Freitag, 11.10.2019
OVG Berlin-Brandenburg: Kita-Beiträge dürfen grund- und gebäudebezogene Betriebskosten berücksichtigen

Die Gemeinden dürfen bei der Kalkulation der Elternbeiträge zur Finanzierung der Kindertagesstätten (Kita) grundstücks- und gebäudebezogene Betriebskosten einbeziehen. Dies hat des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteilen vom 10.10.2019 entschieden und damit mehrere Normenkontrollanträge von Eltern gegen die Kita-Beitragssatzungen der Stadt Schwedt/Oder und der Gemeinde Mühlenbecker Land zurückgewiesen (Az.: 6 A 3.18; 6 A 4.18; 6 A 1.19; 6 A 2.19).

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BVerwG: Aufgabenträger hat Wahl der Ausgleichspflicht bei nicht auskömmlichem Verbundtarif im ÖPNV

Schreibt der Aufgabenträger für die Erbringung von Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr die Anwendung eines für Verkehrsunternehmen nicht auskömmlichen Verbundtarifs vor, hat er die Wahl, die Mindereinnahmen entweder durch die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags oder durch den Erlass einer allgemeinen Vorschrift im Sinn § 8 Abs. 4 Satz 2 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 auszugleichen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 10.10.2019 entschieden (Az.: 10 C 3.19).

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LSG Nordrhein-Westfalen: Kein Rentenanspruch beim Fibromyalgie-Syndrom

SGB VI § 43; SGG §§ 103, 106

1. Ein Fibromyalgie-Syndrom mit großflächiger Schmerzchronifizierung, vegetativer Zusatzsymptomatik und Minderbelastbarkeit des Bewegungs- und Halteapparates indiziert nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, wie er sich aus der Leitlinie für die ärztliche Begutachtung von Menschen mit chronischen Schmerzen (Stand: 2017) ergibt, nicht unbedingt eine teilweise oder volle Erwerbsminderung i.S.d. § 43 SGB VI.

2. Ein zur Begutachtung von Fibromyalgie zu bestellender Sachverständiger sollte „fachübergreifende“ Erfahrungen hinsichtlich der Diagnostik und der Beurteilung dieses Krankheitsbildes haben, unabhängig davon, ob er über eine abgeschlossene Weiterbildung als Internist, Rheumatologe, Orthopäde, Neurologe oder Psychiater verfügt.

3. Nach der Leitlinie für die ärztliche Begutachtung von Menschen mit chronischen Schmerzen ist bei Schmerzerkrankungen neben einer humanmedizinischen Begutachtung eine psychiatrische Begutachtung geboten.

4. Um die für den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung erforderlichen Funktionseinschränkungen einschätzen zu können, bedarf es medizinischen Sachverstandes. Die Zeugeneinvernahme des Ehegatten ist regelmäßig kein dazu geeignetes Beweismittel. (Leitsätze des Verfassers)

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2019 - L 8 R 350/17, BeckRS 2019, 16295

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BVerwG: Sektorale Heilpraktikererlaubnis für ausgebildete Logopäden möglich

Eine ausgebildete Logopädin kann eine Erlaubnis zur eigenverantwortlichen Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz begrenzt auf den Bereich der Logopädie erhalten. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Urteil vom 10.10.2019 klargestellt. Für die Erlaubniserteilung müsse sie sich allerdings einer eingeschränkten Kenntnisüberprüfung unterziehen, entschied das Gericht (Az.: 3 C 8.17).

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Terrorangriff auf Synagoge: Attentäter bekennt sich in Untersuchungshaft zu rechtsextremistischem Motiv

Nach dem Terrorangriff auf eine Synagoge in Halle sitzt der mutmaßliche Todesschütze in Untersuchungshaft. Der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof erließ am 10.10.2019 Haftbefehl gegen den 27-jährigen Deutschen. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm zweifachen Mord und versuchten Mord in mehreren Fällen vor. Nach Einschätzung der Ermittler wollte der mutmaßliche Attentäter ein Massaker anrichten und Nachahmer zu ähnlichen rechtsextremistischen und antisemitischen Taten anstiften. In einer ersten Vernehmung durch den Ermittlungsrichter hat der Schütze die Tat gestanden und auch ein rechtsextremistisches, antisemitisches Motiv bestätigt.

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OVG Koblenz: Zeitsoldat darf wegen Verweigerung des Handschlags gegenüber Frauen entlassen werden

Die Weigerung eines Soldaten auf Zeit, aus religiösen Gründen Frauen die Hand zu geben, rechtfertigt seine Entlassung. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz mit Beschluss vom 08.10.2019 und lehnte damit den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ab (Az.: 10 A 11109/19.OVG).

