Beschluss des Bundesrates vom 19.12.2008 (BR-Drs. 897/08)
Der Bundesrat hat am 19.12.2008 dem „Gesetz zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Steuerverfahrens (Steuerbürokratieabbaugesetz – SteuBAG)“ zugestimmt. Wichtige Maßnahmen sind:
Weitere Ersetzung papierbasierter Verfahrensabläufe durch elektronische Kommunikation
- Standardisierte und elektronische Übermittlung der Inhalte der Bilanzen (Eröffnungsbilanzen, Handelsbilanzen inklusive Überleitungsbilanzen oder Steuerbilanzen) sowie der Gewinn- und Verlustrechnungen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2010 beginnen (§ 5b Abs. 1 EStG-E):
- Der Mindestumfang der elektronisch zu übermittelnden Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung wird durch Rechtsverordnung festgelegt (§ 51 Abs. 4 Nr. 1b EStG-E);
- Ausnahmeregelungen sollen für „unbillige Härten“ gelten; dies ist u.a. gegeben bei fehlenden technischen Voraussetzungen, die sich nur mit erheblichem finanziellen Aufwand beschaffen lassen, oder wenn diese dem Steuerpflichtigen (z.B. wegen mangelnder Kenntnisse über und Fähigkeiten für die elektronische Datenübermittlung) nicht zugemutet werden können: Hierzu muss der Steuerpflichtige einen Antrag auf Anwendung der Härtefallregelung stellen;
- verbunden mit dieser elektronischen Übermittlung ist eine Standardisierung der Steuerbilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung (§ 51 Abs. 4 Nr. 1b EStG-E).
Praxishinweise: - In der Praxis ermitteln insbesondere Klein- und mittelständische Unternehmen die steuerlichen Wertansätze aus der Handelsbilanz mit einer Überleitungsrechnung (sog. Einheitsbilanz); auch diese ist elektronisch zu übertragen. Eine Abschaffung der Überleitungsrechnung – und damit eine generelle Pflicht zur Aufstellung einer Steuerbilanz als „zweiter Bilanz“ – ist demnach nicht vorgesehen, was andernfalls dem Ziel des Bürokratieabbaus widersprochen hätte.
- Die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für das Projekt „E-Bilanz“ sind sehr umfangreich, weshalb eine zeitliche Verschiebung möglich ist (bislang ab 1.1.2009 geplant). Das BMF wird deshalb ermächtigt, den Starttermin erforderlichenfalls zu verschieben.
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- Standardmäßige elektronische Übermittlung von Steuererklärungen der Unternehmen (bei Gewinneinkünften) ab dem Veranlagungszeitraum 2011 (§ 31 Abs. 1a KStG-E, § 14a GewStG-E, § 181 Abs. 2a AO-E und § 25 Abs. 4 EStG-E). Neben Einkommensteuererklärungen sind hiervon u.a. Körperschaftsteuererklärungen (auch die Erklärung zur Feststellung des steuerlichen Einlagekontos), die Erklärung zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags sowie die Zerlegungserklärung betroffen. Dies wird dann auch für Einnahmen-Überschussrechnungen verpflichtend. Bei Einkommensteuererklärungen gilt dies nicht, wenn ein Veranlagungsgrund nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 bis 8 EStG vorliegt (z.B. wenn ein Steuerpflichtiger nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn bezogen hat) und im Rahmen dessen (nur geringe) Gewinneinkünfte erklärt werden. Zur Vermeidung „unbilliger Härten“ kann die Finanzbehörde auf die elektronische Übermittlung verzichten.
- Abschaffung der Pflicht zur Vorlage von Zuwendungsbestätigungen (wie z.B. Spenden) in Papierform durch die Zuwendenden (Spender); damit verbunden ist die Abschaffung der Pflicht zur Erstellung von Zuwendungsbestätigungen in Papierform durch den Zuwendungsempfänger (z.B. gemeinnützige Vereine; § 50 Abs. 1 EStDV-E). Der Spender kann ab 2009 den Zuwendungsempfänger bevollmächtigen, die Zuwendungsbestätigung an das Finanzamt (nicht an das BZSt) elektronisch zu übermitteln (unter Angabe der zugeteilten Identifikationsnummer). Die Übermittlung muss dann bis zum 28.2. des Folgejahrs erfolgt sein, damit eine zeitnahe Bearbeitung der Steuererklärungen gewährleistet werden kann.
- Die Verpflichtung, anlässlich der Aufnahme der beruflichen und gewerblichen Tätigkeit Auskunft über steuerrelevante rechtliche und tatsächliche Verhältnisse (beim Finanzamt) zu geben, soll künftig auf elektronischem Wege erfüllt werden (§ 138 AO-E). Hierzu ist eine Rechtsverordnung zu erlassen.
