Gegenstand der Änderungen / Neuerungen | Rechtsgrundlagen/ Geplanter Zeitpunkt des Inkrafttretens |
Abgabenordnung (Anpassungen an das MoPeG) |
Personenvereinigungen im Sinne des Steuerrechts und deren Pflichten Soweit in der AO oder den Steuergesetzen „rechtsfähige Personengesellschaften“ genannt werden, sind neben den BGB-Gesellschaften (im Sinne des § 705 BGB) – unabhängig von einer Eintragung in das Gesellschaftsregister nach § 707 BGB – u.a. Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften etc. gemeint. Daneben existieren auch „nicht rechtsfähige Personenvereinigungen“, wie z.B. Bruchteilsgemeinschaften, Gütergemeinschaften und Erbengemeinschaften. Auch sie sind Personenvereinigungen im Sinne des neuen § 14a AO. Auf nicht rechtsfähige Personengesellschaften (z.B. stille Gesellschaften) sind im Besteuerungsverfahren die für nicht rechtsfähige Personenvereinigungen geltenden Vorschriften (mit Ausnahme von § 267 Abs. 1 S. 1 AO „Vollstreckungsverfahren gegen nicht rechtsfähige Personenvereinigungen“) sinngemäß anzuwenden. Personenvereinigungen und Vermögensmassen sind – seien sie rechtsfähig oder nicht – nicht selbst handlungsfähig. Die in § 34 AO bezeichneten Personen (gesetzliche Vertreter, Geschäftsführer, Vermögensverwalter, Mitglieder, Gesellschafter oder Gemeinschafter) sind zur aktiven oder passiven Vornahme von Verfahrenshandlungen im Besteuerungsverfahren fähig (§ 79 Abs. 1 Nr. 3 AO). Praxishinweise: - Künftig haben die gesetzlichen Vertreter rechtsfähiger Personenvereinigungen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen, nicht mehr deren Geschäftsführer. Die steuerlichen Pflichten von Vermögensmassen haben weiterhin deren Geschäftsführer zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 S. 1 AO). Zudem: Wirtschaftsgüter, die einer rechtsfähigen Personengesellschaft zustehen, werden – ungeachtet der neuen Zivilrechtslage (dort gehören sie zum Vermögen der Personengesellschaft) – den Beteiligten oder Gesellschaftern (wie bisher) anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Rechtsfähige Personengesellschaften gelten für Zwecke der Ertragsbesteuerung als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO).
Ebenfalls soll für Verspätungszuschläge die erklärungspflichtige rechtsfähige Personenvereinigung vorrangig in Anspruch genommen werden (§ 152 Abs. 4 S. 3 AO). Demzufolge ergibt sich damit mit Blick auf die Erklärungspflicht und die an die Verletzung dieser Pflicht anknüpfende Festsetzung von Verspätungszuschlägen eine Gleichbehandlung zwischen Steuern, die die Personenvereinigung selbst schuldet (z.B. Umsatzsteuer und Gewerbesteuer), und den gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünften und damit zusammenhängenden Besteuerungsgrundlagen. Anzuwenden ist dies erstmals auf Feststellungserklärungen, die nach dem 31.12.2023 einzureichen sind (Art. 97 § 39 Abs. 1 EGAO). Gleichermaßen sind alle Verwaltungsakte und Mitteilungen, die mit dem Feststellungsverfahren als solches und mit einem sich möglicherweise anschließenden Verfahren über einen Einspruch zusammenhängen, der rechtsfähigen Personenvereinigung in Vertretung der Feststellungsbeteiligten bekannt zu geben. Der Bestimmung eines gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bedarf es in diesen Fällen nicht mehr (§ 183 Abs. 1 AO). Übergangsweise wird gewährt, in den Jahren 2024 und 2025 im einheitlichen Feststellungsverfahren Verwaltungsakte oder Mitteilungen noch dem Empfangsbevollmächtigten nach § 183 AO in der bisher geltenden Fassung bekanntzugeben, wenn die Grundinformationsdaten noch nicht oder nicht rechtzeitig angepasst worden sind (Art. 97 § 39 Abs. 3 EGAO). Dasselbe gilt bei Einsprüchen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 352 Abs. 1 AO). Für derartige Einspruchsverfahren gilt eine Anwendungs- und Übergangsregelung, die sich an den vorstehenden Art. 97 § 39 Abs. 3 EGAO anlehnt (Art. 97 § 39 Abs. 4 EGAO). - Bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen haben hingegen die Mitglieder, Gesellschafter oder Gemeinschafter die steuerlichen Pflichten zu erfüllen (§ 34 Abs. 2 S. 1 AO). Bei Einsprüchen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist der gemeinsame Einspruchsbevollmächtigte einspruchsbefugt (§ 352 Abs. 2 AO).
