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Entwicklung der Eigenkapitalquoten und Umsatzrenditen in Krisenzeiten

Prof. Dr. Christian Zwirner und Dr. Julia Busch

Empirische Befunde aus DAX, MDAX, SDAX und TecDax während der Coronavirus-Pandemie und des russischen Angriffskriegs

 

Die vergangenen Jahre sind geprägt von Krisen. Auf die Coronavirus-Pandemie folgte direkt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Unternehmenslandschaft wurde hierdurch stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Unternehmen erhöhen zunehmend ihr Eigenkapital, um sich für diese unsicheren Zeiten vorzubereiten; denn Eigenkapital gilt als Resilienzfaktor. Aufgrund dessen wurde untersucht, ob eine hohe Eigenkapitalquote mit einer hohen Umsatzrentabilität und einem hohen Jahresergebnis in Wechselbeziehung steht (korreliert).


 

Praxis-Info!

Die Geschäftstätigkeit von Unternehmen ist in der jüngeren Vergangenheit von großer Unsicherheit geprägt gewesen. Zunächst brach zum Anfang des Jahres 2020 die Coronavirus-Pandemie aus und brachte die Welt zeitweise zum Stillstand. Die Folgen sind bis heute spürbar und weiterhin eine Belastung für viele Unternehmen. Umso drastischer sind die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, die nahtlos an die Folgen der Coronavirus-Pandemie anschlossen. Insbesondere die aus dem Krieg resultierende Energiekrise, eine hohe Inflation sowie ein steigendes Zinsniveau, aber auch veränderte internationale Handelsbeziehungen, stellen die Unternehmenslandschaft vor sehr große und wohl langfristige Herausforderungen.

Der Bilanzposten des Eigenkapitals rückt in solchen Krisenzeiten verstärkt in den Fokus. Dem Eigenkapital werden unter anderem eine Arbeits- und Kontinuitätsfunktion, eine Haftungs- und Garantiefunktion, eine Verlustausgleichsfunktion, eine Gewinnbeteiligungsfunktion sowie eine Geschäftsführungsfunktion zugeschrieben. Aufgrund dessen wird Unternehmen mit einer hohen Eigenkapitalquote eine gewisse Resilienz (Widerstandsfähigkeit) nachgesagt, da diese ihre aktuellen und künftigen Projekte selbstfinanziert fortführen können und laufende Projekte einer geringeren Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Lage der Fremdkapitalgeber unterliegen.

Durch die Erhebung empirischer Daten des DAX, MDAX, SDAX und TecDAX zeigt sich, inwiefern die Eigenkapitalquote einen Einfluss auf den Unternehmenserfolg bzw. die Umsatzrentabilität und das Jahresergebnis hat. Hierfür wurden die Jahresabschlussdaten der Unternehmen aus den obenstehenden Indizes für die Jahre 2021 und 2022 analysiert. Zusätzlich wurden die Halbjahresberichte 2020 (Corona) und 2022 (Angriffskrieg von Russland) untersucht, um die unterjährige Entwicklung während der besagten Krisen nachverfolgen zu können.

In der von Krisen geprägten jüngeren Vergangenheit haben sich die Eigenkapitalquoten der betrachteten Indizes erhöht. Im Vergleich der Jahre 2021 und 2022 hat sich die durchschnittliche Eigenkapitalquote des DAX von 19,01% im Jahr 2021 auf 19,04% im Jahr 2022, des SDAX von 24,43% im Jahr 2021 auf 27,38% im Jahr 2022, des MDAX von 18,61% im Jahr 2021 auf 29,78% im Jahr 2022 und des TecDAX von 37,91% im Jahr 2021 auf 38,24% im Jahr 2022 erhöht. Durch diese Entwicklung über die gesamte Breite der untersuchten Unternehmen kann bestätigt werden, dass die Unternehmen in Krisenzeiten höhere Eigenkapitalquoten anstreben. Technologieorientierte Unternehmen verfügen im Vergleich zu nicht technologieorientierten Unternehmen zwar durchschnittlich über eine höhere Eigenkapitalquote, aber hieraus lässt sich nicht ohne Weiteres auf eine erhöhte Umsatzrentabilität oder ein hohes Jahresergebnis schließen.

