CHB_RSW_Logo_mit_Welle_trans
JuS_Logobasis_Linsenreflex
Menü

Nachhaltigkeitsberichterstattung: Begrenzung von Berichtspflichten dringend erforderlich

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Initiativen der EU und der Bundesregierung

 

Die wachsenden Berichtspflichten rufen immer mehr Appelle nach Eingrenzung hervor. Die Praxis ist schlicht überfordert. Wie dramatisch die Lage ist, zeigen Ergebnisse einer aktuellen KfW-Auswertung, wonach lediglich 30% der mittelständischen Unternehmen ihren Stromverbrauch und nur 26% ihren Wasserverbrauch angeben können. Notwendig ist eine gute Balance zwischen höherer Transparenz und der Leistbarkeit des Zusatzaufwands!


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Unter all den schlechten Nachrichten über die düsteren Aussichten hinsichtlich der für 2025 zu erwartenden Wirtschaftsentwicklungen verdienen als kleine Lichtblicke Meldungen Beachtung, wonach es Einschränkungen von Berichtspflichten geben könnte. Eine entsprechende EU-Initiative und ein deutscher Antrag auf Verschiebung könnten insbesondere denjenigen helfen, die ohnehin hoffnungslos überfordert scheinen. Dass das nicht etwa eine Minderheit, sondern sehr viele sind, lässt sich aus einer KfW-Studie ablesen, deren Ergebnisse in dieser Deutlichkeit bzw. in diesem Ausmaß doch sehr zu denken geben.

 

 

Lösung

Vor diesem Hintergrund ist es ein Hoffnungsschimmer, dass der EU-Rat die EU-Kommission dazu angehalten hat, noch im ersten Halbjahr 2025 Vorschläge zur Verringerung der Berichtspflichten vorzulegen (insbesondere solche im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung, vgl. DRSC-Meldung vom 26.11.2024). Es gehe darum, eine „befähigende, auf Vertrauen basierende Denkweise einzunehmen“ und Erleichterungen insbesondere für kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) zu schaffen. Als Ziel wird eine Reduzierung der Pflichten um mindestens 25% vorgegeben. Allerdings sollen die Inhalte der Verordnungen im Kern erhalten bleiben. Es sollen jedoch deutliche bürokratische Entlastungen, insbesondere durch die Überarbeitung von redundanten (sich wiederholenden) und sich überschneidenden Vorschriften, erreicht werden (vgl. auch BC 2025, 23 ff., Heft 1, in einem Beitrag von Warnke/Müller mit dem Titel „CSRD-Umsetzung in Deutschland im Wartestand: Praxisecho“).

Das wird aber kaum reichen, auch wenn es insbesondere die Europäische Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) betrifft, deren Umsetzung in deutsches Recht für 2024 geplant war. Überraschend kam dann hinzu, dass die Bundesregierung mit einem Antrag vom 17.12.2024 gebeten hat, die CSRD-Umsetzung zu verschieben. Der Vorschlag geht dahin, die Nachhaltigkeitsberichtspflicht um zwei Jahre zu verschieben und außerdem die Schwellenwerte für verpflichtete Unternehmen zu erhöhen. Die Rede ist von einer Erhöhung der Umsatz-Grenze bei großen Unternehmen von bisher 50 Mio. € auf 450 Mio. € sowie der Arbeitnehmerzahl (von 500 bzw. 750) auf 1.000 Mitarbeiter. Somit würde für viele Unternehmen die Berichtspflicht entfallen.

Das wäre gut, denn nach KfW-Angaben vom 12.12.2024 können derzeit viel zu wenige Mittelständler die erforderlichen Nachhaltigkeitsdaten bereitstellen. Mit 48% gab weniger als die Hälfte der kleinen und mittleren Unternehmen in einer KfW-Umfrage an, aktuell oder perspektivisch mindestens einen Nachhaltigkeitsindikator mitteilen zu können. Dazu zählen selbst einfach scheinende Informationen wie die eigenen Verbrauchsdaten aus den Bereichen Strom, Energie und Wasser und erst recht emissionsbezogene Daten wie Treibhausgasemissionen und Nachhaltigkeitszertifizierungen. Eine aktuelle Auswertung zeigt, dass lediglich 30% der mittelständischen Unternehmen ihren Stromverbrauch und 26% ihren Wasserverbrauch angeben können (!).

