Prioritäten für Berater und Unternehmen


Eine Prognose der im Jahr 2025 wichtigsten Restrukturierungsthemen wurde am 27.11.2024 vorgelegt. Vorrangig wird empfohlen, in Krisenkonstellationen den Fokus auf das Erkennen von Gestaltungsoptionen zu richten, um zukunftsfähige Geschäftsfelder aufzubauen. Für die kaufmännischen Steuerungsinstrumente ist der Einsatz so zu optimieren, dass das Unternehmen auch bei schwerer See navigationsfähig bleiben kann. Besondere Bedeutung kommt ferner dem Einsatz der Finanzierungsinstrumente zu.
Praxis-Info!
Problemstellung
Im aktuellen Multi-Krisenumfeld ist nicht nur das Controlling besonders gefordert (vgl. dazu zuletzt den Beitrag von Neeb im BC-Newsletter vom 5.12.2024), sondern auch die Gestaltung der Veränderungsbereitschaft. Das verlangt von den mit Fragen der Restrukturierung, Sanierung und Insolvenz befassten Verantwortungsträgern im Unternehmen und deren Beratern ein Höchstmaß an Fokussierung auf die im nächsten Jahr anstehenden Gestaltungsmöglichkeiten. Auf einer Skala von 1 bis 10 schauen wir im Wieselhuber-Expertenkreis, welche Trends mit welcher Gewichtung („Impacts“) zu bewältigen sein werden: Welche Themen stehen in der Restrukturierung und Sanierung im Jahr 2025 ganz oben auf der Agenda und zeigen den prioritären Handlungsbedarf an?
Lösung
Mit einem Impact-Faktor 10 geht es vorrangig darum, eine Krise nicht kleinzureden, sondern richtig zu nutzen und die Sanierung entsprechend zu gestalten. Verschiedene Krisenfaktoren sind nicht kurzfristiger Natur, sondern sie werden bleiben. Das bedeutet: Unternehmen müssen sich langfristig auf ein verändertes Umfeld einstellen. Zwar mögen in Zeiten besserer Konjunktur kurzfristige Optimierungen der Kostenstrukturen und der Finanzierungsarchitektur oftmals zur Existenzsicherung ausreichend gewesen sein. Nun aber müssen in der aktuellen Situation in 2025 zusätzliche strategische Aspekte berücksichtigt werden. Somit geht es bei einer erfolgreichen Sanierung um das Zusammenspiel von strategischer, operativer und finanzieller Restrukturierung. Das bestehende Geschäftsmodell muss neu ausgerichtet werden; auch sollten neue Geschäftsfelder überprüft werden – eine reine Sanierung über „Redimensionierung“ und „Effizienzsteigerung“ springt zu kurz. Deshalb bietet die aktuelle gesamtwirtschaftliche Lage – positiv gesehen – die Chance, ein Unternehmen nicht nur kurzfristig zu retten, sondern langfristig neu und erfolgreich auszurichten.
Kaum weniger wichtig ist der entsprechend angepasste Einsatz kaufmännischer Steuerungsinstrumente: Es geht darum, auch bei schwerer See navigationsfähig zu bleiben. In einer zunehmend komplexen und volatilen (schwankungsanfälligen) Welt gleicht die Rolle eines Chief Financial Officers (CFOs) der eines erfahrenen Kapitäns, der sein Unternehmen sicher sowohl durch unruhige als auch ruhige Gewässer steuert. Die moderne Unternehmensführung verlangt von CFOs mehr als nur Zahlenverständnis – sie müssen die finanzielle Stabilität gewährleisten und gleichzeitig Chancen und Risiken in Echtzeit managen. Dadurch wird der CFO zum strategischen Sparringspartner des Chief Executive Officers (CEOs), klassische Aufgaben im Finanzwesen werden automatisiert. Dafür sind präzise und verlässliche Steuerungsinstrumente erforderlich, die das Unternehmen durch unvorhersehbare Strömungen und Stürme lenken. Um erfolgreich zu navigieren, muss der CFO gleich drei zentrale Instrumente nahtlos miteinander verknüpfen:
- ein leistungsfähiges Projektmanagementoffice (PMO).
