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Selbstständige/Berufsrecht
   

Bilanzbuchhalter als Auftrags(daten)verarbeiter gemäß DS-GVO?

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

 

Inwieweit ist die verbandsseitige Klarstellung, dass Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater keine sog. Auftragsverarbeiter im Sinne der DS-GVO sind, auf selbstständige Bilanzbuchhalter übertragbar?


 

 

Praxis-Info!

 

Hintergrund

Seit dem 25.5.2018 müssen die neuen Vorschriften der DS-GVO und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG 2018) in Unternehmen, aber auch in Beratungsgesellschaften umgesetzt sein. Dazu haben am 30.7.2018 der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) und die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) klargestellt, dass Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater keine sog. Auftragsverarbeiter nach der DS-GVO sind. Der DStV und die BStBK sehen in den Leistungen der Steuerberater im Bereich der Lohn- und Gehaltsbuchführung eine eigenverantwortlich erbrachte Fachleistung. Demzufolge müssen auch in diesem Bereich, ebenso wie bei der Finanzbuchhaltung, keine Verträge zur Auftragsverarbeitung mit den Mandanten nach der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) geschlossen werden.

Die Verbände stützen sich dabei auf eine aktuelle Information des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht (BayLDA) vom 20.7.2018. Darin wird unter Bezug auf Art. 4 Nr. 8 DS-GVO und Art. 28 DS-GVO in Beantwortung der Frage, ob mit Steuerberatern ein Vertrag zur Auftragsverarbeitung nach der DS-GVO geschlossen werden muss, auf ein bundesweit abgestimmtes DSK-Kurzpapier Nr. 13 zur Auftragsverarbeitung nach der DS-GVO verwiesen. Darin steht u.a. Folgendes:

„Keine Auftragsverarbeitung, sondern die Inanspruchnahme fremder Fachleistungen bei einem eigenständig Verantwortlichen, für die bei der Verarbeitung (einschließlich Übermittlung) personenbezogener Daten eine Rechtsgrundlage gem. Art. 6 DS-GVO gegeben sein muss, sind beispielsweise i.d.R. die Einbeziehung eines Berufsgeheimnisträgers (Steuerberater, Rechtsanwälte, externe Betriebsärzte, Wirtschaftsprüfer) ...“

Speziell zu Steuerberatern vertritt das BayLDA die Auffassung, dass diese nach dem insoweit geltenden Fachrecht (Steuerberatungsgesetz) als Freiberufler selbstständig, weisungsunabhängig und eigenverantwortlich tätig sind und dementsprechend auch einer strafbewehrten persönlichen Geheimhaltungspflicht unterliegen (vgl. z.B. § 57 Steuerberatungsgesetz (StBerG), § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Das widerspreche der Weisungsgebundenheit im Sinne von Art. 28 Abs. 3 Buchst. a DS-GVO. Auch wenn Steuerberater nur die Lohnbuchhaltung für einen Mandanten durchführen, müssen sie dafür aufgrund des Steuerberaterrechts die eigene Verantwortung übernehmen und können sich nicht – wie allgemeine Dienstleister zur Lohnabrechnung – auf Weisungen von Mandanten berufen. Steuerberater arbeiten deshalb aus Sicht des BayLDA regelmäßig eigenverantwortlich aufgrund eines Mandantenvertrags und dürfen von den Mandanten im Rahmen der Erforderlichkeit für ihre Tätigkeit im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f DS-GVO personenbezogene Kunden- und/oder Arbeitnehmerdaten verarbeiten.

Was gilt nun für selbstständige Bilanzbuchhalter?

 

 

Lösung

Ob ein solcher Vertrag zur Auftragsverarbeitung auch für selbstständige Bilanzbuchhalter entbehrlich ist, ist umstritten. Schon die Anwendung des Kriteriums des Berufsgeheimnisträgers lässt Zweifel aufkommen. So hält beispielsweise der Berufsrechtsexperte Matthias Pruns die Abgrenzung nach Berufsgruppen für nicht sachgerecht; er spricht sich dafür aus, dass die Art der Tätigkeit und insbesondere der Umstand, ob bei diesen Tätigkeiten wertende Entscheidungen erforderlich sind, den Ausschlag geben sollte (vgl. BC 2018, 335 f., Heft 7). Selbst der DStV und die BStBK sind sich ihrer Sache nicht so sicher, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn sie versehen ihre Stellungnahme vom 30.7.2018 auch mit dem Hinweis, dass sie sich mit den zuständigen Datenschutzbehörden austauschen werden, um in dieser Frage bundesweit Rechtssicherheit für Mandanten und Steuerberater zu erreichen. Das ist auch das Bestreben des BVBC. Deren Geschäftsführer, Markus Kessel, riet in einem am 8.8.2018 geführten Gespräch den Bilanzbuchhaltern, im Zweifel einen solchen Vertrag mit den Kunden zu schließen; das schade jedenfalls nicht. Es werde aber verbandsseitig über die bereits geleistete Aufklärungsarbeit hinaus intensiv daran gearbeitet, verlässliche Positionen abzustimmen. Möglicherweise werde sich manches Problem mit der für 2019 beabsichtigten Novellierung der DS-GVO nicht mehr stellen.

