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Körperschaft-/Umwandlungssteuer
   

Rückgewähr von Einlagen einer EU-Kapitalgesellschaft

Dr. Martin Weiss

FG Köln, Urteil vom 17.11.2021, 2 K 681/18 (rkr.)

 

Die Antragsfrist des § 27 Abs. 8 S. 4 KStG verstößt in Bezug auf das Antragsverfahren zur Bescheinigung einer Einlagenrückgewähr bei EU-Kapitalgesellschaften nicht gegen Europarecht.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Durch das „steuerliche Einlagekonto“ des § 27 KStG will der Gesetzgeber „mit Blick auf die Besteuerung des Anteilseigners … die nicht steuerpflichtige Auskehrung von Einlagen, die von § 27 Abs. 1 S. 3 KStG ... als Einlagenrückgewähr bezeichnet wird, … identifizieren und von grundsätzlich steuerpflichtigen Gewinnausschüttungen … separieren. Um dies zu gewährleisten, wird ausgehend von dem Bestand am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres das steuerliche Einlagekonto um die jeweiligen Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahres fortgeschrieben (§ 27 Abs. 1 Satz 2 KStG ...) und zum Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres gesondert festgestellt (§ 27 Abs. 2 Satz 1 KStG ...)“. So die Beschreibung des BFH in seinem Urteil vom 19.7.2017 – I R 96/15, BeckRS 2017, 133903, Rn. 13.

Die Möglichkeit, eine Einlagenrückgewähr zu leisten, soll auch beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften, die in der EU ansässig sind, gegeben werden. Eine jährliche Feststellung des steuerlichen Einlagekontos ist jedoch nur für unbeschränkt Steuerpflichtige vorgesehen (§ 27 Abs. 1 S. 1 KStG). Für EU-Kapitalgesellschaften gibt es hingegen ein Antragsverfahren nach § 27 Abs. 8 KStG. Mit diesem kann zwar nicht das steuerliche Einlagekonto, jedoch „ad hoc“ – bei Bedarf – der Umfang einer Einlagenrückgewähr bescheinigt werden. Insbesondere die knapp bemessene Frist des § 27 Abs. 8 S. 4 KStG, der einen Antrag „nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck bis zum Ende des Kalenderjahrs …, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Leistung erfolgt ist“, fordert, ist dabei immer wieder Streitgegenstand.

 

 

Lösung

Das Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln vom 17.11.2021 ist dabei für Steuerberater bzw. Rechnungswesenverantwortliche in zweierlei Hinsicht interessant. Zum einen bezüglich eines möglichen „Organisationsverschuldens“ in der Kanzlei bzw. im Unternehmen: War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 110 Abs.1 S. 1 AO). Der Antrag ist jedoch innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 S. 1 AO). Wer mithin die Frist des § 27 Abs. 8 S. 4 KStG versäumt hat, sollte nicht auch noch die des § 110 Abs. 2 S. 1 AO verpassen! Direkt nach der Erkenntnis, dass eine gesetzliche Frist versäumt worden ist, muss bei der Behörde, bei der die versäumte Handlung hätte vorgenommen werden müssen (§ 110 Abs. 4 AO), diese Handlung nachgeholt werden. Insbesondere die Führung eines Fristenbuchs und die Schulung der zuständigen Mitarbeiter bezüglich der Fristen diverser Anträge im Steuerrecht – u.a. derjenigen nach § 27 Abs. 8 KStG – ist daher unerlässlich.

Denn bereits daran lässt das FG Köln den Antrag der Klägerin auf Bescheinigung einer Einlagenrückgewähr scheitern. Sie habe schon die Frist des § 110 Abs. 2 S. 1 AO von einem Monat versäumt – auf die genaue Aufklärung eines Organisationsverschuldens kam es für das FG daher gar nicht mehr an.

Die daneben gegen das Verfahren in § 27 Abs. 8 KStG in Stellung gebrachten Argumente aus dem Unionsrecht hat der BFH bereits in einer Nichtzulassungsbeschwerde aus dem Jahr 2018 beurteilt (BFH v. 27.2.2018 – I B 37/17, IStR 2018, 699). Insbesondere die in § 27 Abs. 8 S. 4 KStG enthaltene Ausschlussfrist verstößt danach nicht gegen den europarechtlichen „Effektivitätsgrundsatz“ bzw. das „Äquivalenzprinzip“. Dem hat sich das FG in seinem Urteil angeschlossen.

 

 

Praxishinweise:

  • Ohne erfolgreichen Antrag nach § 27 Abs. 8 KStG kommt die Fiktion (Annahme) seines Satzes 9 zur Anwendung: Soweit Leistungen nach § 27 Abs. 8 S. 1 KStG nicht gesondert festgestellt worden sind, gelten sie als Gewinnausschüttung, die beim Anteilseigner u.a. zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. Diese sind dann entweder der Abgeltungsteuer des § 32d EStG, dem Teileinkünfteverfahren des § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b KStG zu unterwerfen. Mit erfolgreichem Antrag wären sie hingegen nicht steuerbar und würden die Anschaffungskosten des Anteilseigners mindern (EStH 20.2 „Einlagenrückgewähr“).
  • Mit Blick auf beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften außerhalb der EU gibt es gar keine gesetzliche Regelung. Lediglich § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG legt für den Empfänger der Ausschüttung unterschiedslos fest, dass Bezüge nicht zu den Einnahmen gehören, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG als verwendet gelten. Daher gesteht der BFH auch einer Drittstaatengesellschaft die Möglichkeit zu, eine Einlagenrückgewähr zu leisten (BFH v. 10.4.2019 – I R 15/16, IStR 2019, 825).
  • Für Steuerberater bzw. Unternehmen ist insbesondere die Frage entscheidend, in welchem Verfahren sie einen vermeintlichen Verstoß gegen Unionsrecht geltend machen müssen. