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Zweimalige Festsetzung von Grunderwerbsteuer für den Erwerb von Gesellschaftsanteilen beim Auseinanderfallen von sogenanntem Signing und Closing

Christian Thurow

BFH Beschl. v. 9.7.2025 – II B 13/25 (AdV)

 

Die Übertragung eines Geschäftsanteils an einer Kapitalgesellschaft durchläuft zwei separate Rechtsvorgänge: Zuerst erfolgt mit dem Abschluss eines Kaufvertrags das sog. Verpflichtungsgeschäft. Die Abtretung des Anteils stellt dann im zweiten Schritt das Abtretungsgeschäft dar. Zwei separate Rechtsvorgänge – kann da nicht auch gleich zweimal Grunderwerbsteuer erhoben werden?


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11.3.2024 – dem sogenannten Signing – erwarb die Antragstellerin sämtliche Anteile an einer grundbesitzenden GmbH. Das Closing – also die Abtretung der Gesellschaftsanteile – erfolgte nach Kaufpreiszahlung am 29.3.2024. Der Kaufvertrag wurde dem Finanzamt mitgeteilt, die Abtretung dagegen nicht.

Das Finanzamt erließ am 30.5.2024 zwei Grunderwerbsteuerbescheide:

  • einen aufgrund des Wechsels im Gesellschafterbestand am 29.3.2024 und
  • einen wegen der Anteilsvereinigung am 11.3.2024.

    Die Antragstellerin begehrte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) von einem der Bescheide.

 

 

Lösung

Anders als das erstinstanzliche Finanzgericht stimmt der BFH der AdV zu. Aus Sicht der BFH-Richter bestehen ernstliche rechtliche Zweifel daran, dass der Erwerb von Anteilen an einer GmbH, bei dem Signing und Closing zeitlich auseinanderfallen, zweimal Grunderwerbsteuer auslösen kann, wenn dem Finanzamt im Zeitpunkt der Festsetzung der Grunderwerbsteuer bekannt ist, dass das Closing bereits stattgefunden hat. Nach § 16 Abs. 4a und 5 GrEStG ist die Aufhebung der zweimaligen Besteuerung möglich, wenn der Erwerbsvorgang in allen Teilen vollständig angezeigt wurde. Da das Finanzamt im Ausgangsfall die beiden Grunderwerbsteuerbescheide am gleichen Tag erlassen hat, waren zu diesem Zeitpunkt beide Rechtsvorgänge bekannt. Es ist daher zweifelhaft, dass die doppelte Besteuerung mit dem Gesetzeszweck im Einklang steht.

Generell ist auch in der Literatur umstritten, inwieweit ein zeitliches Auseinanderfallen von Signing und Closing hinsichtlich der Grunderwerbsteuerfestsetzung beachtlich ist. Da die Frage höchstrichterlich nicht geklärt ist, ist im Ausgangsfall die AdV zu gewähren.

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 9/2025

BC20250901 

 

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