Offenbar entwickelt sich hier auch eine Problemlage mit Nord-Süd-Gefälle. Denn die Landesdatenschutzbeauftragte NRW schätzt die Sachlage ganz anders ein als die bayrischen Kollegen ( https://www.ldi.nrw.de/mainmenu_Aktuelles/Inhalt/Datenverarbeitung-in-der-Steuerberatung/Datenverarbeitung-in-der-Steuerberatung.html). Sie ist gemäß Hinweisen des bereits oben zitierten Berufsrechtsexperten Pruns vom 8.8.2018 der Auffassung, dass Steuerberater nur im Bereich der „klassischen Steuerberatung, bei der der Steuerberater gemäß § 32 Abs. 2 StBerG eigenverantwortlich tätig wird“, eigenverantwortlich tätig sind. Und weiter schreibt sie:

„Eine Datenverarbeitung im Auftrag gem. Art. 28 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist in den Fällen zu bejahen, in denen einem Steuerberater eine Aufgabe ohne eigene Entscheidungskompetenzen übertragen wird. Dies ist etwa bei der reinen Lohn- und Gehaltsabrechnung der Fall oder bei sonstigen, rein technischen Dienstleistungen. Erforderlich ist dann ein Vertrag zur Auftragsverarbeitung.“

Pruns äußerte dazu in dem oben genannten Hintergrundgespräch vom 8.8.2018 folgendes Fazit:

„Wenn man die Tätigkeiten von (Bilanz-)Buchhaltern als Auftragsdatenverarbeitung versteht, dann muss das m.E. auch für Steuerberater gelten. Wenn man dagegen diese Tätigkeiten als nicht (zu sehr) weisungsgebunden ansieht und einen ausreichenden eigenen Entscheidungsspielraum bejaht, dann muss das sowohl für (Bilanz-)Buchhalter als auch für Steuerberater gelten.“

 

 

Praxishinweise:

  • Die Position von Pruns verdient Unterstützung. Hier bleibt die Weiterentwicklung der sehr lebendigen Diskussion vorerst abzuwarten. Deshalb sollten Bilanzbuchhalter derzeit noch nicht ausgeräumte Unwägbarkeiten nicht außer Acht lassen: Wer trotz aktueller Ferienzeit die Gefahr eines „Abenteuerurlaubs im haftungsrechtlichen Minenfeld“ ausschließen will, sollte daher den Aufwand einer solchen Vertragsanbahnung nicht scheuen. Denn schon der oben genannte Verweis in der Stellungnahme des BayLDA auf „allgemeine Dienstleister zur Lohnabrechnung“ lässt erahnen, dass dies anderen Berufsständen Anlass für Abmahnungen geben könnte.
  • Und solche Fälle dürften eher nicht unter den geplanten Gesetzentwurf fallen, der geeignete und wirkungsvolle Maßnahmen zur Eindämmung von Abmahnmissbrauch vorsehen wird (vgl. Deutscher Bundestag, hib vom 31.7.2018: Die Bundesregierung nimmt die vonseiten der Unternehmen und Aufsichtsbehörden geäußerten Befürchtungen ernst, dass die Zahl von Abmahnungen aufgrund von datenschutzrechtlichen Verstößen mit Anwendbarkeit der DS-GVO zunehmen könnte. Gegenwärtig prüfe die Bundesregierung Maßnahmen in diesem Bereich).
  • Möglicherweise treffen selbstständige Bilanzbuchhalter bei ihrer Bitte um entsprechende vertragliche Vereinbarungen bei Mandanten ja oft auf angestellte Bilanzbuchhalter, sodass dann entsprechende Schützenhilfe unter Kollegen kein Problem sein sollte. Sollten sie hingegen auf Widerstand infolge Futterneids anderer Berufsgruppen treffen, könnte der oben genannte Experte Pruns als Partner der Kanzlei Schiffer & Partner besonders geeignet sein, solche Klippen zu umschiffen.

 

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld

BC 9/2018 

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