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Dr. Hans-Jürgen Hillmer

BVBC-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vom 22.3.2024

 

Auch in der achten Sitzung des BVBC-Arbeitskreises Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR) lag am 15.4.2024 in Hamburg der Fokus auf den Anforderungen, die sich mit der anstehenden Umsetzung für den Mittelstand ergeben. Der BVBC-AK hat sich dafür ausgesprochen, die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte nicht als Vorbehaltsaufgabe allein den Wirtschaftsprüfern zu überlassen, um anderweitige Kompetenzen einbeziehen zu können.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Nach dem Auftakt am 4.7.2022 fand am 15.4.2024 die achte Sitzung des BVBC-Arbeitskreises Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR) in Hamburg statt (Gastgeber: Hochschule der Bundeswehr). Zentrales Thema war der erst am 22.3.2024 vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) vorgelegte „Referentenentwurf (RefE) eines Gesetzes zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)“ hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (vgl. auch tabellarische Übersicht in BC 2024, 145 ff., Heft 4). Eine zeitgerechte Umsetzung bis zum 6.7.2024 erscheint damit mehr als fraglich.

Die Umsetzung der Richtlinie ins HGB gestaltet sich sehr aufwendig: Der RefE hat allein 181 Seiten, eine Synopse mit den bisherigen gesetzlichen Regelungen 631 Seiten! Da kaum Mitgliedstaatenwahlrechte in der Europäischen Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz: CSRD) vorgesehen sind, gibt es in der Umsetzung eigentlich keine großen Überraschungen. Die CSRD – und folglich auch der RefE – sehen eine etappenweise Einführung der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung vor.

Ein aus BVBC-Sicht besonders wichtiges Wahlrecht betrifft jedoch die Prüfungspflichten: Vorbehaltsaufgabe oder nicht? Der RefE sieht in § 324e HGB keine Öffnung vor; entsprechende Verbandsinitiativen blieben bislang erfolglos (siehe Vorberichte von Hillmer, BC 2023, 453 f., Heft 10, und BC 2023, 255 f., Heft 6). Anlässlich der oben genannten Sitzung wurde nun eine Stellungnahme verabschiedet, die ein Umdenken des deutschen Gesetzgebers zum Ziel hat. Sie ist als Stellungnahme des BVBC und des Wissenschaftlichen Instituts der Bilanzbuchhalter und Controller e.V. (WIB) eingereicht worden.

 

 

Lösung

Der Arbeitskreis Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSR) befasst sich seit seiner Gründung 2022 unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Stefan Müller in diverser Zusammensetzung mit Personen aus Geschäftsführung (Controlling und Rechnungslegung sowie Nachhaltigkeitsmanagement), Beratung, Prüfung und Wissenschaft mit allgemeinen und konkreten Fragen der Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie verwandten Fragestellungen. Es gab bereits diverse Veröffentlichungen über die Sitzungen des Arbeitskreises und abgegebene Stellungnahmen, wie z.B. zu den EU-Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards – ESRS) – siehe hierzu Warnke/Müller/Needham, BC 2023, 374 ff., Heft 8.

Mit dem vorliegenden Referentenentwurf (RefE) des BMJ zum „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.12.2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung“ erfolgt eine grundsätzlich zutreffende Umsetzung der CSRD. Allerdings haben die AK-Mitglieder mehrheitlich eine andere Auffassung zur Nichtausübung des Mitgliedstaatenwahlrechts bezüglich der Öffnung des Kreises von zugelassenen Personen für die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts über Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer hinaus.

Die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte gemäß § 324e HGB-E sollte also nicht als Vorbehaltsaufgabe für Wirtschaftsprüfer (oder gar nur für Abschlussprüfer) gestaltet, sondern weiter geöffnet werden. Der BVBC schließt sich damit Mittelstandsinitiativen an, wonach auch eine hohe Fachexpertise der Auditoren erforderlich ist (vgl. Vorbericht von Hillmer, BC 2023, 453 f., Heft 10). Von der Möglichkeit unterschiedlicher Prüfer würden insbesondere kleine und mittelständische Anbieter von Prüfungsdienstleistungen profitieren. Vorteile wären,

  • Kapazitätsengpässe zu vermeiden,
  • den Prüfungsmarkt zu öffnen und damit eine Marktkonzentration zu verhindern,
  • vorhandene Kompetenzen und Kapazitäten zu nutzen.

