BFH Urt. v. 27.3.2024 – VI R 5/22
Als Betriebsveranstaltungen galten nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung nur solche Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offenstand. Hiervon rückt der BFH nun aufgrund der geänderten Gesetzeslage ab.
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Problemstellung
Die Klägerin richtete eine Weihnachtsfeier für Vorstände und Mitglieder des Konzernführungskreises aus. Den hieraus entstandenen geldwerten Vorteil unterwarf die Klägerin nicht dem Lohnsteuerabzug, sondern machte von der 25%igen Lohnsteuerpauschalierung Gebrauch.
Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung erkannte der Prüfer die Pauschalierung nicht an, da die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung nicht allen Mitarbeitern offenstand.
Lösung
Der BFH widerspricht der Auffassung von Finanzamt und erstinstanzlichem Finanzgericht. Zwar galten nach bisheriger BFH-Rechtsprechung nur Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene, welche allen Mitarbeitern offenstanden, als Betriebsveranstaltungen. Jedoch wurde durch das zum 1.1.2015 in Kraft getretene „Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ vom Gesetzgeber eine Legaldefinition des Begriffs „Betriebsveranstaltung“ in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EStG eingefügt. Nach dem Gesetzeswortlaut liegt nunmehr eine Betriebsveranstaltung vor, wenn eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene stattfindet und einen gesellschaftlichen Charakter hat. Ein Offenstehen der Veranstaltung für alle Beschäftigten ist bei der Beurteilung kein relevantes Kriterium mehr.
Unstreitig handelt es sich im Ausgangsfall bei der Weihnachtsfeier für Führungskräfte um eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter. Somit konnte die Klägerin zu Recht von der Lohnsteuerpauschalierung Gebrauch machen.
- Die Voraussetzung, dass eine Betriebsveranstaltung nur dann vorliegt, wenn diese allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht (z.B. Organisationseinheiten von einiger Bedeutung und Größe), steht ausschließlich in Verbindung mit der Gewährung des Freibetrags in Höhe von 110 € (vgl. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 3 EStG). Die Zuwendungen stellen unter dieser Bedingung dann keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn (kein geldwerter Vorteil) dar, wenn deren Wert (einschließlich Umsatzsteuer!) 110 € pro Veranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigt. Das Offenstehen für alle Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils kann nicht als (ungeschriebenes) einschränkendes Kriterium des Betriebsveranstaltungsbegriffs an sich im Sinne des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EStG herangezogen werden, so der BFH.
- Der Freibetrag gilt allerdings nur für bis zu zwei Veranstaltungen jährlich, und zwar in Höhe von jeweils 110 € je Veranstaltung und teilnehmendem Arbeitnehmer.
- Der geldwerte Vorteil für Zuwendungen an Arbeitnehmer im Rahmen von Betriebsveranstaltungen ist mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen (z.B. Ehegatte, Lebenspartner, Kind) entfallenden Aufwendungen zu bewerten. Zuwendungen an die Begleitung des Arbeitnehmers stellen somit ebenfalls einen geldwerten Vorteil dar (ab dem Freibetrag von 110 €).
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Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)
BC 6/2024
BC20240601