Bestätigung der Rechtsprechung).
– Die Korrektur einer Unstimmigkeit in einem Gewinnabführungsvertrag durch einen notariellen Nachtragsvermerk nach § 44a Abs. 2 S. 1 BeurkG entfaltet jedenfalls dann keine steuerliche Rückwirkung, wenn sich der tatsächlich gewollte Vertragsinhalt nicht objektiv aus den Vertragsregelungen heraus ergibt und unklar ist, wie eine mögliche Lücke in der Vertragsurkunde zu füllen ist.
FG Köln, Urteil vom 21.6.2022, 10 K 1406/18 (Revision zugelassen)
„Pacta sunt servanda“ (deutsch: Verträge sind einzuhalten). Schon zu Zeiten der Römer war die Vertragserfüllung ein zentraler Bestandteil der Rechtskultur. Die moderne Fortsetzung des lateinischen Mottos findet sich in dem „substance over form“-Gedanken der angelsächsischen Rechnungslegung. Entscheidend ist in beiden Fällen, dass ein Vertrag eine aktive Handlung bzw. Unterlassung auslöst. Eine Vertrag ohne Wirkung wäre somit unbeachtlich. Auch im Steuerrecht gelten diese Grundsätze, so z.B. bei einem Gewinnabführungsvertrag.
Mit Wirkung für Geschäftsjahre, die am 1.1.2023 oder danach beginnen, hebt der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) die Verlautbarungen IDW RS HFA 25 und 26 auf und ändert die Verlautbarung IDW RS HFA 9. Hintergrund ist die verpflichtende Anwendung des IFRS 9 zur Bilanzierung von Finanzinstrumenten für sämtliche nach IFRS bilanzierende Unternehmen – inklusive Versicherungsunternehmen – und damit das Ersetzen des vorigen Standards IAS 39.
FG Münster Urt. v. 20.7.2022 – 9 K 3170/19 (Revision zugelassen, Az. BFH: IV R 28/22)
Bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft ist eine Teilwertabschreibung auf eine Darlehensforderung des Gesellschafters im Sonderbetriebsvermögen im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe unzulässig. Aufgrund des Korrespondenzprinzips darf erst bei Beendigung der Gesellschaft oder Ausscheiden des Gesellschafters eine Wertberichtigung dieser Darlehensforderung erfolgen.
BMF-Schreiben vom 30.1.2023, IV C 7 – S 3225/20/10001 :004; DOK 2023/0092179
Die Finanzverwaltung hat die maßgebenden Baupreisindizes zur Anpassung der Regelherstellungskosten, welche bei der Ermittlung von Gebäudesachwerten für Bewertungsstichtage im Kalenderjahr 2023 verwendet werden müssen, bekannt gegeben.
EZB hebt den Leitzins um 0,50% an – die FED erhöht um „moderate“ 0,25%
Das Jahr 2022 war aus geldpolitischer Sicht ein Jahr der Leitzinserhöhungen. Die Notenbanken haben insbesondere in der zweiten Jahreshälfte die Leitzinsen vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Inflation kräftig erhöht. Die FED (Federal Reserve; US-Notenbank) erhöhte im Jahr 2022 den Leitzins insgesamt siebenmal, während die EZB (Europäische Zentralbank) ebenfalls von ihrer langanhaltenden Niedrigzinspolitik abrückte und den Leitzins für den Euroraum auf 2,50% anhob. Im Februar 2023 geht die EZB aktuell einen größeren Zinsschritt als die FED und erhöht um 0,50 Prozentpunkte.
Der Basiszinssatz nach IDW S 1 bleibt zum 1.2.2023 mit 2,00% konstant im Vergleich zum Vormonat. Im Vergleich zum Vormonat sinkt der ungerundete Basiszins jedoch leicht von 2,0399% (1.1.2023) auf 1,9966% (1.2.2023).
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.6.2022 – 26 W 13/18
Das OLG Düsseldorf hat sich zur Bestimmung des Unternehmenswerts und in diesem Kontext zur Verwendbarkeit plausibler Ausschüttungsannahmen bei der Unternehmensbewertung geäußert. Dem OLG Düsseldorf folgend ist in der ewigen Rente grundsätzlich von typisierten Ausschüttungsannahmen zwischen 40% und 60% auszugehen. Ausnahmen können sich aber im Zusammenhang mit einer Vorzugsaktion ergeben, wenn deren Vorzüge aufgrund rechtlich verbindlicher Vorgaben in der Unternehmenssatzung zwingend zu bedienen sind.
Das DRSC hat im Januar 2023 E-DRÄS 13 veröffentlicht, der Änderungen an DRS 20 Konzernlagebericht sowie DRS 21 Kapitalflussrechnung enthält. Diese umfassen einerseits redaktionelle Anpassungen, sollen andererseits aber auch aufgetretene Anwenderfragen adressieren und Unklarheiten beseitigen. Die Kommentierungsfrist zu dem publizierten Entwurf endet am 28.4.2023.
BFH-Urteil vom 24.8.2022 – II R 14/20
Der BFH hat in seinem Urteil vom 24.8.2022 (II R 14/20) das Vorgehen für die Bewertung eines bebauten Grundstücks für Zwecke der Schenkungsteuer klargestellt. Es wurde erläutert, dass beim Vergleichswertverfahren primär Vergleichspreise aus Gutachterausschüssen heranzuziehen sind. Erst wenn diese fehlen, kann sekundär auf Vergleichspreise aus zeitnahen Kaufpreisen zurückgegriffen werden. Das Sachwertverfahren ist hingegen nur nachrangig zu verwenden.
