FG Köln, Urteil vom 29.8.2007, 10 K 839/04
Wird in einem Mehrfamilienhaus ein Raum als Arbeitszimmer genutzt wird, zu dem keine Verbindung mit einem privaten Wohnraum besteht, handelt es sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer.
Praxis-Info!
Problemstellung
Der Kläger hat eine kaufmännische Ausbildung und ist in der IT-Branche freiberuflich mit Datenverarbeitungs-Diensten für Großunternehmen tätig. Das von ihm erworbene Wohngebäude wird wie folgt genutzt:
- Die Erdgeschoss-Wohnung bewohnt er selbst.
- Ein Teil des 1. Obergeschosses ist an seine Mutter vermietet.
- Im 1. Obergeschoss befindet sich zum anderen noch ein rund 21 qm großes 1-Raum-Apartment, welches nach der vorgelegten Grundrisszeichnung eine eigene Eingangstür vom Treppenhaus aus hat (Zugang zu diesem Apartment ohne Verletzung des vermieteten Wohnbereichs). Von der Apartment-Wohnung im 1. Obergeschoss, die auch über ein kleines Bad und eine Kochnische verfügt, nutzte der Kläger den 17,5 qm großen Raum als häusliches Büro für seine berufliche Tätigkeit. Der als häusliches Büro genutzte Raum war von seiner Privatwohnung im Erdgeschoss nicht direkt zugänglich.
- Im Dachgeschoss des Objekts befanden sich ein Speicher und ein Trockenraum.
Das Finanzamt war der Auffassung: Bei dem als Arbeitsraum genutzten Gästezimmer in der Wohnung des 1. Obergeschosses handle es sich um ein häusliches Arbeitszimmer, welches auch nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstelle, weil der Kläger eine Außendienst-Tätigkeit ausübe. Der Mittelpunkt der Tätigkeit befände sich deshalb bei dem jeweiligen Kunden, für den eine EDV-Lösung erarbeitet werde.
Der Arbeitsraum sei zudem in die häusliche Sphäre des Selbstständigen eingebunden, weil das Dreifamilienhaus in dessen Eigentum stehe und das Büro sich direkt über der Privatwohnung befinde. Der Zugang zur Apartment-Wohnung und damit zum Arbeitszimmer sei ohne Verletzung des vermieteten Wohnbereichs leicht möglich. Eine Störung oder Beeinträchtigung durch Dritte sei daher nicht gegeben.
Der Selbstständige ist hingegen der Ansicht, es handle sich bei dem als Arbeitsraum genutzten Gästezimmer im 1. Obergeschoss nicht um ein häusliches Arbeitszimmer sondern um eine Betriebstätte (i.S. § 12 AO 1977). Denn im 1. Obergeschoss befinde sich eine fremdvermietete Wohnung. Somit sei die Möglichkeit der Beeinträchtigung durch Fremde gegeben.
Lösung
In die häusliche Sphäre eingebunden ist ein Arbeitszimmer (zur vorwiegenden Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten) regelmäßig dann, wenn es sich in einem Raum befindet, der zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehört. Dies betrifft nicht nur die eigentlichen Wohnräume, sondern auch die Zubehörräume zur Wohnung (Abstell-, Keller- und Speicherräume etc.); hierzu zählt sogar auch ein Anbau zum Einfamilienhaus, der nur vom straßenabgewandten Garten aus betreten werden kann. Kann hingegen ein als Arbeitszimmer genutzter Raum nicht der privaten Wohnung bzw. dem Wohnhaus des Steuerpflichtigen zugerechnet werden, so ist er in der Regel auch kein „häusliches“ Arbeitszimmer.
Nutzt der Steuerpflichtige dagegen in einem Mehrfamilienhaus – zusätzlich zu seiner privaten Wohnung – noch eine weitere Wohnung vollständig als Arbeitszimmer, so liegt in Bezug auf diese Räumlichkeiten eine innere, „häusliche“ Verbindung mit der privaten Lebenssphäre regelmäßig nicht vor. Dies gilt z.B. auch für einen separat angemieteten Kellerraum in einem Mehrfamilienhaus, der auch nicht als Zubehörraum zur Privatwohnung des Steuerpflichtigen gehört.
Praxishinweise: - Ein innerer Zusammenhang zwischen häuslicher Sphäre der Privatwohnung und den beruflich genutzten Räumlichkeiten wurde bislang nur dann angenommen, wenn die Wohnungen in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander lagen, etwa weil die als Arbeitszimmer genutzten Räume unmittelbar an die Privatwohnung angrenzten oder weil sie ihr auf derselben Etage direkt gegenüberlagen (Möglichkeiten der Verlagerung von Kosten der privaten Lebensführung in den beruflichen oder betrieblichen Bereich).
- Seit dem 1.1.2007 können Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch abgezogen werden, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bildet. Vor diesem Hintergrund hat die Abgrenzung zwischen häuslichen und außerhäuslichen Arbeitszimmern an Bedeutung zugenommen.
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Im Streitfall handelt es sich danach um ein „außerhäusliches“ Arbeitszimmer, das nicht unter die Abzugsbeschränkung fällt. Der Arbeitsraum lag somit außerhalb der Privatwohnung des Steuerpflichtigen und war nur über ein auch von der Mieterin (der Mutter) benutztes gemeinsames Treppenhaus möglich (keine gemeinsame Wohneinheit mit der Privatwohnung des Selbstständigen im Erdgeschoss).
[Anm. d. Red.]
BC 2/2008
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