Nur durch die enge Verzahnung dieser drei Bereiche kann der CFO sicherstellen, dass das Unternehmen auf Kurs bleibt (Impact-Faktor 9).
Drittens ist zu empfehlen, Unternehmenssanierung und Krisenbewältigung an die Neuerungen in der europäischen Regulatorik anzupassen. Mit dem Impact-Faktor 8 belegen wir die europäische Regulatorik durch EU, Europäische Zentralbank (EZB), Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Capital Requirements Regulation (CRR – Verordnung über Eigenkapitalanforderungen). Damit wird die Restrukturierung und Sanierung von Unternehmen erheblich beeinflusst: Aktuelle Trends zeigen verschärfte Anforderungen an Banken zur Behandlung notleidender Kredite. Hierdurch entstehen neue Herausforderungen für Unternehmen, deren Kredite an Investoren weitergereicht werden. Zudem verlangen erweiterte Transparenzvorgaben und Frühwarnsysteme eine frühzeitige Offenlegung der finanziellen Lage. Die jüngsten regulatorischen Entwicklungen verändern Sanierungsprozesse.
Viertens ist anzuraten, die Finanzierung als entscheidenden Schlüssel zur Sanierung zu gewichten und dabei innovative Ansätze zur Krisenbewältigung zu entwickeln. Die Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen ist in der gegenwärtigen Polykrise zur zentralen Herausforderung für Unternehmen geworden. Ein erschwerter Kapitalzugang und die strengere Kreditvergabe durch Banken fordern den Einsatz innovativer Finanzierungsmodelle und angepasster Kapitalstrukturen, um notwendige Sanierungsprozesse sicherzustellen. Ein effizientes Liquiditätsmanagement und eine belastbare Businessplanung sind essenziell, um das Vertrauen der Kapitalgeber zu stärken und eine solide Finanzierungsbasis zu schaffen (Impact-Faktor 8). Steigende Finanzierungskosten und hoher Zeitdruck verstärken die Notwendigkeit einer zentralisierten Liquiditätsüberwachung in Krisenzeiten. Praxisorientierte Lösungsansätze für eine nachhaltige und resiliente (widerstandsfähige) Finanzierung von Sanierungen sind gefragt.
Praxishinweise: - Der Restrukturierung-Trendradar ist eine im jährlichen Rhythmus erscheinende Analyse von Dr. Wieselhuber & Partner (W&P). W&P versteht sich als unabhängige, branchenübergreifende Top-Management-Beratung für Familienunternehmen sowie für Sparten und Tochtergesellschaften von Konzernen unterschiedlicher Branchen. Das Unternehmen ist u.a. spezialisiert auf die unternehmerischen Gestaltungsfelder Digitale Transformation und Restructuring & Finance.
- Ein weiteres Thema von hoher Relevanz ist die Resilienz in der Lieferkette, um sich gegen externe Schocks zu wappnen. Geopolitische Spannungen, Rohstoffengpässe, Energieunsicherheiten erfordern dies, um unternehmerische Stabilität zu gewährleisten (Impact 7). Bisherige Strukturen, die auf Kostenoptimierung und globale Vernetzung ausgelegt waren, erweisen sich nun als verwundbar. Eine tiefgreifende Neuausrichtung, die über reine Effizienzsteigerungen hinausgeht, ist notwendig. Ansätze wie regionale Diversifizierung bieten alternative Beschaffungsmodelle, die Unternehmen besser gegen extern induzierte (zurückzuführende) Ausfälle wappnen können. Zudem gewinnen digitale Technologien – insbesondere in den Bereichen Echtzeitdaten-Analyse, Risiko- und Bestandsmanagement – enorm an Bedeutung.
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Daniel Emmrich und Matthias Müller sind erfahrene Restrukturierungsexperten und langjährig als Partner bei der Dr. Wieselhuber & Partner (W&P) tätig; Kontakt über meske@wieselhuber.de.
BC 1/2025
BC20250110