Dr. Hans-Jürgen Hillmer
Besorgnis nicht nur im Forderungsmanagement
Nach der aktuell vom 28.2.2024 stammenden Allianz-Insolvenzstudie erlebten 75% der Länder einen hohen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen. 2024 könnte das dritte aufeinanderfolgende Jahr mit einem nochmal gegenüber 2023 von 7% auf 9% wachsenden Anstieg werden, wodurch zwei von drei Ländern über dem Niveau vor der Pandemie liegen. Insbesondere im Forderungsmanagement, aber auch in der Gesamtplanung sollten solche Ergebnisse verarbeitet werden und ggf. Anpassungen vorgenommen werden.
Praxis-Info!
Problemstellung
Der Warenkreditversicherer Allianz Trade hat am 28.4.2024 den neuesten globalen Insolvenzreport mit aktualisierten Prognosen für 2024 und 2025 veröffentlicht. Demnach nehmen die weltweiten Insolvenzen nach zwei moderaten Jahren 2022 (+1%) und 2023 (+7%) im Jahr 2024 (+9%) wieder an Fahrt auf, bevor sie sich im kommenden Jahr (0%) auf hohem Niveau stabilisieren. Dieser Global-Trend gilt – wenn auch verzögert im Vergleich zu den meisten anderen europäischen Ländern – ebenfalls für Deutschland. So werden im Jahr 2024 laut der „Allianz Trade Insolvenzstudie“ die anhaltende Wirtschaftsschwäche, strukturelle Herausforderungen und engere Finanzierungsbedingungen voraussichtlich noch mehr deutsche Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten bringen. In Deutschland steigen demnach Unternehmensinsolvenzen voraussichtlich um +13% mit erwarteten rund 20.260 Fällen, bevor sich diese Entwicklung 2025 bei knapp unter 20.000 Fällen stabilisiert.
In den meisten Industrieländern liegen die Insolvenzen (bereits) über dem Niveau vor der Pandemie. Starke Anstiege gab es in den USA (+40% im Jahr 2023) und in der Eurozone insgesamt (+14%), wobei die Niederlande (+52%) und Frankreich (+35%) an der Spitze lagen.
Lösung
Es sind vor allem drei Maßnahmenbereiche, die jetzt mehr Aufmerksamkeit erfordern:
- der Fokus auf besonders bedrohte Branchen,
- die Ingangsetzung oder Anpassung von Szenario-Planungen und
- der Aufbau von Finanzreserven.
(1) Milo Bogaerts, CEO Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz, verweist darauf, dass dieser Anstieg insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2023 begonnen habe: „Hier beschleunigte sich die Zahl der Insolvenzen sichtbar (+25% im Vergleich zur 2. Hälfte des Vorjahres), wobei das Gastgewerbe, der Handel, die Baubranche und B2B-Dienstleistungen wesentlich dazu beitrugen.“ Diese Branchen sollten also besonders intensiv in den Blick genommen werden.
(2) Dass nur einen Tag nach der Bekanntgabe der Allianz-Studie anlässlich einer Creditreform-Pressekonferenz am 29.2.2024 mitgeteilt wurde, dass sich die Lage des deutschen Handwerks innerhalb eines Jahres noch mal deutlich verschlechtert habe (die Geschäftslage befindet sich auf dem niedrigsten Niveau seit mehr als einer Dekade; nahezu alle wichtigen Kennzahlen haben sich negativ entwickelt), bestätigt den Ernst der Lage und das Erfordernis, sich aktiv auf die damit verbundenen Konsequenzen vorzubereiten (mehr zur Wirtschaftslage im Handwerk siehe unter https://www.creditreform.de/aktuelles-wissen/pressemeldungen-fachbeitraege). Soweit noch nicht geschehen, sollten insbesondere bei den Verantwortlichen im Finanz- und Risikomanagement die Alarmglocken schellen. Es gilt, die vorstehend skizzierten Entwicklungen in Form von Szenario-Alternativen aufzufangen, damit man auf entsprechend höhere Forderungsausfälle und geringere Absatzmengen eingestellt ist. Befindet man sich aber insoweit bereits in Verzug und unter Zeit- und Handlungsdruck, hilft auch der Blick auf den Beitrag von Fuchsberger/Reiser, die bereits im Oktober 2022 zum Notfallmanagement geraten haben.
(3) Damit es nicht so weit kommt, sollte auch dem Aufbau von Finanzreserven Priorität eingeräumt werden, damit man handlungsfähig bleiben kann, wenn die Forderungsausfälle weiter zunehmen und Umsätze wegbrechen. Mit den kürzlich im BC-Newsletter vom 22.2.2024 beschriebenen erhöhten Anforderungen bei der Kreditantragstellung ist allerdings klargestellt worden, dass dies kein leichter Weg sein wird. Es kommt dabei darauf an, trotz verschärfter Finanzierungsbedingungen aufgrund des anstehenden Epochenwandels in der Kreditrisikobewertung den zuständigen Firmenkundenberater von der weiterbestehenden Bonität zu überzeugen – ohne Fleiß kein Preis bzw. für immer mehr Unternehmen in neuzeitliche Anforderungen übersetzt: ohne ESG-Rating kein Kredit (siehe hierzu den Beitrag zur Konsequenz aus dem anstehenden Epochenwandel).
Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld
BC 3/2024
BC20240324