Auswirkungen auf Verzugszinsen nach § 288 BGB sowie mögliche steuerliche Folgen und handelsrechtliche Berichtspflichten
Die Deutsche Bundesbank hat den Basiszins gemäß § 247 Abs. 1 BGB erstmals seit dem 1.7.2011 erhöht und zum ersten Mal seit dem 1.7.2016 überhaupt angepasst, und zwar um 2,50%-Punkte von -0,88% auf nun 1,62%. Die Steigerung des Basiszinssatzes wirkt sich u.a. auf die Höhe der Verzugszinsen nach § 288 BGB aus und kann ggf. auch bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verzinsung von Gesellschafterdarlehen in steuerlicher Hinsicht sowie vor dem Hintergrund handelsrechtlicher Berichtspflichten zum Tragen kommen.
Europäische Kommission vom 2.12.2022 (COM/2022/684 final)
Nachdem die Europäische Kommission im Dezember 2022 einen „Vorschlag für eine Richtline des Europäischen Parlaments und des Rates zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union“ veröffentlicht hatte, haben nun sowohl das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) als auch die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) Stellung zu dem Entwurf genommen. Da unter den Straftatbeständen Buchführungsdienstleistungen ausdrücklich aufgeführt sind, ist die Thematik auch für selbstständige (Bilanz-)Buchhalter bzw. Buchhalterinnen von Bedeutung.
BAG-Urteile vom 20.12.2022 – 9 AZR 266/20 und 9 AZR 245/19
Der Urlaubsschein ist bekanntlich der schönste aller Scheine (Elmar Wolf und die Neuen Egerländer). Doch lassen Arbeitspensum und persönliche Umstände es nicht immer zu, den Jahresurlaub im entsprechenden Jahr zu nehmen. Für einen solchen Überhang an Urlaubstagen ist eine Urlaubsrückstellung zu bilden. Aber wie hoch genau ist dieser Überhang? Bislang ging die Rechtsprechung von einer automatischen Verfallfrist aus. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat seine Sichtweise hierzu nun aber geändert.
FG Münster, Urteil vom 22.9.2022, 8 K 2748/20 E (Revision zugelassen)
Bei der Anschaffung eines Immobilienobjekts ist die Aufteilung des Gesamtkaufpreises in die Wertanteile für den Grund und Boden sowie das Gebäude ein Zankapfel besonderer Art, mit dem sich erst kürzlich der BFH im Urteil vom 20.9.2022 (IX R 12/21) befasst hat. Die in der Besprechung in BC 2023, 14 f. (Heft 1), gegebene Empfehlung, sich an notariell vereinbarte Kaufvertragsbestimmungen zu halten, setzt selbstverständlich Augenmaß bei der Festlegung solcher Werte voraus. Wer das vermissen lässt, gerät in die Gefahrenzonen des Gestaltungsmissbrauchs.
IDW-Stellungnahme vom 23.12.2022
Mit dem Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz vom 19.10.2022 wurde eine sogenannte Inflationsausgleichsprämie eingeführt, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern nach § 3 Nr. 11c EStG steuer- und sozialabgabenfrei zahlen können. Zum Teil sind Arbeitgeber hierzu verpflichtet, z.B. wegen freiwilliger oder tariflicher Vereinbarungen. Zu der bilanziellen Abbildung von Verpflichtungen zur Zahlung von Inflationsausgleichsprämien hat das IDW am 23.12.2022 Stellung genommen.
Fachlicher Hinweis des Energiefachausschusses (EFA) des IDW vom 19.12.2022
Der Energiefachausschuss (EFA) des IDW hat sich im Zuge des Ukraine-Kriegs und der damit einhergehenden Veränderungen auf den Energiemärkten mit den Auswirkungen auf die Rechnungslegung und Prüfung von Unternehmen befasst und einen Fachlichen Hinweis hierzu herausgegeben.
BFH Urt. v. 26.10.2022 – VI R 48/20
Für die Höhe der anzusetzenden Fahrtkosten für Wege von und zur Arbeit ist es entscheidend, ob es sich um einen Weg zur ersten Tätigkeitstätte handelt. Doch kann eine solche erste Tätigkeitsstätte vorliegen, wenn der Arbeitnehmer laut seinem Arbeitsvertrag an vier verschiedenen Standorten des Arbeitgebers eingesetzt werden kann?
BMF 7.2.2023, IV C 3 – S 2020/22/10007 :003; DOK 2023/0102799
Das neue BMF-Schreiben ersetzt das bisherige vom 11.11.2021 und ist ab dem Zeitpunkt seiner Bekanntgabe im Bundessteuerblatt in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Es konkretisiert verschiedene Einzelfragen in Zusammenhang mit der Interpretation des Forschungszulagengesetzes (FZulG) und dessen Anwendung in der Praxis.
BFH Urt. v. 23.11.2022 – VI R 50/20
Zwangsarbeit und Sklaverei sind in Deutschland glücklicherweise durch Art. 12 GG verboten. Da die Verwaltung bekanntlich langsam arbeitet, scheint sich die Abschaffung der Leibeigenschaft aber noch nicht in allen Finanzamtsstuben herumgesprochen zu haben. So wird denn mitunter davon ausgegangen, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer nahestehende Personen sind und Verträge zwischen ihnen nicht wie unter fremden Dritten üblich geschlossen werden. Glücklicherweise sind hierbei die Finanzrichter etwas aufgeklärter.