Eine Einbürgerung ist nach dem Gesetzentwurf künftig nach fünf statt wie bisher nach acht Jahren möglich. Menschen, die sich besonders gut integriert haben, sollen bereits nach drei Jahren eingebürgert werden können. Das soll nach dem Entwurf aus dem Innenministerium von Nancy Faeser (SPD) zum Beispiel gelten, wenn sie im Job herausragende Leistungen erzielen oder sich ehrenamtlich engagieren, sehr gut Deutsch sprechen und den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie eigenständig bestreiten können.
Alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern sollen künftig vorbehaltlos die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten und die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern behalten können, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf (statt bisher acht) Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Die Optionsregelung entfällt.
Bekenntnis zur FDO, keine Mehrehen
Wer in Deutschland eingebürgert werden will, soll sich nach dem neuen Gesetz zu den Werten einer freiheitlichen Gesellschaft bekennen müssen. Dazu gehörten insbesondere die Würde und Gleichheit aller Menschen. In das Staatsangehörigkeitsgesetz soll daher ausdrücklich folgender Satz aufgenommen werden:
"Antisemitisch, rassistisch oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen sind mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland unvereinbar und verstoßen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes." Solche Handlungen schließen nach den Plänen der Bundesregierung eine Einbürgerung aus.
Ausgeschlossen ist eine Einbürgerung künftig auch im Fall einer Mehrehe oder wenn der Ausländer durch sein Verhalten zeigt, dass er die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau missachtet.
Das Verfahren der Sicherheitsabfrage soll digitalisiert und beschleunigt werden. Zugleich soll der Kreis der abzufragenden Behörden in Zukunft um zusätzliche Sicherheitsbehörden erweitert werden. Mit der Abfrage soll sichergestellt werden, dass die Staatsangehörigkeitsbehörden die nötigen Informationen von den Sicherheitsbehörden erhalten.
Neue "Sicherung des Lebensunterhalts" in der Kritik
Für einen Anspruch auf Einbürgerung muss nach dem Gesetzentwurf zudem der Lebensunterhalt für sich und die eigenen Familienangehörigen grundsätzlich ohne Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestritten werden können. Die Regelung steht in der Kritik, denn bisher reicht es nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StaG aus, dass Betroffene die Inanspruchnahme staatlicher Leistungen "nicht zu vertreten" haben. Künftig sollen Ausnahmen dagegen auf ausdrücklich benannte Fälle beschränkt werden.
Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, dem Wohlfahrtsverband der Evangelischen Kirchen in Deutschland, fordert eine Änderung dieser neuen Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung. "Denn diese sind integrationspolitisch kontraproduktiv, weil sie in erster Linie Vollzeitbeschäftigte begünstigen". Dadurch würden Alleinerziehende, pflegende Angehörige, Menschen mit Behinderung sowie kranke und alte Menschen von der Einbürgerung weitgehend ausgeschlossen, kritisiert Loheide.
Ausnahmen vom Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung soll es nach dem Regierungsentwurf unter anderem geben für Gastarbeiter, die bis 1974 in die Bundesrepublik eingereist sind, für Vertragsarbeiter, die bis 1990 in die ehemalige DDR einreisten, sowie für Familien mit einem minderjährigen Kind, wenn ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner in Vollzeit erwerbstätig ist.
Weitere Erleichterungen für die Gastarbeitergeneration
Gast- und Vertragsarbeiter hätten einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung Deutschlands geleistet, betonte das Bundesinnenministerium. Sie hätten aber in der Vergangenheit kaum Integrationsangebote erhalten. Als Sprachnachweis soll daher genügen, dass sie sich im Alltag auf Deutsch ohne nennenswerte Probleme verständigen können. Auf den Einbürgerungstest wird künftig verzichtet.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Einbürgerungsurkunde nach Möglichkeit in einem feierlichen Rahmen in einer öffentlichen Einbürgerungsfeier ausgehändigt werden soll.
Mehr als zwölf Millionen Menschen haben keinen deutschen Pass
Wie das Ministerium mitteilte, haben etwa 14% der Bevölkerung in Deutschland keinen deutschen Pass – etwas mehr als zwölf Millionen Menschen. Von ihnen leben rund 5,3 Millionen bereits seit mindestens zehn Jahren in Deutschland.
Derzeit lasse sich nur ein Teil derjenigen, die dazu berechtigt wären, tatsächlich einbürgern. Im Jahr 2022 haben nach Angaben des Innenministeriums 168.545 Menschen in Deutschland den deutschen Pass beantragt – das seien gerade einmal 3,1% der ausländischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die seit mindestens zehn Jahren in Deutschland leben.
Im europäischen Vergleich falle Deutschland damit stark ab (Einbürgerungsrate in der EU: 2%, in Deutschland: 1,1%). Ein bedeutsamer Grund dafür sei, dass Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen Staaten bisher verlange, die alte Staatsangehörigkeit aufzugeben und sich für eine Staatsangehörigkeit zu entscheiden, heißt es in der Mitteilung des Bundesinnenministeriums. Die parlamentarischen Beratungen für die Neuregelung sollen im Herbst beginnen. Mit der Verabschiedung des Gesetzes wird nach Angaben des Ministeriums im 1. Halbjahr 2024 gerechnet.