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Auswirkungen der Inflation auf Pensionsrückstellungen – HGB, StB, IFRS

Prof. Dr. Christian Zwirner

Handelsrechtliche Ergebnisbelastung ohne steuerliche Wirkung – Bewertungsgewinne nach IFRS

 

Das Jahr 2022 war von historisch hohen Inflationsraten geprägt. Die Inflation hat hierbei wesentliche Auswirkungen auf die Bilanzierung von Pensionsrückstellungen, die zu weiteren Belastungen der bilanzierenden Unternehmen führen. Diese Auswirkungen sind unbedingt vorwegzunehmen und im Jahresabschluss 2022 zu berücksichtigen. Steuerlich fallen die Effekte deutlich anders aus. Ebenso nach IFRS.


 

Praxis-Info!

Die Bilanzierung und Bewertung von Pensionsrückstellungen ist nach HGB, dem Steuerrecht und den IFRS zum Teil vollkommen anders geregelt.

Die Abzinsung von Pensionsrückstellungen für steuerliche Zwecke hat nach § 6a Abs. 3 S. 3 EStG mit einem pauschalen Zinssatz von derzeit 6,0% zu erfolgen. Das steigende Zinsniveau des Jahres 2022 lässt daher den steuerlichen Abzinsungssatz vollkommen unberührt.

Im Handelsrecht erfolgt die Abzinsung der Pensionsrückstellungen nach § 253 Abs. 2 S. 1 HGB mit dem durchschnittlichen Zinssatz der letzten zehn Jahre. Demzufolge hat das steigende Zinsniveau im Jahr 2022 das weitere Absinken des Zinssatzes zumindest abgebremst. Dennoch ist der Zinssatz bei einer durchschnittlichen 15-jährigen Restlaufzeit von 1,87% zum 31.12.2021 auf 1,78% zum 31.12.2022 gesunken.

Die Bewertung der Pensionsrückstellungen nach IAS 19 erfolgt zu einem aktuellen Marktzinssatz. Während dieser zum 31.12.2021 regelmäßig zwischen 1,0% und 1,5% lag, pendelt dieser zum 31.12.2022 in einer Bandbreite zwischen 4,0% und 5,0%. Der Anstieg des Zinssatzes beschert den IFRS-Bilanzierern wesentliche versicherungsmathematische Gewinne, die im OCI (Other Comprehensive Income = sonstige Ergebnisrücklage) zu erfassen sind.

Während die Preis- und Kostensteigerungen im Handelsrecht und nach IFRS zu einer erheblichen Erhöhung der Rückstellungen führen, schließt § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst f EStG die Berücksichtigung von Preis- und Kostensteigerungen ausdrücklich aus. Demzufolge werden die handelsrechtlichen Ergebnisse belastet, wohingegen sich aus steuerlicher Sicht ein stark reduzierter Aufwand ergibt.

Unternehmen bilanzieren Pensionsverpflichtungen in der Handelsbilanz nach § 253 Abs. 1 S. 2 HGB mit ihrem Erfüllungsbetrag als Pensionsrückstellungen. Bilanziert werden hierbei sowohl die Verpflichtungen gegenüber den derzeitigen Rentenempfängern sowie Verpflichtungen gegenüber Mitarbeitenden, die erst in Zukunft in Rente gehen werden. Der Bewertung der Pensionsrückstellungen werden unterschiedliche Parameter (Einflussgrößen) zugrunde gelegt, zu denen z.B. die derzeitigen Rentenbezüge, zukünftige Gehalts- oder Rententrends zählen. Diese Parameter werden auch wesentlich von der Inflation geprägt, weshalb gleichermaßen künftige Inflationsraten zu prognostizieren sind.

Die gestiegenen Inflationsraten im Jahr 2022 haben Auswirkungen auf die Ermittlung der Pensionsrückstellungen auf unterschiedlichen Wegen. So führt die gestiegene Inflation im Jahr 2022 zu einer Anpassung der prognostizierten Inflation für zukünftige Jahre, zumindest kurz- bis mittelfristig. In der Folge sind steigende Lohn- und Gehaltstrends in Bezug auf die aktiven Mitarbeiter zu berücksichtigen, was zu erhöhten Pensionsrückstellungen führt.

