Das Gesetz zur Modernisierung der Körperschaftsteuer (KöMoG) beinhaltet neben der viel diskutierten Einführung eines Wahlrechts für Personenhandelsgesellschaften zur Körperschaftsteuer im Rahmen von Organschaftsverhältnissen auch eine Abkehr von der bisherigen Ausgleichspostenlösung beim Organträger. Der Gesetzgeber ersetzt die bisherige Methode durch die sog. Einlagelösung. Zu klären ist, welche konkreten Konsequenzen sich aus dem Systemübergang ergeben.
Praxis-Info!
Hintergrund
In ertragsteuerlichen Organschaftsfällen kommt es regelmäßig zu Abweichungen zwischen dem handelsrechtlichen Gewinn, der im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrags an den Organträger abgeführt wird, und dem steuerlichen Gewinn. Sofern der abgeführte handelsbilanzielle Gewinn das steuerlich relevante Ergebnis übersteigt, spricht man von einer Mehrabführung, umgekehrt von einer Minderabführung.
Nach der bisherigen Rechtslage hat der Organträger in seiner Steuerbilanz einen aktiven steuerlichen Ausgleichsposten bei Vorliegen organschaftlicher Minderabführungen und einen passiven steuerlichen Ausgleichsposten im Falle organschaftlicher Mehrabführungen zu bilden. Diese Ausgleichsposten bauen sich beim Organträger im Zeitablauf – und entsprechend dem Bilanzausweis bei der Organgesellschaft – auf und wieder ab. Auf Ebene der Organgesellschaft führen organschaftliche Mehr- bzw. Minderabführungen zu einem Abgang bzw. Zugang zum steuerlichen Einlagekonto nach § 27 Abs. 6 KStG. Mit dem KöMoG ist nun eine neue Einlage-Lösung zu beachten.
Lösung
Die mit dem KöMoG neu eingeführte Einlagelösung betrifft organschaftliche Mehr- und Minderabführungen, die nach dem 31.12.2021 erfolgen. Nach dieser Neuregelung führen organschaftliche Minderabführungen zu einer Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft und organschaftliche Mehrabführungen zu einer Einlagenrückgewähr. Minder- und Mehrabführungen erhöhen bzw. verringern den Beteiligungsbuchwert der Organgesellschaft in der Steuerbilanz des Organträgers und korrespondierend dazu das steuerliche Einlagekonto auf Ebene der Organgesellschaft.
Übergangsregeln gelten wie folgt: Für Mehr- und Minderabführungen ist in der Steuerbilanz des Organträgers ab dem 1.1.2022 kein steuerlicher Ausgleichsposten mehr zu bilden. Bestehende Ausgleichsposten sind in dem Wirtschaftsjahr aufzulösen, das nach dem 31.12.2021 endet. Ein aktiver Ausgleichsposten wird in der Steuerbilanz gegen den Beteiligungsbuchwert gewinnneutral aufgelöst (Aktivtausch). Eine sofortige Gewinnauswirkung droht hingegen grundsätzlich, sofern ein passiver Ausgleichsposten die Summe aus Beteiligungsbuchwert und aktivem Ausgleichsposten übersteigt. Es greift das Teileinkünfteverfahren bzw. § 8b KStG.
Der Gesetzgeber räumt dem Steuerpflichtigen für den überschießenden Betrag jedoch ein Wahlrecht zur Bildung einer Rücklage ein, welche im Jahr der Bildung und in den darauffolgenden neun Jahren jeweils zu einem Zehntel gewinnwirksam aufzulösen ist. Sofern die Beteiligung veräußert oder ein der Veräußerung gleichgestellter Vorgang eintritt (z.B. Umwandlung oder verdeckte Einlage), hat dies die vollständige gewinnwirksame Auflösung der dann noch bestehenden Rücklage zur Folge. Auch bei der Auflösung der Rücklage kommen das Teileinkünfteverfahren bzw. § 8b KStG zur Anwendung. Hinzuweisen ist noch darauf, dass der Steuerpflichtige im Hinblick auf die Höhe der gebildeten Rücklage das Wahlrecht bis zur Höhe des überschießenden Betrags individuell ausüben kann.
- Zu beachten ist beim Organträger, dass entgegen der bisherigen Behandlung die Anpassung des Beteiligungsbuchwerts in voller Höhe (also nicht entsprechend der Beteiligungsquote) vorzunehmen ist. Bei der Organgesellschaft erfolgt im Falle von organschaftlichen Mehrabführungen eine direkte Minderung des steuerlichen Einlagekontos, wodurch keine Beteiligungserträge entstehen. Zudem mindern organschaftliche Mehrabführungen das steuerliche Einlagekonto vorrangig vor anderen Leistungen.
- Kritiker sehen in der Neuregelung u.a. eine Nichtbeachtung des Gewinnrealisationsprinzips. Denn bei der Auflösung von passiven Ausgleichsposten kommt es zur Gewinnrealisation, obwohl keine Veräußerung bzw. kein der Veräußerung gleichgestellter Vorgang vorliegt. Zudem werden stille Reserven zwangsweise besteuert, obwohl unklar ist, ob diese zum Zeitpunkt der Besteuerung überhaupt noch bestehen. Dem Steuerpflichtigen wird hierdurch zumindest die Gestaltung des Besteuerungsaufschubs von in der Vergangenheit realisierten stillen Reserven genommen.
- Die neue Einlagelösung nach dem KöMoG zielt ausschließlich auf organschaftlich begründete Mehr- und Minderabführungen ab. Auf die Behandlung vororganschaftlicher Mehr- und Minderabführungen hat die Neuregelung hingegen keine Auswirkungen.
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WP/StB Kevin Kuß, PKF WULF WÖßNER WEIS GmbH & Co. KG, Freudenstadt/Bondorf
BC 1/2022
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