Die Datensätze sind mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen; ersatzweise kann ein anderes sicheres Verfahren eingesetzt werden. Näheres zur Erleichterung und Vereinfachung des automatisierten Verfahrens wird eine Rechtsverordnung regeln (§ 150 Abs. 7 AO-E).
Für Veranlagungszeiträume ab 2005 kann das Finanzamt die (gemäß § 39e Abs. 2 Satz 1 EStG) beim Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Daten im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Lohnsteuerabzugsmerkmale für den automatisierten Abruf durch den Arbeitgeber zur Prüfung und Durchführung des Besteuerungsverfahrens nutzen (§ 39e Abs. 11 EStG-E).
Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens
- Anhebung der Schwellenwerte für monatliche Lohnsteuer-Anmeldungen von 3.000 € auf 4.000 € und für vierteljährliche von 800 € auf 1.000 € ab 2009 (§ 41a Abs. 2 Satz 2 EStG-E).
- Möglichkeit, Außenprüfungen von Finanzverwaltung und Rentenversicherungsträgern auf Verlangen des Arbeitgebers (beim Betriebsstättenfinanzamt) zeitgleich durchzuführen (§ 42f Abs. 4 EStG-E). Es handelt sich um eine Ermessensvorschrift, auf die kein Rechtsanspruch des Arbeitgebers besteht. Laut der Gesetzesbegründung ist der Zeitpunkt, ab dem Außenprüfungen erstmals gemeinsam durchgeführt werden können, in einem BMF-Schreiben bekannt zu geben („Startschreiben“).
- Beträgt das festgesetzte Körperschaftsteuerguthaben nicht mehr als 1.000 € (Bagatellgrenze), wird dieses in einer Summe (frühestens am 30.9.2008) statt ratierlich über einen 10-jährigen Zeitraum ausgezahlt. Ergibt sich aus einer Änderung der Festsetzung des Guthabens ein weiterer Auszahlungsanspruch von nicht mehr als 1.000 € wird auch dieser Betrag in einer Summe ausgezahlt (§ 37 Abs. 5 Satz 6 und Abs. 6 Satz 2 KStG-E).
- Einführung von Erleichterungen bei der Rechnungsstellung ab 2009 und Reduzierung der damit verbundenen umsatzsteuerlichen Informationspflichten der Unternehmer (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG-E): Betroffen hiervon sind lediglich steuerfreie Umsätze (gemäß § 4 Nr. 8 bis 28 UStG), für die in der Regel kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht (z.B. Umsätze aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken).
- Eine zusammenfassende Rechnung (Sammelrechnung) bei Übermittlung der Rechnungen über elektronischen Datenaustausch (EDI) muss ab 2009 nicht mehr erteilt werden (§ 14 Abs. 3 Nr. 2 UStG-E).
- Anhebung der Schwellenwerte für monatlich abzugebende Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 6.136 € auf 7.500 € und für vierteljährliche Meldungen von 512 € auf 1.000 € (§ 18 Abs. 2 Satz 2 f. und Abs. 2a Satz 1 UStG-E). Beträgt der Vorsteuer-Überschuss im Vorjahr mehr als 6.136 €, kann der Unternehmer statt des Kalendervierteljahres den Monat als Voranmeldungszeitraum wählen. Auch diese Betragsgrenze wird auf 7.500 € erhöht.
Daneben enthält der Entwurf eine Erweiterung der Vorläufigkeitsregelung ab 2009 (vorläufige Steuerfestsetzungen): Dies betrifft vor dem BFH anhängige einfachgesetzliche Streitfragen (anhängige Musterverfahren, § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AO-E).
In diesen Fällen werden bislang häufig Einsprüche eingelegt, damit der Steuerbescheid hinsichtlich der streitigen Rechtsfragen offen bleibt und der Steuerpflichtige von einer späteren, für ihn günstigen Rechtsprechung profitieren kann. Diese Einsprüche wären dann künftig nicht mehr notwendig. Die Ungewissheit endet in diesen Fällen, wenn eine Veröffentlichung des entsprechenden Urteils beim Bundessteuerblatt zwecks allgemeiner Anwendung oder eine Allgemeinverfügung (gemäß § 367 Abs. 2b AO) ergeht.
Praxishinweise: Die vorläufige Steuerfestsetzung bei anhängigen „einfachgesetzlichen“ Regelungen bezieht der Gesetzgeber lediglich auf die BFH-Rechtsprechung. Doch auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) sowie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entscheiden zuweilen über einfachrechtliche steuerliche Fragestellungen. Jüngster Fall ist beispielsweise die Entscheidung des BVerfG, nach der die Beschränkung der Entfernungspauschale verfassungswidrig ist (vgl. u.a. BC 2/2008, S. VI, hier, sowie BC 12/2008, hier). |
BC 8/2008, BC 12/2008
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