Donnerstag, 12.10.2017
BVerfG verhängt wegen Falschangabe in Beschwerdevortrag Missbrauchsgebühr gegen Anwältin

Das Bundesverfassungsgericht hat der Anwältin eines Mannes, der wegen seiner Inhaftierung im Zusammenhang mit den Ausschreitungen beim G-20 Gipfel in Hamburg ohne Erfolg Verfassungsbeschwerde eingelegt hatte, nachträglich eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 600 Euro auferlegt. Denn es habe sich im Nachhinein gezeigt, dass der Tatsachenvortrag der Anwältin in einem wesentlichen Aspekt falsch war und sie der Pflicht zur sorgfältigen Prüfung der Richtigkeit ihres Beschwerdevortrags nicht nachgekommen sei (Beschluss vom 27.09.2017, Az.: 2 BvR 1691/17).

Mehr lesen
EuGH: Strafbefehle müssen in Sprache des Empfängers übersetzt werden
Deutsche Gerichte müssen Strafbefehle gegebenenfalls in die Sprache des Empfängers übersetzen lassen. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union am 12.10.2017 im Fall eines niederländischen Autofahrers entschieden, den das Amtsgericht Düren wegen Unfallflucht zu einer Geldstrafe verurteilt hatte (Az.: C-278/16). Mehr lesen
BGH hebt Verurteilung eines Staatsanwalts wegen Rechtsbeugung teilweise auf

Der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung eines Staatsanwaltes wegen Rechtsbeugung in sechs Fällen hinsichtlich vier der angeklagten Taten aufgehoben, weil die Voraussetzungen des Straftatbestandes nicht hinreichend festgestellt waren. In den verbleibenden zwei Fällen hat er die verhängten Strafen aufgehoben, weil das Landgericht Freiburg bei der Strafrahmenwahl und der Strafzumessung möglicherweise von einem zu großen Schuldumfang des Angeklagten ausgegangen ist (Beschluss 14.09.2017, Az.: 4 StR 274/16).

Mehr lesen
OVG Berlin-Brandenburg: Gedenktafel erinnert an im Dritten Reich aus ihrem Amt vertriebene Richter des Preußischen OVG

Im Gebäude des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg erinnert seit dem 10.10.2017 eine Gedenktafel an die von den Nationalsozialisten 1933/1934 aus ihrem Amt vertriebenen Richter des Preußischen Oberverwaltungsgerichts. Vierzehn Richter wurden damals mit sofortiger Wirkung entlassen, zwangsweise in den Ruhestand versetzt oder degradiert und zwangsversetzt. Damit wurde fast ein Viertel der Richterschaft des Preußischen Oberverwaltungsgerichts aus rassischen oder politischen Gründen aus dem Amt entfernt, wie das Gericht am 11.10.2017 mitteilen ließ.

Mehr lesen
Japan: Gericht stellt Mitschuld von Staat und Betreiber an Fukushima-Katastrophe fest

Ein japanisches Gericht hat eine Mitschuld des Staates und des Betreiberkonzerns Tepco an der Atomkatastrophe in Fukushima festgestellt. Rund 3.800 Bürger hatten vor dem Bezirksgericht von Fukushima die größte von rund 30 laufenden Sammelklagen gegen den Staat und Tepco angestrengt. Sie forderten eine monatliche Entschädigung von 50.000 Yen (380 Euro), bis die Strahlung auf den Stand vor dem Gau in Folge eines Erdbebens und Tsunamis im März 2011 gesunken ist.

Mehr lesen
OLG Hamm: Parteien zeigen Interesse an Vergleich im Arcandor-Prozess

Im Gerichtsstreit zwischen dem Insolvenzverwalter des 2009 pleitegegangen Handelskonzerns Arcandor sowie ehemaligen Vorstandsmitgliedern und zwei Aufsichtsräten deutet sich eine Einigung an. Nach der Vernehmung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Thomas Middelhoff als Zeugen schlug das Oberlandesgericht am 11.10.2017 einen Teilvergleich vor. Überraschend signalisierten sowohl die Anwälte des Insolvenzverwalters als auch die Vertreter der Beklagten daraufhin sogar Interesse an einem Vergleichsvorschlag, um das gesamte Verfahren zu beenden. Den will der Vorsitzende Richter Rüdiger Hütte jetzt noch in diesem Jahr vorlegen.

