Unternehmen müssen schnell für Umsetzung der komplexen gesetzlichen Anforderungen sorgen.
Nachdem das Gesetzesvorhaben in der Vergangenheit bereits mehrfach gescheitert war, hat das Plenum des Bundestags am 11.5.2023 dem Beschlussvorschlag des Vermittlungsausschusses zugestimmt. Am 12.5.2023 hat der Bundesrat dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) nun seine Zustimmung erteilt.
Praxis-Info!
Entwicklung und Ziel des Gesetzes
Das Gesetz scheiterte zunächst am 10.2.2023, nachdem der Bundesrat seine Zustimmung hierzu in seiner bisherigen Form verweigerte. Daraufhin teilte die Bundesregierung das Gesetz am 14.3.2023 in zwei Entwürfe auf, von denen nur einer als vom Bundesrat zustimmungspflichtig angesehen wurde, was jedoch viele Experten kritisierten. Das HinSchG wurde daher Ende März 2023 kurzfristig an den Vermittlungsausschuss übergeben. Der jetzt getroffene Kompromiss ersetzt die beiden Entwürfe.
Ziel des HinSchG ist es, Hinweisgeber bzw. Whistleblower umfassend zu schützen. In der nun verabschiedeten Fassung beinhaltet das Gesetz folgende Bestimmungen:
- Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitenden müssen sichere interne Hinweisgebersysteme einrichten und betreiben. Kleinere Unternehmen mit einer Belegschaft zwischen 50 und 249 Mitarbeitenden haben bis zum 17.12.2023 Zeit, dies umzusetzen.
- Whistleblower müssen in der Lage sein, Hinweise auf unterschiedliche Weise, etwa mündlich oder schriftlich, abgeben zu können.
- Anonymen Hinweisen soll nachgegangen werden. Eine Pflicht hierzu besteht jedoch ausdrücklich nicht. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zur bisherigen Form des HinSchG, welches eine entsprechende Verpflichtung enthielt.
- Innerhalb von sieben Tagen muss die Meldestelle den Hinweisgeber über den Erhalt der Meldung informieren.
- Innerhalb von drei Monaten muss die Meldestelle den Whistleblower über die getroffenen Maßnahmen aufklären, beispielsweise über eingeleitete interne Compliance-Untersuchungen (zur Einhaltung externer Gesetze und interner Vorschriften) oder die Weiterleitung einer Meldung an eine zuständige Behörde.
- Eine externe Meldestelle wird beim Bundesamt für Justiz eingerichtet. Darüber hinaus können die Bundesländer eigene Meldestellen einrichten. Diese externen Meldestellen stehen den internen Meldestellen gleichwertig gegenüber. Whistleblower können also frei wählen, ob sie einen Hinweis an die interne Meldestelle ihres Unternehmens oder die externe Meldestelle senden möchten.
- Zum Schutz der Whistleblower vor sogenannten Repressalien enthält das Gesetz eine weitreichende Beweislastumkehr: Wenn ein Whistleblower in Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit „benachteiligt“ wird, wird angenommen, dass diese Benachteiligung eine Repressalie ist. Dies muss jedoch durch den Hinweisgeber geltend gemacht werden.
- Die maximale Höhe der für Verstöße gegen das Gesetz angedrohten Bußgelder wird von 100.000 € auf nur noch 50.000 € reduziert.
Auswirkungen für die Praxis
Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitenden, die damit dem Hinweisgeberschutzgesetz unterfallen, müssen sich nun schnellstmöglich mit der neuen Rechtslage auseinandersetzen.
Das Gesetz wird bereits einen Monat nach seiner Verkündung, voraussichtlich Mitte Juni 2023, in Kraft treten. Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitenden haben jedoch eine „Schonfrist“ für die Umsetzung bis zum 17.12.2023. Die Umsetzung des Gesetzes ist komplex und erfordert daher eine rechtzeitige Vorbereitung durch die Betroffenen.
Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitenden müssen unverzüglich handeln, da das Gesetz für sie unmittelbar nach Inkrafttreten gilt.
In Konzernstrukturen sollte überlegt werden, ob eine zentrale Meldestelle für den gesamten Konzern eingerichtet werden kann. Darüber hinaus müssen klare Vorgaben im Unternehmen festgelegt werden, wie mit Meldungen von Hinweisgebern umgegangen wird. Wenn bereits eine Meldestelle und Verfahrensregeln für den Umgang mit Meldungen im Unternehmen existieren, muss überprüft werden, ob diese mit den Bestimmungen des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes übereinstimmen.
In Unternehmen mit Betriebsrat muss mit einer längeren Umsetzung gerechnet werden, da dieser bei Einrichtung der Meldekanäle einzubeziehen ist.
Alle betroffenen Unternehmen müssen sich nun schnellstmöglich mit den Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes auseinandersetzen und prüfen, ob ihre bestehenden Hinweisgebersysteme den Anforderungen des HinSchG gerecht werden. Bereits das nicht rechtzeitige Einrichten der internen Meldestellen kann mit einem Bußgeld geahndet werden.
RA Daniel Lauschke, Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)
BC 6/2023
BC2023616