| Artikel 23: § 14a Abs. 1 bis 4 AO Inkrafttreten am 1.1.2024 (Art. 36 Abs. 3 des Gesetzes) |
Körperschaften mit Sitz im Ausland Soweit eine Körperschaft mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland nach den Steuergesetzen selbst Steuerschuldner ist (z.B. bei der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer), soll sie – ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Einordnung in Deutschland (sogenannte Sitzstaatstheorie) – selbst Inhaltsadressat von diesbezüglichen Verwaltungsakten sein. | Artikel 23: § 14b Abs. 1 bis 4 AO Inkrafttreten am 1.1.2024 (Art. 36 Abs. 3 des Gesetzes) |
Grunderwerbsteuer |
Beibehaltung des Status Quo in der Grunderwerbsteuer für drei Jahre Durch das am 1.1.2024 in Kraft tretende Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) vom 10.8.2021 wird der Begriff der „Gesamthand“ (Gemeinschaft zur gesamten Hand) im Gesellschaftsrecht aus dem Gesetz entfernt und ersatzlos gestrichen. Wie bei Kapitalgesellschaften erfolgt ab dem 1.1.2024 eine strikte Trennung der Vermögenssphären zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter. Wie schon beim Wachstumschancengesetz (vgl. Schmid, (Voraussichtliche) befristete Beibehaltung des Status Quo in der Grunderwerbsteuer) wurde zur Grunderwerbsteuer als „Überbrückungsregelung“ ein neuer § 24 GrEStG eingefügt: „Rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14a Absatz 2 Nummer 2 der Abgabenordnung) gelten für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen.“ Somit fingieren (wird unterstellt) Personengesellschaften weiterhin für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand. Allerdings gilt dieser § 24 GrEStG nicht nur für das Jahr 2024, sondern darüber hinaus auch für die Veranlagungsjahre 2025 und 2026. | Artikel 29: § 24 GrEStG Inkrafttreten am 1.1.2024 (Art. 36 Abs. 3 des Gesetzes); Aufhebung zum 1.1.2027 (Art. 30 i.V.m. Art. 36 Abs. 5 des Gesetzes) |
Einkommensteuer |
Zinsschranke: Reform ab 1.1.2024 Im Rahmen der Zinsschranke sind bislang (!) Zinsaufwendungen nur bis zur Höhe der Zinserträge voll und darüber hinaus (Zinssaldo: Zinsaufwendungen abzüglich Zinserträge) in Höhe von 30% des steuerlichen EBITDA sofort als Betriebsausgabe abzugsfähig. Liegen die tatsächlichen Zinsaufwendungen des Unternehmens höher als der Abzugsrahmen der Zinsschranke, kann der nicht ausgeschöpfte Teil des Abzugsrahmens in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre vorgetragen werden (EBITDA-Vortrag). Dieser EBITDA-Vortrag erhöht in den folgenden Wirtschaftsjahren die Abzugsmöglichkeit für Zinsaufwendungen. Allerdings entsteht kein EBITDA-Vortrag in den Wirtschaftsjahren, in denen (gemäß § 4h Abs. 2 EStG) die Anwendung der Zinsschranke ausgeschlossen wird (sog. Zinsschranken-Escape). Folglich erhöht sich der EBITDA-Vortrag nicht in den Wirtschaftsjahren, wenn folgende Ausnahmetatbestände erfüllt sind: - Der negative Zinssaldo ist kleiner als 3 Mio. € (bislang Freigrenze) – maximal 2.999.999,99 € (§ 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. a EStG); Folge: sofortiger Abzug als Zinsaufwand möglich.
- Die Zinsschranke greift nur, wenn der Betrieb zu einem Konzern gehört (Stand-alone-Klausel; § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b EStG).
- Die Escape-Klausel findet Anwendung (§ 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c EStG). Hierbei wird die Eigenkapitalquote des Betriebs mit der Eigenkapitalquote des Konzerns verglichen. Ist die Eigenkapitalquote des Betriebs gleich hoch oder höher als die des Konzerns, greift die Zinsschranke nicht. Maßgeblich für den Vergleich ist das Eigenkapital am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtags. Um unvorhersehbare Schwankungen der Eigenkapitalquote aufzufangen und die Inanspruchnahme der Escape-Klausel – insbesondere in einem schwierigen konjunkturellen Umfeld – zu erleichtern, darf die Eigenkapitalquote des Betriebs die des Konzerns um bis zu 2%-Punkte unterschreiten.
