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Außenprüfung/Abgabenordnung
   

Aussetzung der Vollziehung auf Verzinsung von Steuerschulden

Dr. Ansas Wittkowski

BMF-Schreiben vom 14.6.2018, IV A 3 – S 0465/18/10005-01; DOK 2018/0482980


Bekanntermaßen werden Steuerschulden nach Ablauf von 15 Monaten nach dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, verzinst. Beispielsweise werden Einkommensteuerschulden des Jahres 2016 ab April 2018 verzinst.

Konkret erfolgt eine Verzinsung der Steuerschulden (unabhängig ob Erstattungen oder Nachzahlungen) nach § 238 Abs. 1 Satz 1 AO mit einem Zinssatz von 0,5% für jeden vollen Kalendermonat des Zinslaufs, mithin 6% pro Jahr.

Die Frage, ob ein Zinssatz von 6% p.a. angemessen ist, wurde in der Vergangenheit mehrmals Finanzgerichten und dem BFH vorgelegt: Nun ergab sich aus dem Beschluss des IX. Senats des BFH vom 25.4.2018 ( IX B 21/18), dass das Gericht die Verzinsung für zu hoch und als verfassungsmäßig zweifelhaft ansieht.



Nach Auffassung des BFH sieht sich die gesetzliche Verzinsung von Steuerschulden mit 6% schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifeln konfrontiert.

 

Für kleine Unternehmen und Selbstständige dürfte die zinsfreie Karenzzeit von 15 Monaten in der Regel ausreichend sein. Mittleren und großen Unternehmen droht durch den hohen Zinssatz allerdings oftmals eine Belastung. Denn bei ihnen gehen die steuerlichen Betriebsprüfungen teils weit zurück. So bilden sich über die Jahre enorme Nachzahlungszinsen auf mögliche Steuernachforderungen. Die Unternehmen können auf Prüfungsdauer und Bescheidung allerdings keinen Einfluss nehmen. Das führt dazu, dass das Zinsrisiko auf die Unternehmen abgewälzt wird.

Der BFH hat in seinem Beschluss vom 25.4.2018 die Aussetzung der Vollziehung der Nachzahlungszinsen für ein Unternehmerehepaar gewährt. Dieses sah sich mit Zinsforderungen von 240.000 € konfrontiert. Aus Sicht des BFH führe die „realitätsferne Bemessung des Zinssatzes“ zu verfassungsrechtlichen Zweifeln. Zweifelhaft sei es, ob die betroffene Vorschrift des § 233a AO noch dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes und dem Übermaßverbot entspreche.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat jetzt unerwartet schnell auf den Beschluss des BFH reagiert. In seinem oben genannten Schreiben vom 14.6.2018 erläutert das BMF, wie Finanzämter mit dem Beschluss umgehen sollen. Dabei differenziert das BMF zwischen

  • Zinsen, die ab April 2015 entstanden sind, und
  • Zinsen aus Zeiträumen vor dem April 2015.

 

Die Finanzverwaltung ermöglicht Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der Verzinsung von Steuerschulden für Verzinsungszeiträume ab April 2015.

 

 

Die Finanzämter werden durch das Schreiben des BMF angewiesen, Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, wenn die Zinsen ab April 2015 entstanden sind. Damit trifft der Beschluss des BFH Zinsfestsetzungen für die Steuern 2013 bis 2015. Dies gilt unabhängig von der Steuerart und dem Besteuerungszeitraum. Die Anweisung beschränkt sich darüber hinaus auch nicht auf Nachzahlungszinsen. Sie gilt vielmehr für jeden Zinsbescheid, in dem der Zinssatz nach § 238 AO zugrunde gelegt wurde, d.h.

  • Stundungszinsen (§ 234 AO),
  • Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) und
  • Aussetzungszinsen (§ 237 AO).

Voraussetzung ist aber, dass der Steuerpflichtige gegen den Zinsbescheid Einspruch eingelegt hat. Weiterhin muss er Aussetzung der Vollziehung beantragen. Nur wenn beide Bedingungen erfüllt sind, setzt das Finanzamt den Zinsbescheid aus.

Für Zinsen vor April 2015 findet das Schreiben jedoch keine Anwendung. Ausnahme: Die Vollziehung hätte für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge, wobei im Einzelfall ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers zu bejahen ist.

 

Dr. Ansas Wittkowski, Steuerberater, LW TAX Lemaitre Wittkowski GmbH, München (E-Mail: ansas.wittkowski@lwtax.de, Internet: www.lwtax.de)

 

 

BC 7/2018

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