Heft 4/2025

Eine aktuelle Entscheidung des BAG vom 28.1.2025 (1 AZR 33/24, PM NZA aktuell H. 3/2025, S. VI) fordert zum Widerspruch heraus. Das Urteil lehnt Anträge der Gewerkschaft BCE ab, ihr bei dem Unternehmen Adidas in verschiedenen Varianten ein digitales Zugangsrecht einzuräumen, um gewerkschaftliche Rechte, wie zB die Mitgliederwerbung, auszuüben. Grundsätzlich habe zwar die Gewerkschaft nach Art. 9 III GG die Befugnis, betriebliche E-Mail-Adressen der Beschäftigten zu nutzen. Allerdings sei, da der Gesetzgeber nicht tätig geworden sei, die Ausgestaltung der Koalitionsbetätigungsfreiheit mit den Grundrechten des Arbeitgebers aus Art. 12 und 14 GG und denen der Beschäftigten in praktische Konkordanz zu bringen. Soweit sicher richtig.
Dann folgen allerdings Ausführungen, die nur schwer nachvollziehbar sind. Eine „bloße Übermittlung“ der Adressen ermögliche diese Abwägung nicht, ein Argument, das ich nicht einmal „ansatzweise“ verstehe, aber vielleicht hilft die Begründung. Weiter geht die Pressemitteilung davon aus, dass die Weitergabe der Adressen und ihre Verwendung das Unternehmen erheblich in seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit beeinträchtigten und „schon für sich genommen“ sein überwiegendes Schutzbedürfnis begründeten. Wie das, wenn jedes halbwegs organisierte Unternehmen jederzeit eine aktuelle Liste der Adressen hat? Es ist kaum vorstellbar, wie die Überlassung und Nutzung ein Unternehmen auch nur geringfügig wirtschaftlich beeinflussen kann. Im Gegenteil: Hier wird offenbar keine praktische Konkordanz hergestellt, sondern die wirtschaftliche Seite trotz minimaler Kosten verabsolutiert. Unrealistisch ist dann die Anregung, die Gewerkschaft könne ja die einzelnen Arbeitnehmer vor Ort nach ihrer Adresse fragen. Dies erinnert stark an eine frühere, ebenfalls etwas wirklichkeitsferne Entscheidung des BAG (22.6.2010 – 1 AZR 179/09, NZA 2010, 1365), der zufolge ein halbjährliches Zugangsrecht zum Betrieb für die Gewerkschaft ausreichend sein soll. Mit so seltenen Besuchen ist ganz sicher keine strukturierte Wahrnehmung von Rechten, wie zB die Vorbereitung einer erstmaligen Betriebsratswahl, möglich.