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Verfassungswidrigkeit der neuen Grundsteuerregelungen – ein Damoklesschwert für Steuerpflichtige und Gemeinden

Christian Thurow

FG Berlin Beschl. v. 1.9.2023 – 3 V 3080/23 (Beschwerde zugelassen)

 

Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Reform des Grundsteuergesetzes hat zu einem gesetzgeberischen Flickenteppich mit verschiedenen Bewertungsmodellen geführt. Gegen mehrere Bewertungsmodelle hat es bereits Klagen gegeben. In Berlin wurde nun versucht, gegen den Grundlagenbescheid mittels eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) vorzugehen.

 

 


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Grundbesitzwertbescheids, welcher zum 1.1.2022 festgestellt wurde. Als Begründung führt der Antragsteller Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des angewandten Modells zur Berechnung des Grundsteuerwerts an.

 

 

Lösung

Das Finanzgericht (FG) Berlin lehnt die AdV ab, da der Antragsteller nicht ausreichend dargelegt hat, warum seinem Aussetzungsinteresse Vorrang vor den öffentlichen Interessen einzuräumen sei. Des Weiteren sind auch keine Anhaltspunkte für eine unbillige Härte zu erkennen.

 

 

Praxishinweis:

Interessanterweise ermuntert das FG Berlin den Antragsteller in seinem Beschluss geradezu, gegen den Beschluss Beschwerde einzulegen. Der BFH hat nämlich in einem Urteil zu § 8c KStG die Frage aufgeworfen (aber leider nicht beantwortet), ob das öffentliche Interesse Vorrang haben kann, wenn die AdV sich zeitnah gar nicht steuerlich auswirkt. Im Ausgangsfall wird die neue Grundsteuer erst ab dem Kalenderjahr 2025 erhoben. Das öffentliche Interesse – also vor allem das Steueraufkommen – würde durch die AdV daher nicht zeitnah betroffen.

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf das drohende Finanzierungschaos – in vielen Fällen bestehen gewichtige Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Bewertungsmodelle. Die Mühlen des Bundesverfassungsgerichts mahlen gründlich, aber leider langsam. So steht beispielsweise die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur im Jahr 2008 eingeführten Zinsschranke immer noch aus. Ein erfolgreicher AdV-Antrag würde also schlimmstenfalls die Erhebung der Grundsteuer ab dem Jahr 2025 über Jahre hinaus verhindern. Kaum eine Gemeinde dürfte dies finanziell überstehen. Somit muss zwangsläufig dem öffentlichen Interesse Vorrang eingeräumt werden. Sollte allerdings Jahre später die Verfassungswidrigkeit festgestellt werden, droht den Gemeinden aufgrund der dann erforderlichen Rückzahlungen wiederum der finanzielle Kollaps. Eine Unsicherheit, die noch für Jahre über Gemeinden und Steuerpflichtigen schweben wird.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

 

BC 12/2023

BC20231215

 

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