Prof. Dr. Christian Zwirner
Grundlage für das Bilanzkontrollverfahren der BaFin
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority, ESMA) stellt in ihrer Stellungnahme vom 25.10.2023 die gemeinsamen Prüfungsschwerpunkte der nationalen Enforcement-Stellen der EU für Finanzberichte des Jahres 2023 vor. Hiervon betroffen sind die Jahresfinanzberichte kapitalmarktorientierter Unternehmen, die nach IFRS bilanzieren. Die Prüfungsschwerpunkte thematisieren insbesondere umweltbezogene Sachverhalte und die Auswirkungen des aktuellen makroökonomischen Umfelds.
Praxis-Info!
Die ESMA veröffentlicht jedes Jahr eine Stellungnahme zu den gemeinsamen europäischen Prüfungsschwerpunkten der nationalen Enforcement-Stellen in der EU (Einrichtungen zur Sanktionierung von Regelverstößen in der Rechnungslegung), woraus sich auch der Fokus der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Rahmen von Bilanzkontrollverfahren ergibt. Am 25.10.2023 nahm die ESMA zu besagten Prüfungsschwerpunkten für Finanzberichte des Jahres 2023 Stellung.
Klima- und umweltbezogene Sachverhalte
In Anbetracht der zunehmenden Relevanz von klimabezogenen Themen hebt auch die ESMA die Wichtigkeit dieser Sachverhalte im Rahmen der Bilanzierung hervor. So ist dieses Jahr besondere Aufmerksamkeit zu legen auf die Konsistenz (Widerspruchsfreiheit) zwischen IFRS-Abschlüssen und nicht-finanziellen Informationen. Der Fokus liegt hierbei auf klimabezogenen Verpflichtungen und Zielen, wie z.B. der Reduzierung von Treibhausgasemissionen und Dekarbonisierungsplänen. Die konsistente Behandlung über verschiedene Berichtsmedien hinweg ist demnach ein Schlüsselelement, um das Risiko von Greenwashing („sich ein grünes Mäntelchen umhängen“) zu mindern.
Daneben ist auch auf die zutreffende Bilanzierung sowohl von Emissionshandelssystemen und von Zertifikaten für erneuerbare Energien als auch von Wertminderungen von nicht-finanziellen Vermögenswerten und von Energiebeschaffungsverträgen (Power Purchase Agreements) zu achten.
Auswirkungen des aktuellen makroökonomischen Umfelds
Prüfungsschwerpunkte stellen in diesem Jahr außerdem die Auswirkungen des aktuellen makroökonomischen Umfelds dar. Insbesondere steigende oder sich ändernde Zinssätze können demnach eine Herausforderung für Unternehmen, beispielsweise im Zusammenhang mit einer Fair-Value-Bewertung, darstellen. Wie im vergangenen Jahr erinnert die ESMA daran, eine Sensitivitätsanalyse (Überprüfung von Planungsgrößen aufgrund der Veränderungen von Einflussgrößen) vorzunehmen, aus der hervorgeht, wie Gewinn oder Verlust und Eigenkapital von den jüngsten Volatilitäten (Schwankungsanfälligkeiten) beeinflusst sein könnten. Auch Refinanzierungsrisiken und andere finanzielle Risiken sind ein relevantes Thema dieses Jahr.
Nicht-finanzielle Berichterstattung
Überdies wurden im Hinblick auf die nicht-finanzielle Berichterstattung besondere Schwerpunkte gesetzt. So ist auf Angaben in Verbindung mit Art. 8 EU-Taxonomie Verordnung (EUR-Lex 2020/852), auf Angaben zu klimabezogenen Zielen und Fortschritten sowie auf Angaben hinsichtlich von Scope 3-Emissionen besonders zu achten.
Zusätzlich gibt die Stellungnahme der ESMA Hinweise für die Verwendung von alternativen Leistungskennzahlen (Alternative Performance Measures – APMs) und zum ESEF-Block-Tagging (European Single Electronic Format – europaweit einheitliches Berichtsformat; Block-Tagging: Auszeichnung aller Anhangangaben).
WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)
BC 12/2023
BC20231202