Hinsichtlich der Pensionäre sind Unternehmen dazu verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen zu prüfen und über eine Anpassung zu entscheiden (§ 16 Abs. 1 BetrAVG). Keine weitere Anpassung ist notwendig, wenn die bereits vorgenommene Anpassung nicht geringer ist als der Verbraucherpreisindex (VPI) für Deutschland oder die Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG). Eine Anpassungsverpflichtung entfällt zudem, wenn das Unternehmen sich verpflichtet hat, eine jährliche Anpassung von mindestens 1,0% vorzunehmen.

Insbesondere die Unternehmen, die keine jährliche Anpassung von 1,0% vornehmen und die im Rahmen der Anpassungsprüfung eine Angleichung vornehmen müssen, werden durch die erheblich erhöhten Leistungen an die Pensionäre belastet, was sich zudem in höheren Pensionsrückstellungen widerspiegelt. Die Anpassung orientiert sich hierbei am Verbraucherpreisindex oder an den Nettolöhnen vergleichbarer Arbeitnehmergruppen im Unternehmen. Des Weiteren kann bei zukünftig höher erwarteten Inflationsraten von höheren Anpassungen in der Zukunft und damit steigenden Rententrends ausgegangen werden. Auch dies hat einen erhöhenden Effekt auf die Pensionsverpflichtungen.

Die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes in den letzten drei Jahren sieht wie folgt aus:

 

Stichtag VPI-Wert (Originalwert)
31.12.2022 120,6
31.12.2021 111,1
31.12.2020 105,5
31.12.2019 105,8

(Quelle: Statistisches Bundesamt – Verbraucherpreisindex insgesamt)

 

Während der Verbraucherpreisindex zum 31.12.2022 bei 120,6 lag, betrug der vergleichbare Wert zum 31.12.2019 105,8. Dies bedeutet eine Anpassung der Pensionen um rund 14,0% zwischen dem 31.12.2019 und dem 31.12.2022, also zum 1.1.2023. Dieser Effekt wird sich angesichts des im Vergleich zu den Vorjahren erhöhten Inflationsniveaus weiter erhöhen, zumal der Verbraucherpreisindex per 31.12.2020 sogar noch unter dem Wert vom 31.12.2019 lag. Insoweit sind in der Zukunft Anpassungen der Pensionen um 20,0% und mehr wahrscheinlich. Diese erhöhten Pensionszahlungen setzen sich dann auch in der Zukunft fort.

Im Ergebnis lässt sich festhalten: Die Inflation führt zu höheren Pensionsverpflichtungen. Dies gilt insbesondere für solche Unternehmen, die eine Anpassung der laufenden Leistungen nach Maßgabe des Verbraucherpreisindexes vorzunehmen haben. Eine kompensatorische (ausgleichende) Wirkung aufgrund eines höheren Zinssatzes zur Abzinsung ist nur marginal gegeben, da sich dieser nach § 253 Abs. 2 S. 1 HGB als Durchschnitt aus den letzten zehn Jahren ergibt. Zudem zeigt sich keine vergleichbare steuerliche Entlastung durch die erhöhten Pensionsrückstellungen, da nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG für die steuerliche Bewertung künftige Gehalts- und Rententrends nicht zu berücksichtigen sind.

Da sich die Erhöhung der Pensionsrückstellungen unmittelbar auf das Ergebnis und auf das Eigenkapital des Unternehmens auswirkt, sind die entsprechenden Effekte unbedingt vorwegzunehmen und für den Jahresabschluss 2022 entsprechend einzuplanen. Auch für das Jahr 2023 müssen die Entwicklungen des Zinsniveaus sowie der Inflation stets im Blick behalten werden, um unerwartete Ergebniseffekte rechtzeitig erkennen zu können.

 

WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

 

BC 4/2023

BC2023401

 

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