Referentenentwurf zur 8. Änderung des Steuerberatungsgesetzes (Stand: 13.7.2006)
Die Befugnisse selbständiger Bilanzbuchhalter/innen in Deutschland – wie auch der Steuerfachwirte oder Buchhalter mit mindestens dreijähriger hauptberuflicher Buchhaltungstätigkeit – ergeben sich aus § 6 Nr. 3 und Nr. 4 StBerG. Nach geltender Rechtslage sind selbständige Bilanzbuchhalter/innen – neben der Durchführung rein mechanischer Arbeitsgänge bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen – lediglich berechtigt zum
- Buchen laufender Geschäftsvorfälle sowie Kontieren (die zugrunde liegenden Belege mit einem Buchungssatz versehen),
- Erstellen laufender Lohnabrechnungen sowie
- Fertigen von Lohnsteuer-Anmeldungen.
Diese Ausnahmeliste soll nun künftig für IHK-geprüfte Bilanzbuchhalter/innen oder Steuerfachwirte erweitert werden:
- Einrichten der Buchführung (§ 6 Nr. 5 StBerG-E): Gemeint sind die Lohn- und Finanzbuchhaltung.
- Fertigen von Umsatzsteuer-Voranmeldungen (§ 6 Nr. 6 StBerG-E). Hierfür müssen allerdings als weitere Voraussetzungen erfüllt werden:
-erfolgreicher Abschluss einer Zusatzprüfung auf dem Gebiet der Umsatzsteuer vor der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Steuerberaterkammer,
-Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gegen Gefahren beim Fertigen der USt-Voranmeldung (Mindestversicherungssumme für den einzelnen Versicherungsfall: 25.000 EUR – oder bei Vereinbarung einer Jahreshöchstleistung für alle in einem Jahr verursachten Schäden mindestens 100.000 EUR).
-Verschwiegenheitspflicht.
Vor der Aufnahme der Tätigkeit sind diese Voraussetzungen gegenüber der zuständigen IHK nachzuweisen (Einreichen der Versicherungs-Police). „Im Versicherungsvertrag ist der Versicherer zu verpflichten, der zuständigen IHK den Beginn und die Beendigung oder Kündigung des Versicherungsvertrages sowie jede Änderung des Versicherungsvertrages, die den vorgeschriebenen Versicherungsschutz beeinträchtigt, unverzüglich mitzuteilen“ (§ 6 Nr. 6 Satz 4 StBerG-E); dies soll dem Verbraucherschutz dienen.
Im Zuge der geplanten Möglichkeit für selbständige Bilanzbuchhalter, u.a. auch Umsatzsteuer-Voranmeldungen zu fertigen (§ 6 Nr. 6 StBerG-E), wurde auch § 8 Abs. 4 StBerG entsprechend angepasst: Danach dürfen selbständige Bilanzbuchhalter unter der Bezeichnung „Geprüfte Bilanzbuchhalter“ werben, sofern sie die von ihnen angebotenen Tätigkeiten nach § 6 Nr. 3 bis 6 StBerG-E (z.B. Buchen laufender Geschäftsvorfälle, Einrichten der Buchführung) im Einzelnen aufführen.
Praxis-Info!
Die geplanten berufsrechtlichen Neuregelungen in Bezug auf selbständige Bilanzbuchhalter waren bereits Gegenstand des Referentenentwurfs zum EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz – Änderung des Steuerberatungsgesetzes (vom 17.6.2004, vgl. BC 8/2004, S. XII, hier).
Generelle Qualifikationsvoraussetzung ist die von den Industrie- und Handelskammern abgenommene Bilanzbuchhalterprüfung. Im Klartext: Buchhalter mit mindestens dreijähriger hauptberuflicher Buchhaltungstätigkeit sollen nach wie vor nicht berechtigt sein, eine Buchführung einzurichten und eine USt-Voranmeldung zu erstellen. Begründung: Diese Personen könnten nicht „...neben einer unspezifischen kaufmännischen Ausbildung spezifische steuerrechtliche Kenntnisse nachweisen, die auch das Umsatzsteuerrecht umfassen“.
Die Aufbauprüfung im Umsatzsteuerrecht für selbständige Bilanzbuchhalter/innen (als Voraussetzung für das Erstellen einer USt-Voranmeldung) wird damit begründet, die IHK-Weiterbildungsprüfung sei nicht auf eine spätere selbständige Tätigkeit angelegt, sondern auf ein Angestelltenverhältnis (u.a. als Leiter/in des Rechnungswesens).
Weiterhin verschlossen bleibt es deutschen selbständigen Bilanzbuchhaltern, Abschlussarbeiten im Bereich der Lohnbuchhaltung sowie vorbereitende Abschlussarbeiten im Bereich der Finanzbuchführung zu erbringen. Österreichische Bilanzbuchhalter hingegen dürfen beispielsweise nicht nur die Buchführung einrichten, sondern auch – in bestimmten Grenzen (für kleinere Unternehmen) – Saldenlisten und Bilanzen erstellen (vgl. Hundt/Markus/Grabau, BC 3/2002, S. 65).
Die Erweiterung des Zitiergebots bei der Werbung selbständiger Bilanzbuchhalter/innen (gemäß § 8 Abs. 4 StBerG-E) um das Einrichten der Buchführung sowie das Fertigen von Umsatzsteuer-Voranmeldungen bringt Vor- und Nachteile mit sich:
- Vorteil: Gerade die werbliche Bekanntmachung der geplanten Möglichkeit, u.a. Umsatzsteuer-Voranmeldungen erstellen zu können, dürfte für selbständige Bilanzbuchhalter/innen attraktiv sein.