Hinweis: EBITDA = earnings before interest, taxes, depreciation and amortization; das bedeutet „Ertrag vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände”. Das steuerliche EBITDA errechnet sich wie folgt: Gewinn vor Steuern + planmäßige Abschreibungen und Zinsaufwendungen ./. Zinserträge. Die künftigen Regelungen (Auszug): - Die um die Zinserträge geminderten Zinsaufwendungen werden nunmehr als Nettozinsaufwendungen definiert (Freigrenze in Höhe von 3 Mio. € wie bisher). Zudem wird klargestellt, dass ein EBITDA-Vortrag nicht in Wirtschaftsjahren entsteht, in denen die Zinsaufwendungen die Zinserträge nicht übersteigen.
- Die Stand-alone-Klausel (Anwendung lediglich bei konzernzugehörigen Betrieben) wird modifiziert (abgewandelt). Künftig kann sie nur noch in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige keiner Person im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG (bei Personengesellschaften in Verbindung mit § 1 Abs. 1 S. 2 AStG) nahesteht und über keine Betriebsstätte außerhalb des Staates verfügt, in dem sich sein Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Sitz oder seine Geschäftsleitung befindet. Bei Betrieben von Personengesellschaften oder Mitunternehmerschaften tritt für Zwecke der Stand-alone-Klausel an die Stelle des Steuerpflichtigen die Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft.
- Der Begriff der Zinsaufwendungen (bisher nur Vergütungen für die Überlassung von Fremdkapital) wird um „wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital” erweitert (z.B. Gebühren für Vermittlungstätigkeit in Verbindung mit der Fremdkapitalbeschaffung und -vergütung).
- Der Begriff der Zinserträge wird erweitert und erfasst nunmehr ausdrücklich auch wirtschaftlich gleichwertige Erträge im Zusammenhang mit Kapitalforderungen.
| Artikel 20: § 4h EStG Inkrafttreten am 1.1.2024 (Art. 36 Abs. 3 des Gesetzes) |
Folgeänderungen im Lohnsteuerabzugsverfahren Über die Vorsorgepauschale (§ 39b Abs. 2 S. 5 EStG)
werden im Lohnsteuerabzugsverfahren verschiedene Vorsorgeaufwendungen
lohnsteuermindernd berücksichtigt. Damit wirkt sich bei Arbeitnehmern ein
möglicher Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 EStG) bereits
unterjährig steuermindernd aus. Bei Arbeitnehmern, die in der inländischen sozialen Pflegeversicherung versichert sind, wird hier auch ein
Teilbetrag für die soziale Pflegeversicherung angesetzt (§ 39b Abs. 2
S. 5 Nr. 3 Buchst. c EStG). Der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung wird in der Lohnsteuerbescheinigung für
jedes zu berücksichtigende Kind – ab dem zweiten Kind bis zum fünften Kind – um jeweils einen Abschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten reduziert. Zurückzuführen ist dies auf eine entsprechende Regelung im Pflegeunterstützungs-
und -entlastungsgesetz (PUEG) vom 19.6.2023. Die Anwendung erfolgt erstmals auf den laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem
31.12.2023 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge,
die nach dem 31.12.2023 zufließen (§ 52 Abs. 1 EStG).
| Artikel 20: § 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. c EStG Inkrafttreten am 1.1.2024 (Art. 36 Abs. 3 des Gesetzes) |
Streichung der Besteuerung der Dezemberhilfe 2022 Insbesondere zur Reduzierung des Vollzugsaufwands in der Finanzverwaltung wird auf die
Besteuerung der Dezemberhilfe verzichtet. Hintergrund: Die
Entlastungen der sogenannten „Dezemberhilfe 2022“ sind für bestimmte Einkommensgruppen
für den Veranlagungszeitraum der Erteilung der konkreten Abrechnung als
sonstige Einkünfte in der Einkommensteuererklärung anzugeben. Automatisierte
Kontrollmitteilungsverfahren waren wegen der dafür erforderlichen umfangreichen
rechtlichen und technischen Vorbereitungen bei den Verpflichteten nicht zeitnah
verfügbar. | Artikel 19: Aufhebung von § 123 bis 126 EStG Inkrafttreten rückwirkend
zum 21.12.2022 (Art. 36 Abs. 2 des Gesetzes) |