BGH Beschl. v. 19.9.2024 – IX ZB 13/22
Die Beantragung der Insolvenzeröffnung durch einen Gläubiger setzt eine Glaubhaftmachung der bestehenden Forderungen voraus. Umstritten ist, ob bei einem Finanzamt als Gläubiger bereits eine vom Schuldner eingereichte Lohnsteuer-Anmeldung zur Glaubhaftmachung der Steuerschuld ausreichend ist.
Praxis-Info!
Problemstellung
Ein Finanzamt beantragte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin – u.a. aufgrund von offenstehenden Forderungen aus Lohn- und Umsatzsteuer. Das Insolvenzgericht lehnte den Antrag ab, da die Forderungen nicht mittels einer gezeichneten und gesiegelten Vollstreckbarkeitserklärung glaubhaft gemacht worden sind. Die Auflistung der Umsatzsteuer- und Lohnsteuer-(Vor-)Anmeldungen sei nicht ausreichend.
Lösung
Der BGH folgt der Auffassung des Finanzamts. Eine Steueranmeldung steht gemäß § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Eine eigenständige Festsetzung erfolgt hier gemäß § 167 AO nur, wenn diese zu einer von den (Vor-)Anmeldungen abweichenden Steuer führt.
Die Steueranmeldung bildet somit die Grundlage für die Erhebung und Vollstreckung der Steuer. Es bedarf keiner weiteren Glaubhaftmachung, da der Schuldner selbst durch die Steuer-(Vor-)Anmeldung erklärt, die aufgeführten Beträge zu schulden. Somit ist es ausreichend, wenn das Finanzamt im Insolvenzeröffnungsantrag die ausstehenden Steuern im Einzelnen nach Grund, Zeitraum und Betrag beschreibt und mit den einzelnen (Vor-)Anmeldungen untermauert.
Lohnsteuer-Anmeldungen fallen häufig auch in das Aufgabengebiet von selbstständigen Bilanzbuchhaltern. Wie das BGH-Urteil zeigt, können sich aus den (Vor-)Anmeldungen insolvenzrechtliche Konsequenzen ergeben. Im Zweifel sollte der Kunde (Mandant) über die möglichen Folgen informiert werden. |
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)
BC 12/2024
BC20241201