- Nachteil: Der Leistungsbeschreibungskatalog wird dadurch noch umfangreicher, was letztlich die Werbewirksamkeit schmälert.
Von Bedeutung ist zudem folgende Regelung in § 8 Abs. 4 StBerG-E: Selbständige Bilanzbuchhalter/innen haben danach „... die von ihnen angebotenen Tätigkeiten nach § 6 Nr. 3 bis 6 innerhalb einer Werbemaßnahme mindestens einmal im Einzelnen aufzuführen“. Hiermit soll (laut Gesetzesbegründung) insbesondere Abmahnverfahren gegen Werbemaßnahmen im Internet – lediglich wegen der Verwendung des Stichworts „Buchhaltung“ in einer Suchmaschine – die rechtliche Grundlage entzogen werden.
Handfeste Orientierungshinweise und Verhaltensempfehlungen zum Thema „Werbung“ geben Frehland, BC 7/2000 (S. 161 ff.) und Schiffer/v. Schubert, BC 7/2002 (S. 156 ff.), v. Schubert, BC 10/2004 (S. 225 ff.) und 7/2005 (S. 145 ff.).
Kooperationen mit Steuerberatern
Die Bildung von Kooperationen zwischen Steuerberatern und selbständigen Bilanzbuchhaltern (z.B. in Form einer Bürogemeinschaft) soll nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt werden: Denn gemäß dem Gesetzeswortlaut von § 56 Abs. 5 StBerG-E soll eine Zusammenarbeit nur mit Angehörigen der freien Berufe möglich sein (ohne Annahme gemeinschaftlicher Aufträge) – nicht jedoch mit Gewerbetreibenden. Häufig werden jedoch die Tätigkeiten selbständiger Bilanzbuchhalter nicht zu den freien Berufen gezählt, es sei denn, sie sind beispielsweise als Unternehmensberater tätig.
Die Bildung einer „vollwertigen“ Sozietät oder Partnerschaft mit Freiberuflern wird auch künftig unzulässig sein (§ 56 Abs. 5 Satz 1 StBerG-E). Bislang durften Steuerberater (gemäß § 56 StBerG) lediglich untereinander (mit Steuerberatern oder Steuerbevollmächtigten) sowie mit Angehörigen anderer Berufskammern (z.B. Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern) eine Sozietät oder Bürogemeinschaft bilden.
Eine Kooperation ist jede Form der Zusammenarbeit unterhalb einer Partnerschaft/Sozietät. Die Geschäftspartner nehmen getrennt Aufträge an und üben ihren Beruf selbständig auf eigene Rechnung aus (z.B. freie Mitarbeit). Kooperationen verfolgen u.a. den Zweck, Räume, Personal und Hilfsmittel ganz oder teilweise gemeinschaftlich zu nutzen.
Eine Zusammenarbeit mit Angehörigen der freien Berufe darf (laut Gesetzesbegründung) nicht die Einhaltung der Berufspflichten der Steuerberater gefährden (Unabhängigkeit, Eigenverantwortlichkeit, Gewissenhaftigkeit, Verschwiegenheit und Verzicht auf berufswidrige Werbung).
Praxishinweis: Kooperationen zwischen Steuerberatern und selbständigen Bilanzbuchhaltern sind – zumindest in Bezug auf die Beschäftigung von Bilanzbuchhaltern als freie Mitarbeiter – seit 1.4.2005 zulässig: Denn nach Aufforderung durch das Bundeskartellamt wurde ein diesbezügliches Verbot in § 7 der Berufsordnung der Steuerberater aufgehoben (vgl. im Einzelnen von Schubert, BC 4/2005, S. 81 ff.). Somit ist nunmehr jede Mitarbeit in Steuerberaterpraxen gestattet, soweit die beschäftigten Personen unter der fachlichen Aufsicht und beruflichen Verantwortung des Steuerberaters tätig werden. - Wird ein Steuerberater für einen Auftraggeber (Mandanten) tätig, der zugleich einen Buchhalter bzw. Geprüften Bilanzbuchhalter mit nach § 6 Nr. 4 StBerG zulässigen Tätigkeiten (Buchen laufender Geschäftsvorfälle, laufende Lohnabrechnung, Fertigen der Lohnsteuer-Anmeldungen) beauftragt hat, ist sicherzustellen, dass jeweils unmittelbare Auftragsverhältnisse – im Bereich der Vorbehaltsaufgaben mit dem Steuerberater, hinsichtlich der nach § 6 Nr. 4 StBerG (künftig möglicherweise § 6 Nr. 4 bis 6 StBerG-E) zulässigen Tätigkeiten mit dem Buchhalter bzw. Geprüften Bilanzbuchhalter – bestehen.
- Der Steuerberater hat nach § 62 StBerG seine Mitarbeiter, die nicht Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte sind, schriftlich zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um angestellte oder freie Mitarbeiter handelt.
Weiterhin unzulässig ist dagegen eine berufliche Zusammenarbeit auf gleichberechtigter Ebene. Dies gilt insbesondere für die Bildung einer Kooperation auf der Basis eines gemeinsamen Kooperationsvertrages. Eine solche Kooperation dürfen Steuerberater auch künftig nicht mit Gewerbetreibenden eingehen. |
[Anm. d. Red.]
BC 9/2006
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