Eine detailliertere Untersuchungsmöglichkeit der Eigenkapitalquoten und ihres möglichen Einflusses auf die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens bietet die Einteilung in Sektoren. Die einzelnen Unternehmen können so anhand ihrer Geschäftstätigkeit systematisiert werden. Auf dieser Basis konnten die Unternehmen in Cluster mit hohen (≥ 40%), mittleren (≥ 20% und < 40%) und niedrigen (< 20%) Eigenkapitalquoten eingeteilt werden. Die Betrachtung der Umsatzrentabilität sowie der Entwicklung des Jahresergebnisses im Vergleich zum Vorjahr für die einzelnen Cluster zeigt, dass für den Betrachtungszeitraum keine Korrelation zwischen hoher Eigenkapitalquote einerseits und hoher Umsatzrentabilität oder hohem Jahresergebnis andererseits vorliegt.

Zwar deutet sich ein solcher Zusammenhang für das Jahr 2021 an, da hier durchweg die Cluster mit höheren Eigenkapitalquoten auch eine höhere Umsatzrentabilität sowie höhere Steigerungen des Jahresergebnisses erzielen konnten. Diese Tendenz wird allerdings durch die Daten zum Jahr 2022 widerlegt. Unternehmen mit mittlerer Eigenkapitalquote erzielten hier die höchste Umsatzrentabilität, während einzig das Cluster der Unternehmen mit niedriger Eigenkapitalquote das Jahresergebnis im Vergleich zum Vorjahr steigern konnte. Diesbezüglich ist zu beachten, dass die Unternehmen des Clusters 3 im Vergleich zu den Unternehmen der übrigen beiden Cluster einer weniger energieintensiven Geschäftstätigkeit nachgehen. Das ist vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine von herausragender Bedeutung, da die Energiepreise infolge der Kriegshandlungen extrem angestiegen sind, was obendrein unmittelbar an die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie anschloss.

Es zeigt sich, dass Unternehmen mit hoher Eigenkapitalquote nicht zwingend eine höhere Umsatzrentabilität oder größere Steigerungen des Jahresergebnisses vorweisen können als Unternehmen mit mittleren oder niedrigen Eigenkapitalquoten.

Ein Sieben-Jahres-Vergleich des kumulierten Eigenkapitals der Unternehmen des DAX, MDAX, SDAX und TecDAX lässt erkennen, dass die Unternehmen ihr Eigenkapital kontinuierlich erhöhen. In den Jahren 2021 und 2022 war der Anstieg besonders groß. Diese Erhöhung des Eigenkapitals in der jüngeren Vergangenheit ist zweifelsohne auf die Coronavirus-Pandemie sowie den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zurückzuführen. Die Unternehmen sehen sich mit einer größeren Unsicherheit konfrontiert und begegnen diesen schwierigen Zeiten mit einem erhöhten Eigenkapital. Korrespondierend verläuft auch die Entwicklung der Eigenkapitalquoten, die nahezu vollständig über den betrachteten Zeitraum ansteigen.

Im Ergebnis lässt sich festhalten: Unternehmen haben in den Zeiten der Coronavirus-Pandemie sowie des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in stärkerem Maße eigenkapitalerhöhende Maßnahmen vorgenommen. So stieg insbesondere in den Jahren 2021 und 2022 das Eigenkapital der Unternehmen von DAX, MDAX, SDAX und TecDAX sprunghaft an. Gleichzeitig reduzierten die Unternehmen ihr Fremdkapital, woraus sich steigende Eigenkapitalquoten ergeben. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Entwicklung im Jahr 2023 fortsetzen wird. Die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sind auch im Jahr 2023 weiterhin groß. Insbesondere die sich hieraus ergebende Energiekrise stellt Unternehmen vor große Herausforderungen, die wohl langfristiger Natur sein werden.

Vgl. ausführlich zur empirischen Untersuchung zur Entwicklung der Eigenkapitalquoten und Umsatzrenditen während der Coronavirus-Pandemie und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine Zwirner/Busch/Stojančević/Schmeer, DB 2023, 2321 ff.

 

WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

WP/StB Dr. Julia Busch, Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München

 

 

BC 1/2024 

BC20240106

 

 

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