Mehr lesen
Mittwoch, 11.10.2017
Baden-Württemberg will Vorbereitungsdienst in Teilzeit ermöglichen
Die Landesregierung in Baden-Württemberg will die Vereinbarkeit von Familie und Lehrerberuf verbessern. Künftig sollen Referendare und Lehramtsanwärter, die ein Kind betreuen oder einen Angehörigen pflegen, ihren Vorbereitungsdienst in Teilzeit absolvieren können. Ein entsprechendes Konzept des Kultusministeriums hat die Landesregierung am 10.10.2017 im Ministerrat beschlossen. Auch schwerbehinderte Lehramtsanwärter sollen danach diese Möglichkeit erhalten. Mehr lesen
Nach Rücktritt: Europarat-Versammlung wählt neue Präsidentin
Nach dem überraschenden Rücktritt ihres Präsidenten hat die Parlamentarische Versammlung des Europarats eine Nachfolgerin gewählt. Die Abgeordneten stimmten am 10.10.2017 in Straßburg im dritten Wahlgang mehrheitlich für die Zypriotin Stella Kyriakides. Die 61-Jährige gehört zur christdemokratischen EVP-Fraktion, war aber als unabhängige Kandidatin angetreten – neben dem offiziellen Kandidaten ihrer Fraktion, dem Litauer Emanuelis Zingeris. Mehr lesen
LG Düsseldorf: Mordversuch oder Unfall – Richter rekonstruiert Tatort mit Legoklötzen
Von Amts wegen hat Richter Rainer Drees sogar in die Lego-Kiste gegriffen: Mit den bunten Bauklötzchen bastelte er ein möglichst maßstabsgetreues Modell des Tatorts nach, um den sich in Saal 1.120 des Düsseldorfer Landgerichts am 10.10.2017 alles drehte. Seit Wochen sitzt dort ein 40-jähriger Albaner auf der Anklagebank und seit Monaten in Untersuchungshaft – unter dem Verdacht des versuchten Mordes. Er soll seine rumänische Freundin aus fast sieben Metern Höhe in die Tiefe gestoßen haben – aus einem Fenster im zweiten Stock. Mehr lesen
LG Frankfurt am Main: Ikea muss Elektroaltgeräte zurücknehmen

Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Möbelhauskette Ikea mit Urteil vom 28.09.2017 (Az.: 3-10 O 16/17) verpflichtet, künftig alte Elektrogeräte zurückzunehmen und Verbraucher über die gesetzlichen Rückgabemöglichkeiten zu informieren. Dies teilte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit, die wegen Ikeas Missachtung der Rücknahmepflicht im Elektrogerätegesetz auf Unterlassung geklagt hatte.

Mehr lesen
OVG Berlin-Brandenburg: Besoldung für Beamte der Besoldungsgruppen A 7 bis A 9 in Berlin verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht soll entscheiden, ob das für das Land Berlin maßgebliche Besoldungsrecht mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar ist, soweit es die Besoldungsgruppen A 7 bis A 9 in den Kalenderjahren 2009 bis 2016 betrifft. Mit zwei Beschlüssen vom 11.10.2017 hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die zugrundeliegenden Verfahren ausgesetzt, um eine Entscheidung der Karlsruher Richter einzuholen. In den Berufungsverfahren beanstanden die Kläger, eine Beamtin der Bezirksverwaltung und ein Finanzbeamter, die Höhe der ihnen in diesem Zeitraum gezahlten Beamtenbesoldung. Ihre auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Besoldung gerichtete Klage war vor dem Verwaltungsgericht jeweils erfolglos geblieben (Az.: OVG 4 B 33.12 und OVG 4 B 34.12).
Mehr lesen
SG Berlin: Weiterbildungsassistent darf nicht für Aufrechterhaltung übergroßen Praxisumfangs eingesetzt werden
Die Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten (also eines bereits approbierten Arztes, der zur Erlangung der Facharzt-Anerkennung in einer Facharztpraxis ausgebildet wird) darf vom ausbildenden Arzt nicht zur Vergrößerung seiner Kassenpraxis oder zur Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs genutzt werden. Dies hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 13.09.2017 entschieden. Ein derartiger Missbrauch von Weiterbildungsassistenten als billige Arbeitskräfte berechtige die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zu Honorarkürzungen. Allerdings liege erst ab einem Praxisumfang von 250% über dem Durchschnitt der Fachgruppe ein übergroßer – und damit eine Honorarkürzung rechtfertigender – Praxisumfang vor. Selbst dann müsse die KV aber zusätzlich noch beweisen, dass der überdurchschnittliche Praxisumfang auch tatsächlich auf dem missbräuchlichen Einsatz von Assistenten beruht (Az.: S 83 KA 423/14). Mehr lesen
LG Magdeburg: Missstände im Stall gefilmt – Gericht gibt Tierschützern Recht
Drei Tierschützer, die in einen Schweinestall eingedrungen sind und Missstände gefilmt haben, bleiben nach einer Entscheidung des Landgerichts Magdeburg straffrei. Eine Strafkammer bestätigte am 11.10.2017 ein Urteil des Amtsgerichts Haldensleben mit Freisprüchen von vor einem Jahr. Es verwarf eine Berufung der Staatsanwaltschaft Magdeburg. Der Vorsitzende Richter am LG, Ulf Majstrak, sagte in der Begründung, die Angeklagten hätten das Tierwohl zum Ziel gehabt. Dieses sei in Gefahr gewesen. "Sie haben genau das getan, was nötig war und was als mildestes Mittel zur Verfügung stand", sagte Majstrak. Wenn staatliche Organe ihre Arbeit nicht so machten, wie es sein sollte, sei das Eingreifen der Bürger nötig. Mehr lesen
BVerwG: Rheinbrücke Leverkusen darf neu gebaut werden