In der Umfrage wurde zudem ein hohes Maß an Unsicherheit unter den Mittelständlern deutlich: 45% von ihnen geben an, nicht einschätzen zu können, wie sich die Relevanz des Themas „Nachhaltigkeit“ in Kreditverhandlungen für sie entwickeln wird. 38% der Unternehmen gehen davon aus, dass das Thema in ihren Gesprächen mit Banken und Sparkassen weiterhin keine oder keine große Rolle spielen wird. Vor allem kleinere Unternehmen messen dem Thema keine große Relevanz bei, während größere Mittelständler das bereits anders einschätzen und auch eher schon Daten bereitstellen können.

 

 

Praxishinweise:

  • Neben den einschnürenden regulatorischen Anforderungen bedeutet das insbesondere auch, dass viele mittelständische Unternehmen in Deutschland noch nicht gut darauf vorbereitet sind, dass Banken und Sparkassen in Kreditverhandlungen künftig stärker nach Nachhaltigkeitsindikatoren fragen könnten. Deshalb zeigte sich Dr. Elisabeth Grewenig, Mittelstandsexpertin bei KfW Research, am 12.12.2024 besorgt darüber, dass offenbar „selbst die Bereitstellung klassischer Verbrauchsinformationen für viele Mittelständler eine Herausforderung ist“. Dass diese Daten in einer Sonderauswertung im Rahmen des KfW-Mittelstandspanels erhoben wurden, in die nicht einige wenige, sondern 9.556 mittelständische Unternehmen aus allen Wirtschaftszweigen einbezogen wurden, gibt zu erhöhter Aufmerksamkeit Anlass: „Wegen bürokratischer Überforderung geschlossen“ – so könnte es an mancher Eingangstür zu lesen sein, insbesondere in Zeiten, in denen die ohnehin schwierigen Wirtschaftsbedingungen das Überleben gefährden.
  • Das gilt umso mehr, als Banken und Sparkassen schon allein aus regulatorischen Gründen, aber auch aus Reputationssicht nach Ansicht der KfW-Ökonomin Grewenig künftig bei der Kreditvergabe stärker auf Nachhaltigkeitsindikatoren achten dürften. Sie verweist auf Vorteile, wenn mittelständische Unternehmen sich stärker mit diesem Thema befassen, und fordert, „zügig Klarheit darüber zu schaffen, welche Offenlegungsanforderungen künftig auf kleine und mittlere Unternehmen zukommen. Bei der Erweiterung regulatorischer Anforderungen gilt es, eine gute Balance zwischen höherer Transparenz und der Leistbarkeit des Zusatzaufwands zu finden und die Spezifika der kleinen und mittleren Unternehmen mitzudenken“.
  • Zu wünschen bleibt für 2025, dass diese Worte und anderweitig auf Entspannung bei ausufernden Berichtspflichten setzende Appelle Gehör finden. Immerhin können Unternehmen, die sich jetzt auf den Weg machen wollen, zunehmend auf Hilfestellungen in Form von Best Practices zugreifen, die die Vorreiter vorleben (Praxisbeispiele vielfältiger Art – vom Unternehmensleitbild über die Wesentlichkeitsmatrix bis hin zu einem Anforderungsprofil eines Beirats mit Nachhaltigkeits-Expertise – finden interessierte Leser in BC 2025, 16 ff., Heft 1, in einem Beitrag des Verfassers, mit dem die schon in 2023 begonnene Serie über „Nachhaltigkeit im Mittelstand“ abgeschlossen wird).
  • Zur von der KfW-Ökonomin Grewenig fokussierten Leistbarkeit des Zusatzaufwands sei hier zum Abschluss noch auf vermutlich hunderttausendfache Erfahrungen im abgelaufenen Jahr verwiesen. Wer wie der Verfasser zuletzt bei der Umstellung auf das neue SV-Meldeportal Arbeitgeber für Mini- und Midijobs einen mehrwöchigen Umstellungsprozess mit Verzögerungen durch postalische Zustellungen für Zugriffsberechtigungen durchlaufen musste, kann die Bedeutung des Zusatzaufwands nur unterstreichen. Denn gerade diese doch vermeintlich simple System-Umstellung hat wieder einmal gezeigt, wie es ohne die Möglichkeit von Datenübertragungen statt einfach auch umständlich geht. Allein für die UV-Meldungen werden drei Nummern aus verschiedenen Datenkreisen benötigt! Dass da ganz nebenbei trotz dieser Übertragungsdefizite auch noch eine neue Gebühr – zeitlich begrenzt, um für Erhöhungen und Anschlussgebühren in noch unbekannter Höhe Raum zu geben – erhoben wurde, soll hier unter 2024 ad acta gelegt werden, um nicht mit Verdruss in das neue Jahr starten zu müssen.

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

BC 1/2025

BC20250125

 

 

Rubriken

Anzeigen

BC Newsletter

beck-online Bilanzrecht PLUS

wiwicareer-vahlen

Teilen

Menü