LG Hannover, Urteil vom 19.12.2011, 44 StL 27/11
- Die Bildung einer Kooperation oder Bürogemeinschaft mit Gewerbetreibenden (z.B. Unternehmensberatungs-GmbH, selbstständigen Bilanzbuchhaltern) ist unzulässig.
- Eine Steuerberaterin begeht eine Pflichtverletzung, wenn sie es zulässt, dass Mitarbeiter einer Partnerschaft, die keine Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten bzw. keine anderen Befugnisträger sind (z.B. Bilanzbuchhalter), Schriftsätze an Finanzämter zu Steuerangelegenheiten selbst unterschreiben.
[Leitsätze d. Red.]
Praxis-Info!
Problemstellung
Eine Steuerberaterin ging als Gesellschafterin einer GmbH für Unternehmensberatung und Vermögensverwaltung vom März 2009 bis August 2010 eine Kooperation mit einem Rechtsanwalt/Steuerberater sowie einem Rechtsanwalt ein. Der Sohn des Rechtsanwalts ist gelernter Bilanzbuchhalter und als Geschäftsführer der GmbH für Unternehmensberatung und Vermögensverwaltung tätig. Die Kooperationspartner und die GmbH nutzten dieselben Büroräume. In diesem Zeitraum verwendete die Partnerschaft einen Briefkopf, der folgenden Hinweis enthielt:
… In Kooperation mit: …....................................... Geschäftsführer: …........................................... …
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In Internetverzeichnissen erschien die GmbH zunächst mit Telefon- und Faxnummer sowie E-Mail-Anschrift der Partnerschaft.
Nach einer Anhörung zu dem Vorgang bei der zuständigen Steuerberaterkammer (am 12.8.2010) sagte die Steuerberaterin allerdings eine umgehende Beendigung der Kooperation und Bürogemeinschaft zu. Zur personellen und räumlichen Entflechtung bezog die GmbH Büroräume in der anderen Etage desselben Geschäftshauses (mit gesonderter Klingel). Auch wurden die Telefon- und Faxnummern in diversen Namens- und Firmenverzeichnissen berichtigt. In verschiedenen Verzeichnissen wird allerdings bezüglich der GmbH weiterhin noch auf die Kommunikationsverbindungen der Partnerschaft verwiesen.
Die Steuerberaterin ließ des Weiteren zu, dass Schreiben der Partnerschaft in Steuerangelegenheiten an verschiedene Finanzämter durch den Bilanzbuchhalter sowie angestellte Mitarbeiterinnen der Partnerschaft unterzeichnet und verschickt wurden.
Beispiele zu Schreiben in Steuerangelegenheiten: - „Es wird gebeten, das Umsatzsteuerguthaben 3. Quartal 2010 mit der Umsatzsteuer 2. Quartal 2010 zu verrechnen.“
Darüber hinaus wurde von den angestellten Mitarbeitern ein „Antrag auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung“ sowie ein „Einspruch gegen einen Steuerbescheid“ unterzeichnet. |
Lösung
Die Steuerberaterin hat eine (nach § 56 Abs. 5 StBerG) nicht erlaubte berufliche Zusammenarbeit (Kooperation) mit einem Gewerbetreibenden ausgeübt und eine (gemäß § 56 Abs. 2 StBerG) unzulässige Bürogemeinschaft gebildet. Dadurch hat sie gegen ihre Pflicht zur Unabhängigkeit und Verschwiegenheit verstoßen (§ 57 Abs. 1 StBerG).
Es handelte sich nicht um eine punktuelle Zusammenarbeit der Steuerberaterin mit einer Gewerbetreibenden, etwa zum Zweck einer gemeinsamen Werbung (z.B. in Form eines gemeinsamen Internetauftritts). Hiergegen sprechen u.a. der auf dem Briefkopf angebrachte allgemeine Kooperationshinweis sowie die räumliche und personelle Verflechtung.
Ferner hat die Steuerberaterin gegen ihre Pflicht verstoßen, den Beruf eigenverantwortlich auszuüben (§ 57 Abs. 1 StBerG). Denn sie ließ zu, dass der Bilanzbuchhalter sowie die Mitarbeiterinnen der Partnerschaft einige Schriftsätze, die in Steuerangelegenheiten an Finanzämter gerichtet waren, unterschrieben haben, um durch Delegation die Eigenverantwortung der Mitarbeiter zu stärken. Steuerberater müssen jedoch (gemäß § 3 Abs. 3 BOStB) „… die wesentliche Korrespondenz persönlich unterschreiben“. Die Zeichnungspflicht kann nicht auf einen Angestellten delegiert werden, der nicht die Qualifikation eines Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten besitzt. Soweit Angaben zum Sachverhalt gemacht, Zahlungsbestimmungen getroffen, Anträge gestellt oder Rechtsmittel (hier: Einspruch) eingelegt werden, sind diese als „wesentlich“ zu bezeichnen.
Der ausgesprochene Verweis (nach § 90 Abs. 1 Nr. 2 StBerG) gegenüber der Steuerberaterin sowie die von der Steuerberaterkammer festgelegte Geldbuße in Höhe von 2.500 € seien angemessen, so das Landgericht Hannover.
Pruns warnt in Heft 7, BC 2012, S. 285 ff., klipp und klar davor: Selbstständige Bilanzbuchhalter dürfen die freie Mitarbeit bei einem Steuerberater keinesfalls anders benennen; Bezeichnungen wie „Kooperation“, „Sozietät“ oder „Bürogemeinschaft“ sind zu vermeiden. Andernfalls drohen Abmahnung und Bußgeldzahlungen. „Das gilt für alle Angaben des selbstständigen Bilanzbuchhalters, also z.B. für seinen Briefbogen, seine Internetseite, seine E-Mail-Signatur etc.“ Bei der freien Mitarbeit (z.B. mit einem selbstständigen Bilanzbuchhalter) ist der Steuerberater immer alleiniger Auftragnehmer und verantwortet das Arbeitsergebnis sachlich und fachlich gegenüber seinem Mandanten. Die Voraussetzungen der freien Mitarbeit sind (nach § 17 BOStB): – Weisungsbefugnis des Steuerberaters, – fachliche Aufsicht des Steuerberaters und – berufliche Verantwortung des Steuerberaters. Diese Bedingungen der fachlichen Kontrolle (nach § 17 BOStB) gelten gleichermaßen im Innenverhältnis gegenüber den Angestellten des Steuerberaters; dies zeigt auch das besprochene Urteil des LG Hannover.
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[Anm. d. Red.]
BC 8/2012
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