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Unterschiedliche Zinssätze für Aussetzungs- und Nachzahlungszinsen auch nach dem 31.12.2022

Christian Thurow

FG Köln Beschl. v. 8.4.2025 – 4 V 444/25


Manche Ereignisse teilen die Erfahrungswelt in ein davor und danach. Als Beispiele lassen sich dafür Christi Geburt, die Erfindung des Smartphones oder die COVID-19-Pandemie anführen. Im Steuerrecht stellt insbesondere das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verfassungswidrigkeit der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2014 (letztlich ab 1.1.2019 – bisheriges Recht bis einschließlich 2018 weiter anwendbar) ein solches Ereignis dar. Und somit musste sich nun das Finanzgericht (FG) Köln mit einem anderen Aspekt dieses Themas auseinandersetzen.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Rahmen eines laufenden Steuerverfahrens wurden vom Finanzamt Aussetzungszinsen für den Zeitraum Februar 2023 bis November 2024 in Höhe von 0,5% pro Kalendermonat festgesetzt. Aus Sicht des Steuerpflichtigen war der Aussetzungszinssatz in dieser Höhe nicht verfassungsgemäß. Der Steuerpflichtige beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV), um u.a. die Entscheidung des BVerfG zur Höhe der Aussetzungszinsen abzuwarten.

Das Finanzamt lehnte die AdV mit der Begründung ab, dass sich die Aussetzungszinsen auf einen Zeitraum nach dem 31.12.2022 beziehen. Dieser Zeitraum sei für das laufende Verfahren beim BVerfG nicht streitgegenständlich. Außerdem sei aufgrund des ansteigenden Zinsniveaus nach dem 31.12.2022 nicht mehr von einer Niedrigzinsphase auszugehen.

Aus Sicht des Steuerpflichtigen hatte der BFH in seinem Vorlagebeschluss an das BVerfG aber nicht allein auf die Niedrigzinsphase abgestellt, sondern auch und insbesondere auf die Zinssatzspreizung zwischen den Aussetzungs- und den Nachzahlungszinsen hingewiesen. Diese Zinssatzspreizung lag auch im strittigen Zeitraum vor.

 

 

Lösung

Das FG Köln gibt dem AdV-Antrag statt. Ausführlich legt das Gericht in seiner Begründung dar, dass sich der vom BFH dem BVerfG vorgelegte Beschluss nicht nur auf die Niedrigzinsphase stützt, sondern auch die Zinssatzspreizung zwischen Aussetzungs- und Nachzahlungszinsen kritisch beleuchtet (vgl. auch zuletzt Lentz/Ehrich, BC-Newsletter vom 10.4.2025). Die Ungleichbehandlung von Aussetzungs- und Nachzahlungszinsen ist nach Ansicht des BFH nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Das FG Köln folgt der Begründung des BFH und lässt daher die AdV zu, soweit die Aussetzungszinsen die Höhe der Nachzahlungszinsen (0,15% pro Monat bzw. 1,8% pro Jahr) überschreiten.

 

 

Praxishinweis:

Neben der Aussetzung der Vollziehung kann der Steuerpflichtige auch ein Ruhen des Verfahrens (nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO) bis zur höchstrichterlichen Klärung der Rechtslage beantragen. Hier ist zu prüfen, ob ein solcher Schritt unter Umständen ökonomischer ist. Denn hat der Rechtsbehelf letztendlich keinen Erfolg, ist die ausgesetzte Steuerschuld nicht nur zu begleichen, sondern der geschuldete Betrag für die Dauer der Aussetzung zu verzinsen. Die Zinshöhe würde sich dann unverändert auf 0,5% pro Monat belaufen; dies ergibt einen Jahreszins von 6% (§ 237 AO i.V.m. § 238 Abs. 1 AO).

 


Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 7/2025

BC20250704

 

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