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Rechnungslegung/Jahresabschluss
   

Korrektur eines fehlerhaften Bilanzansatzes: Anwendung des Halbabzugsverbots

BC-Redaktion

BFH Urt. v. 27.7.2023 – IV R 15/20

 

Wird der Bilanzansatz einer (nicht einnahmelosen) Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Jahr 2004 erfolgswirksam korrigiert (Nachholung der Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert, § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG), liegt eine Betriebsvermögensminderung im Sinne des § 3c Abs. 2 S. 1 EStG vor. Dabei gilt das Halbabzugsverbot des Jahres 2004 (aktuell: 40%) auch dann, wenn der Bilanzierungsfehler dem Steuerpflichtigen im Jahr 2001 – vor Geltung des Halbeinkünfteverfahrens – unterlaufen ist.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Eine GmbH & Co. KG hatte im Jahr 1998 eine Beteiligung von 99,75% an der K-AG erworben. In ihren Handels- und Steuerbilanzen bis zum 31.12.2003 wies die GmbH & Co. KG die Beteiligung mit ihren Anschaffungskosten aus.

Die GmbH & Co. KG buchte die Beteiligung an der K-AG zum 31.12.2004 aus. Unter Berücksichtigung der Abschlusszahlung, des Buchwerts und der Kosten für die Steuerberatung der K-AG, zu deren Übernahme sich die GmbH & Co. KG verpflichtet hatte, entstand daraus ein Verlust in Höhe von 1,5 Mio. €. Des Weiteren berücksichtigte die GmbH & Co. KG im Jahr 2006 Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit Steuerschulden der K-AG standen.

Die versäumte Teilwertabschreibung konnte – nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs – in der ersten noch offenen Bilanz im Jahr 2004 erfolgswirksam nachgeholt werden.

Das Finanzamt war der Auffassung, die Verluste seien zwar dem Grunde und der Höhe nach anzuerkennen, gemäß § 3c Abs. 2 EStG 2004 indes nur zur Hälfte zu berücksichtigen. Der bei der Berichtigung des unrichtigen Bilanzansatzes in der ersten verfahrensrechtlich noch offenen Schlussbilanz entstehende Gewinn sei nach der im Berichtigungsjahr 2004 geltenden Rechtslage zu besteuern.

Die GmbH & Co. KG vertrat hingegen die Ansicht, dass das für den Veranlagungszeitraum 2001 maßgebliche Recht gelte. In diesem fand das Halbeinkünfteverfahren keine Anwendung. Das betrifft ebenfalls die übernommenen Steuerschulden des Jahres 2006.

 

 

Lösung

Der Verlust aus der Ausbuchung der Beteiligung an der K-AG im Jahr 2004 ist zu Recht dem Halbeinkünfteverfahren unterworfen worden.

Gemäß § 3c Abs. 2 S. 1 EStG 2004 dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte (aktuell: 40%) abgezogen werden. Entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind.

§ 3c Abs. 2 EStG ist erstmals auf Aufwendungen anzuwenden, die mit Erträgen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, auf die § 3 Nr. 40 EStG erstmals anzuwenden ist. Nach § 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG ist das KStG i.d.F. des Art. 3 StSenkG erstmals für den Veranlagungszeitraum 2001 anzuwenden (bei kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahren). Damit gelten § 3 Nr. 40 EStG, § 3c Abs. 2 EStG im Ergebnis ab dem Veranlagungszeitraum 2002 (Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren). Dies gilt für die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft und die Liquidation der Beteiligungsgesellschaft gleichermaßen wie für Teilwertabschreibungen auf die Anteile.

Der Verlust aus der Beteiligung an der K-AG ist mit der Schlussverteilung und dem Abschluss des Liquidationsverfahrens im Jahr 2004 realisiert worden. Dies entspricht der buchhalterischen Behandlung des Sachverhalts durch die GmbH & Co. KG, die die Beteiligung zum 31.12.2004 ausgebucht hat. Das hälftige Abzugsverbot ist – wie dargelegt – im Streitjahr 2004 anzuwenden.

Die erfolgswirksame Korrektur des – aus Sicht der GmbH & Co. KG – fehlerhaften Bilanzansatzes (Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert, § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG) ist eine Betriebsvermögensminderung im Sinne des § 3c Abs. 2 S. 1 EStG. Sofern sie im Veranlagungszeitraum 2004 eintritt, unterfällt sie dem Halbabzugsverbot. Eine rechtliche Grundlage dafür, bei der Ermittlung des Gewinns des Jahres 2004 nicht die für diesen Veranlagungszeitraum gültige Rechtslage, sondern das für den Veranlagungszeitraum 2001 maßgebliche Recht zugrunde zu legen, besteht nicht.

 

 

Bilanzierungshinweis:

 

Eine Nichtanwendung des § 3c Abs. 2 EStG im Streitjahr 2004 ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen über die Bilanzberichtigung im Rahmen des formellen Bilanzenzusammenhangs. Danach müssen Bilanzen grundsätzlich im Fehlerjahr berichtigt werden, es sei denn, die Feststellungs- oder Steuerbescheide, denen die fehlerhafte Bilanz zugrunde liegt, sind bereits formell und materiell bestandskräftig. Dann ist die Korrektur in der Schlussbilanz des ersten Jahres nachzuholen, in der sie mit steuerlicher Wirkung möglich ist. Die Korrektur ist erfolgswirksam vorzunehmen, wenn der fehlerhafte Bilanzansatz (bestandskräftig) in den Vorjahren Auswirkung auf die Höhe der festgesetzten Steuern hatte.

Fehlerhafte außerbilanzielle Gewinnkorrekturen können allerdings nicht über eine Bilanzberichtigung ausgeglichen werden. Denn die Stornierung des Fehlers setzt voraus, dass dieser in der Schlussbilanz des ersten „offenen“ Jahres noch vorhanden ist.

 

 

 

Im Streitfall ist das (anteilige) Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG – wie die GmbH & Co. KG selbst einräumt – außerbilanziell anzuwenden. Es wird diesbezüglich also kein Bilanzansatz berührt.

Der Bilanzierungsfehler – im Streitfall: die im Jahr 2001 nach Ansicht der GmbH & Co. KG unterlassene Teilwertabschreibung – ist nicht stets durch eine gleich große entgegengesetzte Gewinnkorrektur auszugleichen, um einen identischen Gesamtgewinn herzustellen. Bilanzierungsfehler sind trotz der Zweischneidigkeit der Bilanz nicht in jedem Fall in späteren Wirtschaftsjahren auszugleichen.

[Anm. d. Red.]

 

 

BC 10/2023 

BC20231020

 

 

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