Seitens des BVBC wird daher empfohlen, die Akkreditierung als bevorzugtes Mittel zum Nachweis der fachlichen Prüfungskompetenz anzuwenden. Auch in der Literatur (Schüttler, DB 2023, 1237) wird die Gefahr einer weiteren Konzentration auf dem Prüfermarkt gesehen: „Es sollte keine neue Vorbehaltsaufgabe kodifiziert werden. Vielmehr sollte der deutsche Gesetzgeber erlauben, dass auch andere Wirtschaftsprüfer und Prüfungsdienstleister die Nachhaltigkeitsberichterstattung prüfen dürfen.“ Die Unterbindung einer weiteren Konzentration auf dem Prüfermarkt ist ferner ebenso das Ziel der EU-Kommission: Sie hält es für wünschenswert, dass „die Unternehmen auf eine größere Auswahl an unabhängigen Erbringern von Bestätigungsleistungen und andere Wirtschaftsprüfer als dem Abschlussprüfer zurückgreifen können (vgl. CSRD, 14.12.2022, Tz. 61)“.

 

 

Praxishinweise:

  • Den AK-Mitgliedern ist bewusst, dass die Akkreditierungen dem geforderten Qualitätsniveau entsprechen müssen, sodass hier entsprechende Regelungen (neu) zu verankern sind.
  • Weiter bemängelt der AK in seiner Stellungnahme, dass die Begrifflichkeiten in den Übersetzungen der CSRD und ESRS untereinander nicht übereinstimmen sowie darüber hinaus teilweise nicht mit dem RefE. So sprechen die ESRS von Nachhaltigkeitserklärung und nicht von Nachhaltigkeitsbericht.
  • Mit der Einführung des Nachhaltigkeitsberichts als Teil des Lageberichts soll auch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) bezüglich des gesonderten Sorgfaltspflichtenberichts nach § 10 Abs. 2 LkSG geändert werden. Konkret ist vorgesehen, dass der Sorgfaltspflichtenbericht entfallen kann, wenn ein pflichtgemäßer oder freiwilliger Nachhaltigkeitsbericht nach §§ 289b ff. HGB bzw. §§ 315b ff. HGB-E erstellt, geprüft und veröffentlicht wird (§ 10 Abs. 5 und 6 LkSG-E). Dies erscheint sehr sinnvoll, um eine Doppelung der Berichterstattung zu vermeiden. Unglücklich geregelt wird dagegen die Änderung der Fristen. Während der isolierte Sorgfaltspflichtenbericht bereits vier Monate nach dem Schluss des Geschäftsjahres, auf das er sich bezieht, einzureichen und zu veröffentlichen ist, reicht für den um den Nachhaltigkeitsbericht ergänzten Lagebericht ein Jahr – dies sollte auf das eine Jahr bzw. die nach der Kapitalmarktorientierung gestaffelten Pflichten aus § 325 HGB vereinheitlicht werden.
  • § 12 Abs. 4 LkSG-E regelt eine Verschiebung der Fälligkeit der Berichte für Geschäftsjahre, die vor dem 1.1.2024 begonnen haben. Diese sollen einheitlich frühestens zum 31.12.2024 fällig sein. Wie diese Regelung zeitlich noch greifen kann, ist unklar; schließlich wird das Gesetzgebungsverfahren nicht bis zum 30.4.2024 abgeschlossen sein, also der Frist, zu der die ab 2023 verpflichteten Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten in Deutschland und einem kalenderjahrgleichen Geschäftsjahr ihre Berichte erstellt, beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingereicht und veröffentlicht haben müssten.
  • Allerdings hat das BAFA bereits zuvor angekündigt, dass das Vorliegen von Berichten erst ab dem 1.6.2024 überprüft werden würde. Es ist daher denkbar, dass eine weitere Verschiebung der gesetzlichen Pflichten durch Behördenmitteilung vorgenommen werden müsste, was aber wenig gesetzeskonform erscheint. Der AK schlägt vor, einen zeitlichen Gleichlauf mit den Nachhaltigkeitserklärungen herzustellen und ganz auf die 2023er Berichte zum LkSG für die großen kapitalmarktorientierten Unternehmen sowie zusätzlich auch auf die 2024er Berichte für die anderen verpflichteten Kapitalgesellschaften zu verzichten. Dies würde auch die indirekt betroffenen KMU entlasten, relevante Informationen für die Berichterstattung nur nach dem LkSG ermitteln und weiterleiten zu müssen, und insgesamt von Bürokratiepflichten entlasten.

 

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

 

BC 5/2024

BC20240514

 

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