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Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen: Klarstellungen der Finanzverwaltung

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

BMF 17.7.2023, IV C 6 – S 2121/23/10001 :001

 

Für kleine Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) wurde mit dem Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) eine Steuerbefreiung in das EStG aufgenommen, die bereits rückwirkend zum 1.1.2022 in Kraft getreten ist. Zu dieser Steuerbefreiung in § 3 Nr. 72 EStG hatten sich einige Anwendungsfragen ergeben, die eine weitere Stellungnahme der Finanzverwaltung erforderten. Diese hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nun mit Schreiben vom 17.7.2023 vorgelegt.


 

Praxis-Info!

 

Hintergrund

Da neben der ertragsteuerlichen Befreiung auch weitreichende Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer (insbesondere Einführung eines sog. Nullsteuersatzes ab dem 1.1.2023) umgesetzt wurden, hatte sich die Finanzverwaltung bereits Anfang des Jahres mit Schreiben BMF 7.2.2023 (Az.: III C 2 – S 7220/22/10002 :010, siehe Vorbericht) zum umsatzsteuerlichen Nullsteuersatz geäußert. Im Schreiben vom 17.7.2023 geht es nun darum, dass § 3 Nr. 72 EStG Einnahmen aus bestimmten PV-Anlagen für Veranlagungszeiträume ab dem 1.1.2022 von der Einkommensteuer befreit. Dies gilt auch für Anlagen, die bereits vor dem 1.1.2022 angeschafft, hergestellt und in Betrieb genommen wurden.

Größenmäßig wird so abgegrenzt, dass von dieser Steuerbefreiung Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb von PV-Anlagen bis zu einer Gesamtbruttoleistung (laut Marktstammdatenregister) von 30 kW (peak) auf Einfamilienhäusern bzw. 15 kW (peak) je Wohn- und Gewerbeeinheit bei sonstigen Gebäuden (wie z.B. Mehrfamilienhäusern und gemischtgenutzten Häusern) erfasst werden. Bei mehreren Anlagen gilt eine Obergrenze von 100 kW (peak) für alle Anlagen zusammen. Die Steuerbefreiung wird unabhängig von der Verwendung des Stroms gewährt, z.B. auch bei vollständiger Einspeisung in das öffentliche Netz.

Aus den Regelungsbereichen des BMF-Schreibens (sachlicher Anwendungsbereich mit Beispielen für begünstigte und nicht begünstigte PV-Anlagen in Rn. 4 und 5, Umfang der Steuerbefreiung, objekt- und subjektbezogene Prüfung der Höchstgrenzen, Auswirkungen auf § 7g EStG, Betriebsausgabenabzugsverbot, gewerbliche Infektion, Stromverwendung) werden hier einige für die Gewinnermittlung besonders wichtige Aspekte herausgegriffen.

 

 

Für die Gewinnermittlung wichtige BMF-Regelungen

(1) Investitionsabzugsbetrag (IAB): Für den Fall, dass Einnahmen und Entnahmen ausschließlich aus der Stromerzeugung von PV-Anlagen erzielt werden, die nach § 3 Nr. 72 S. 1 EStG begünstigt sind, gilt gemäß Rn. 19 des BMF-Schreibens Folgendes: In nach dem 31.12.2021 endenden Wirtschaftsjahren scheidet die Inanspruchnahme von IAB aus, da ein Gewinn nicht mehr zu ermitteln ist. IAB, die in vor dem 1.1.2022 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen und bis einschließlich zum 31.12.2021 noch nicht gewinnwirksam hinzugerechnet wurden, sind nach § 7g Abs. 3 EStG rückgängig zu machen, wenn in nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigte PV-Anlagen investiert wurde. Folglich ist ggf. in nach dem 31.12.2021 endenden Wirtschaftsjahren die Inanspruchnahme eines IAB nicht mehr möglich. Wenn aber die Anlage Betriebsvermögen eines Betriebs ist, dessen Zweck nicht nur die Erzeugung von Strom aus PV-Anlagen ist, sind die allgemeinen Regelungen zu den IAB nach § 7g EStG (vgl. BMF 15.6.2022, BStBl. I 2022, 945) weiterhin anzuwenden.