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OLG Dresden: Zwei Mitglieder der "Oldschool Society" wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an terroristischer Vereinigung verurteilt

Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden hat zwei Mitglieder der rechtsextremen "Oldschool Society" wegen Gründung in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung sowie wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz verurteilt. Das Gericht verhängte am 10.10.2019 gegen den Angeklagten Daniel A. eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten und gegen den Angeklagten Marcel L. eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde (Az.: 4 St 1/17).

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EuGH setzt enge Grenzen für Abschuss von Wölfen

Der Europäische Gerichtshof hat Genehmigungen zum Abschuss von Wölfen enge Grenzen gesetzt. Die Luxemburger Richter beschrieben in einem Urteil am 10.10.2019 strikte Bedingungen für Ausnahmen von dem im EU-Recht verankerten Verbot der absichtlichen Tötung von Wölfen. Unter anderem müssen Behörden ein klares Ziel definieren und wissenschaftlich belegen, dass der Abschuss diesem dient und dass es keine Alternativen gibt (Az.: C-674/17, BeckRS 2019, 23630).

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EU-Kommission startet neue Klage gegen polnische Justizreform

Im Dauerstreit um die Justizreformen in Polen startet die EU-Kommission eine weitere Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Sie richtet sich gegen die neuen Regeln über Disziplinarmaßnahmen gegen Richter, wie die Kommission am 10.10.2019 in Brüssel mitteilte. Das Regelwerk untergrabe die Unabhängigkeit polnischer Richter, der nötige Schutz vor politischer Kontrolle sei nicht gewährleistet.

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Donnerstag, 10.10.2019
OLG Schleswig: Kein sittenwidriger Schädigungsvorsatz bei Verwendung einer Abgasabschalteinrichtung in Form eines Thermofensters

Der Käufer eines Fahrzeugs kann von dem Hersteller keinen Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung mit der Begründung verlangen, das Fahrzeug sei mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet, die die Abgasreinigung in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur verändere ("Thermofenster"). Das hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht mit Urteil vom 18.09.2019 entschieden und die Klage eines Autokäufers abgewiesen (Az.: 12 U 123/18). Revision ist nach Mitteilung des Gerichts eingelegt.

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VG Köln zum Fall Lunapharm: Spahn darf weiter über "mutmaßlich gestohlene" Krebsmedikamente informieren

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) darf im Fall Lunapharm weiter über "mutmaßlich gestohlene" Krebsmedikamente informieren. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss vom 09.10.2019 entschieden und einen Eilantrag des Pharmaunternehmens abgelehnt (Az.: 7 L 1017/19).

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EGMR: Österreich hat Klage eines Holocaust-Überlebenden nicht ausreichend geprüft

Österreichische Gerichte haben dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zufolge den Holocaust-Überlebenden Aba Lewit nicht ausreichend vor diffamierenden Aussagen eines rechtsextremen Magazins geschützt. Österreich müsse Lewit mehr als 12.000 Euro an Schadenersatz zahlen und die Prozesskosten erstatten, teilte der Gerichtshof in Straßburg am 10.10.2019 mit. Demnach hatten die Gerichte in Österreich die Klage des heute 96-Jährigen aus Wien wegen Verleumdung nicht ordnungsgemäß geprüft und damit sein Menschenrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt (Az.: 4782/18).

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OLG München: Flixbus darf Gebühren für Nutzung von Paypal und Sofortüberweisung verlangen

Der Streit um die Rechtmäßigkeit von Gebühren für Paypal-Zahlungen und Sofortüberweisungen wird aller Voraussicht nach erst vom Bundesgerichtshof endgültig entschieden werden. Das Oberlandesgericht München erklärte es am 10.10.2019 zwar für rechtmäßig, wenn Unternehmen im Online-Handel von ihren Endkunden Gebühren für diese beiden Zahlungsarten verlangen. Auf Wunsch der unterlegenen Wettbewerbszentrale ließen die Münchner Richter aber die Revision zu, um eine höchstrichterliche Klärung in Karlsruhe zu ermöglichen. "Dem wollen wir nicht im Weg stehen", sagte der Vorsitzende Richter Andreas Müller. Im konkreten Fall geklagt hat die Wettbewerbszentrale gegen Flixbus.

