Halbzeitzeugnis: DAV gibt Ampel eine "2 minus"

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) erteilt der Koalition zum "Bergfest“ ein überwiegend gutes Zeugnis – wenn auch mit einigen Abstrichen. Für die Anwaltschaft sei es gut, bei großen berufsrechtlichen Veränderungen mit im Boot zu sitzen, betonte der DAV in seinem Statement.

"Die Regierung hat sich mit dem Koalitionsvertrag ein umfangreiches und im Großen und Ganzen begrüßenswertes Arbeitsprogramm auferlegt", meint DAV-Hauptgeschäftsführerin Sylvia Ruge. Sie begrüßt, dass die Anwaltschaft bei großen berufsrechtlichen Veränderungen – wie in Bezug auf Änderungen beim Fremdbesitzverbot – mit ins Boot genommen werde. Mit Sorge blicke man aber auf die Wahrung des anwaltlichen Berufsgeheimnisses.

Dies gelte insbesondere für die Bereiche der Geldwäsche und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuergestaltung. Im Rahmen der Geldwäsche kritisiert der DAV die umfassenden Melde- und Informationspflichten und den damit verbundenen Generalverdacht gegen die Anwaltschaft. "Die Anwaltschaft ist kein Teil organisierter Kriminalität", betonte der Vorsitzende des Berufsrechtsausschusses des DAV, Thomas Gasteyer.

Im Übrigen brauche es ein Follow-up zur Großen BRAO-Reform. Gut sei, dass das BMJ das Problem der Doppelzulassung in den Rechtsanwalts- und Steuerberaterkammern bei gemeinsamen Berufsausübungsgesellschaften bereits erkannt habe und angehen wolle, so Gasteyer. Verbesserungswürdig erscheine die Situation ausländischer, politisch Verfolgter Rechtsanwälte, die sich in Deutschland niederlassen wollen. Eine Zulassung in Deutschland setze derzeit die Kammerzugehörigkeit im Herkunftsland voraus. Es bräuchte aber eine Lösung, wenn Betroffenen die Zulassung aus politisch motivierten Gründen entzogen worden sei.

Einige positive Ansätze - beim Migrati­onsrecht meist im Abwehrmodus

Der DAV erachtet es ferner als positiv, dass sich das Bundesjustizministerium mit der Entschlackung des Strafgesetzbuches befasse und bislang aus Sicht der Anwaltschaft keine überzogenen Strafverschärfungen stattgefunden hätten. Begrüßenswert sei auch, dass die vom DAV geforderte Dokumentation der Hauptverhandlung – wenn auch in abgespeckter Form ohne verpflichtende Videoaufzeichnung und mit deutlich längerer Vorlaufzeit bis zur Umsetzung - fast beschlossene Sache sei.

Der DAV hält es zudem für gut, dass sich der Gesetzgeber bemüht zeige, familienrechtliche Themen anzugehen. So sei man eine Reform des Namensrechts angegangen und befinde sich auf dem Weg zu eine Reform des Unterhaltsrechts. Kritisch betrachte man jedoch, dass die zentrale Frage der Abstammung noch immer ungeklärt sei.

In Punkto Migrationsrecht befinde man sich leider "meist im Abwehrmodus". Die nach Ansicht des DAV getätigten Fortschritte durch das bald in Kraft tretende Fachkräfteeinwanderungsgesetz und die geplanten Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht würden "durch unnötige Restriktionen wieder getrübt". Hierfür sei insbesondere das Rückführungsverbesserungsgesetz ein bedauerliches Beispiel.

Redaktion beck-aktuell, ak, 7. Dezember 2023.