(2) Rücklagen: Die Übertragung oder Überführung einer PV-Anlage zu Buchwerten nach § 6 Abs. 3 oder 5 EStG ist zwar nach allgemeinen Grundsätzen möglich. Dies gilt jedoch nicht, wenn sie zwar vor der Übertragung oder Überführung nicht nach § 3 Nr. 72 S. 1 EStG begünstigt war und damit auch ein etwaiger Aufgabe-/Veräußerungsgewinn steuerpflichtig wäre, sie aber nach der Übertragung oder Überführung nach § 3 Nr. 72 S. 1 EStG begünstigt ist (vgl. Rn. 22 des BMF-Schreibens).

(3) Betriebsausgabenabzug: Für alle Aufwendungen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem (ggf. zukünftigen) Betrieb begünstigter PV-Anlagen, aus denen nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfreie Einkünfte erzielt werden, gilt ein Abzugsverbot gemäß § 3c Abs. 1 EStG (Ausnahme bei eigenbetrieblicher Stromnutzung nachfolgend unter (4)).

(4) PV-Anlagen in anderweitigem Betriebsvermögen: Soweit der Strom eingespeist, entnommen oder an Dritte veräußert wird, findet § 3 Nr. 72 EStG auch auf Anlagen Anwendung, die zum Betriebsvermögen eines Betriebs gehören, dessen Zweck nicht ausschließlich der Betrieb begünstigter Anlagen ist. Bei eigenbetrieblicher Stromnutzung ist ein Betriebsausgabenabzug möglich; ansonsten gilt § 3c Abs. 1 EStG (siehe unter (3)) entsprechend. Ferner heißt es in Rn. 25 des BMF-Schreibens, dass die Inanspruchnahme des IAB nicht nach § 3c Abs. 1 EStG zu kürzen ist und dass die Hinzurechnung nach § 7g Abs. 2 S. 1 EStG ggf. nicht steuerfrei ist.

(5) Einheitlicher oder getrennter Betrieb: Wenn der Strom in einem anderen Betrieb des Steuerpflichtigen verbraucht wird, ist gemäß Rn. 26 des BMF-Schreibens „nach dem Gesamtbild der Verhältnisse“ zu prüfen, ob getrennte Betriebe vorliegen oder ob es sich um einen einheitlichen Betrieb handelt.

 

 

Praxishinweise:

  • Ein einheitlicher Betrieb ist dabei nur dann anzunehmen, wenn die beiden Betriebe einander stützen und sich gegenseitig ergänzen (BFH Urt. v. 17.6.2020 – X R 15/18, BStBl. II 2021, 157). Als gewichtiges Indiz hierfür lässt das BMF gelten, wenn der mit der Photovoltaikanlage erzeugte Strom zu mehr als 50% in dem anderen Betrieb verbraucht wird.
  • Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 17.7.2023 gelten für alle Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31.12.2021 erzielt oder getätigt werden (auch in Fällen eines abweichenden Wirtschaftsjahres). Für Anlagen, die bis zum 31.12.2021 in Betrieb genommen wurden, wird die Frist für die Antragstellung auf Anwendung der Vereinfachungsregelung nach dem Schreiben des BMF 9.10.2021 (BStBl. I 2021, 2202, sog. „Liebhabereiantrag“) bis zum 31.12.2023 verlängert. Eine wiederholte Antragstellung ist zulässig. Für nach dem 31.12.2021 angeschaffte Anlagen ist ein solcher Antrag generell nicht mehr möglich.
  • Eine erste Kommentierung des BMF-Schreibens ist von StBin Dr. Katrin Dorn und StB Richard Isinger in DB 2023, 1830, Heft 32 (Owlit-Datenbank, Nr. DB1444684), vorgelegt worden. Die Stellungnahme der Finanzverwaltung ist demnach ausdrücklich zu begrüßen, auch wenn sie nicht nur Erfreuliches für die Steuerpflichtigen bereithält (Rückgängigmachung des IAB, keine Übertragung nach § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG). Positiv zu sehen sei u.a., dass die Höchstgrenze objekt- und subjektbezogen zu prüfen ist und dabei keine Zurechnung der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft erfolgt.


Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

BC 9/2023

BC2023911

 

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