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Verstoß gegen Mitwirkungspflicht im Rahmen der Betriebsprüfung grob fahrlässig?

Christian Thurow

LG Nürnberg-Fürth Beschl. v. 13.3.2025 – 12 Qs 62/24

 

Nicht immer sind Steuerpflichtige fachkundig genug, um die steuerliche Tragweite einzelner Dokumente zu erkennen. Daher kann auch nicht zwangsläufig von grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden, wenn im Rahmen der steuerlichen Betriebsprüfung relevante Unterlagen nicht vorgelegt werden.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung bei einer GmbH stellte der Betriebsprüfer mehrere hohe Zahlungen an den Lebensgefährten der Geschäftsführerin fest. Nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens kam es zu einer Durchsuchung der Geschäftsräume der GmbH. Dabei wurde ein rechtskräftiger Vertrag über eine atypische stille Gesellschaft sichergestellt, der eine tragfähige Rechtsgrundlage für die zweifelhaften Provisionszahlungen bildete. Das Steuerstrafverfahren wurde daraufhin eingestellt.

Eine Entschädigung im Sinne des Strafverfolgungsentschädigungsgesetzes (StrEG) für die Durchsuchung und den Vermögensarrest wurde mit der Begründung abgelehnt, die Geschäftsführerin habe durch die Nichtvorlage des Vertrags ihre Mitwirkungspflichten grob fahrlässig verletzt.

 

 

Lösung

Das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht ist an sich nicht automatisch als grobe Fahrlässigkeit zu qualifizieren. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein einfaches, fahrlässiges Versehen vorliegt. Mit Bezug auf den Ausgangsfall führt das Gericht zwei Punkte an, die einer groben Fahrlässigkeit widersprechen:

  • Die Vorlage des Vertrags wäre für die Beschuldigte vorteilhaft gewesen. Dies deutet darauf hin, dass sie die Bedeutung des Dokuments für die Besteuerung nicht erkannt hat.
  • Die Beschuldigte war nach „Herkunft und Ausbildung ... mit Steuerfragen nicht erkennbar oder auch nur naheliegenderweise bewandert“. Aus der Prüfungsakte ist nicht erkennbar, dass der Prüfer zu den verdächtigen Zahlungen gezielte Fragen gestellt und so der Beschuldigten die Möglichkeit zum Nachdenken über den Sachverhalt ermöglicht hat.

Die Nichtvorlage von entlastendem Beweismaterial bei Nichterkennung des Sachverhalts stellt keine grobe Fahrlässigkeit dar. Insofern kommt es hier nicht zu einem Entschädigungsausschluss.

 

 

Praxishinweis:

Der Fall zeigt einmal mehr die Problematik, dass Unternehmer nicht immer steuerlich bewandert sind. Hier ist durch gezieltes Fragen sicherzustellen, dass alle notwendigen Informationen während der steuerlichen Betriebsprüfung zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt nicht nur für Betriebsprüfer, sondern auch für die buchhalterische Betreuung von Kunden (Mandanten) durch selbstständige Bilanzbuchhalter. Auch angestellte Bilanzbuchhalter, die aufgrund ihrer Qualifikation steuerliche Vorkenntnisse besitzen, sind verpflichtet, im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung die eventuell steuerlich nicht qualifizierte Geschäftsführung (z.B. Ingenieure) fallweise auf deren Mitwirkungspflichten aufmerksam zu machen.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 5/2025

BC20250501

 

 

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