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BVerfG: Organklage der Linken gegen Anti-IS-Einsatz unzulässig

Das Bundesverfassungsgericht hat den Organstreitantrag der Linksfraktion im Bundestag gegen den Einsatz der Bundeswehr zur Bekämpfung der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) als unzulässig verworfen. Die von der Fraktion behauptete Verletzung von Rechten des Bundestags sei von vornherein ausgeschlossen, so das BVerfG. Die Linken hatten gerügt, dass der Einsatz nicht im Rahmen eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit erfolge (Beschluss vom 17.09.2019, Az.: 2 BvE 2/16).

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FG Düsseldorf: Kein weiterer Anspruch auf AfA in Folgejahren nach erfolgtem unzutreffenden Sofortabzug als Anschaffungskosten

Werden Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut in einem Veranlagungszeitraum in voller Höhe als Werbungskosten steuerlich berücksichtigt, obwohl sie nur im Weg der Absetzung für Abnutzung (AfA) hätten geltend gemacht werden dürfen, scheidet ein Werbungskostenabzug von Abschreibungsbeträgen in Folgejahren aus. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 01.02.2019 entschieden (Az.: 3 K 2466/18 F). Der Bundesfinanzhof hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin die Revision zugelassen. Diese ist unter dem Az. IX R 14/19 anhängig.

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VG Dresden bestätigt Verbot der Kampfsportveranstaltung "Kampf der Nibelungen"

Der Eilantrag des Veranstalters des am 12.10.2019 in der Gemeinde Ostritz geplanten "Kampfs der Nibelungen" bleibt erfolglos. Dies hat das Verwaltungsgericht Dresden mit Beschluss vom 09.10.2019 entschieden. Die Stadt Ostritz hatte die Kampfsportveranstaltung mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 04.10.2019 untersagt. Unter Auswertung von Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz war sie zu der Auffassung gelangt, dass sie entgegen ihren öffentlichkeitswirksamen Darlegungen keinen Sportcharakter habe, sondern in den Dienst der rechtsextremen Kampfertüchtigung gestellt sei und dies der Vorbereitung eines politischen Kampfes diene (Az.: 6 L 788/19).

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BVerwG befragt EuGH zur Anerkennung eines ausländischen EU-Führerscheins trotz Fahrerlaubnisentziehung in Deutschland

Der Gerichtshof der Europäischen Union soll klären, ob eine Verpflichtung zur Anerkennung eines ausländischen EU-Führerscheins besteht, der von einem anderen EU-Mitgliedstaat nach einer Fahrerlaubnisentziehung in Deutschland erneuert wurde. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem EuGH mit Beschluss vom 10.10.2019 eine entsprechende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az.: 3 C 20.17).

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BFH: Zuwendung einer Schweizer Stiftung als Unterstützungsleistung unterliegt nicht Schenkungsteuer

Die satzungskonforme Zuwendung einer ausländischen Stiftung an einen inländischen Empfänger, der keine Rechte an oder Ansprüche auf Vermögen oder Erträge der Stiftung besitzt, unterliegt nicht der Schenkungsteuer. Dies hat der Bundesfinanzhof mit einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 03.07.2019 klargestellt (Az.: II R 6/16).

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BFH: Abzinsung von Verbindlichkeiten im Jahr 2010 noch verfassungsgemäß

Der Bundesfinanzhof sieht die Verpflichtung, unverzinsliche Betriebsschulden mit 5,5% abzuzinsen, für Wirtschaftsjahre bis einschließlich 2010 als verfassungsgemäß. an. Dies geht aus einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 22.05.2019 hervor, mit dem das Gericht einer nachträglich vereinbarten Verzinsung die steuerliche Anerkennung versagt hat (Az.: X R 19/17).

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LG München I: Ernsthaftigkeit des Erlangungsinteresses des Vermieters bei einer Eigenbedarfskündigung

BGB §§ 227, 573 II Nr. 2

1. Von der Ernsthaftigkeit des Erlangungsinteresses muss sich der Richter überzeugen, dagegen kann es sprechen, wenn der Vermieter sich bereit erklärt, die Wohnung zu einer höheren Miete dem Mieter zu belassen.

2. Wenn der Vermieter in einem leeren Appartement in der Dusche einen Wecker mit Vibrationsalarm installiert, der nachts die Bewohner aus dem Schlaf reißt, liegt ein rechtswidriger Angriff nach § 227 Abs. 2 BGB vor, gegen den der Mieter sich durch eine Kappung der Stromzufuhr im Wege der Notwehr (§ 227 Abs. 2 BGB) verteidigen kann.

LG München I, Urteil vom 16.01.2019 - 14 S 11239/18, BeckRS 2019, 15696

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