Das Bundesverwaltungsgericht hat grünes Licht für den Ausbau der A1 zwischen der Anschlussstelle Köln-Niehl und dem Autobahnkreuz Leverkusen-West einschließlich des Neubaus der Rheinbrücke Leverkusen gegeben. Die Klagen einer Umweltvereinigung und eines privaten Grundstückseigentümers wies es mit Urteilen vom 11.10.2017 ab. Der Planfeststellungsbeschluss sei rechtmäßig, auch soweit für das Vorhaben eine ehemalige Giftmülldeponie ("Altablagerung Dhünnaue") geöffnet werden müsse (Az.: 9 A 14.16 und 9 A 17.16).

Mehr lesen
Trump-Regierung legt Axt an Obamas Klimaplan
Die US-Regierung von Präsident Donald Trump hat begonnen, ein Klimaprogramm seines Vorgängers Barack Obama abzubauen. Der Direktor der Umweltbehörde EPA, Scott Pruitt, legte am 10.10.2017 ein Papier vor, wie der "Clean Power Plan" abgeschafft werden soll, mit dem die Treibhausgasemissionen von Kohlekraftwerken verringert werden sollten. Der Prozess könnte aber möglicherweise Monate dauern. Der Regierung drohen zudem juristische Auseinandersetzungen. Mehr lesen
BFH: Festsetzung der Milchabgabe auch nach März 2015 rechtmäßig
Milcherzeuger bleiben zur Zahlung der Milchabgabe für das letzte Milchwirtschaftsjahr 2014/2015 verpflichtet, wie der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 13.07.2017 entschieden hat. Nach Auffassung der Richter durfte die Überschussabgabe auch noch nach Aufhebung der unionsrechtlichen Milchabgabevorschriften ab dem 31.03.2015 erhoben werden (Az.: VII R 29/16). Mehr lesen
SG Fulda: Nachliquidation bei mathematisch fehlerhafter Bestimmung der Terminsgebühr möglich

VV 3106 RVG; RVG § 14

Der Rechtsanwalt ist nicht gehindert, die rein mathematische Bestimmung der Terminsgebühr VV 3106 RVG zu korrigieren, wenn ihm ein rechnerischer Fehler unterlaufen ist. Dies kann im Wege der Nachliquidation geltend gemacht werden; die materielle Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses bezieht sich nur auf die im Antrag geforderten und im Beschluss beschiedenen Beträge. (Leitsatz der Schriftleitung)

SG Fulda, Beschluss vom 03.07.2017 - S 4 SF 24/17 E, BeckRS 2017, 125283

Mehr lesen
Katalonien: Ursachen für das starke Aufflammen der Unabhängigkeitsbewegung

Das Erstarken der aktuellen Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien speist sich vor allem aus einem Datum: dem 28.06.2010. Damals kippte das Oberste Gericht Spaniens auf Betreiben der konservativen Volkspartei (PP) ein neues Autonomiestatut für die Region, das 2006 unter der Regierung des sozialistischen Ministerpräsidenten Zapatero vom Parlament in Madrid und von den Katalanen selbst in einer Volksbefragung gebilligt worden war. Knapp zwei Wochen später kam es zu einer Massendemonstration in Barcelona, an der mehr als eine Million Menschen teilnahmen.

Mehr lesen
AG Berlin: Erste Kindesadoption durch gleichgeschlechtliches Paar

Jahrzehnte mussten sie darauf warten. Nun hat das erste schwule Ehepaar aus Berlin sein Pflegekind adoptiert. Der zweijährige Junge lebte bereits seit seiner Geburt als Pflegekind bei den beiden Männern und ist nun nach dem Beschluss des Berliner Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 04.10.2017 deren gemeinschaftliches Kind. Das Adoptionsverfahren war bereits 2016 eingeleitet worden (Az.: 166A F 8790/16).

Mehr lesen
BGH hebt Verurteilung zweier Angeklagter wegen Körperverletzung eines Kindes mit Todesfolge auf

Im Zusammenhang mit dem Tod eines Kindes hatte das Landgericht Ulm die Mutter des Getöteten und ihren Lebensgefährten wegen mittäterschaftlicher Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen jeweils zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Auf die Revision der beiden Angeklagten hat jetzt der Erste Strafsenat des Bundesgerichtshofs dieses Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG zurückverwiesen. Nach Auffassung des Senats genügen die bislang getroffenen Feststellungen zu den tatsächlichen Geschehnissen nicht, um beide Angeklagten als Mittäter einer Körperverletzung zulasten des getöteten Kindes anzusehen (Urteil vom 10.10.2017, Az.: 1 StR 496/16).

Mehr lesen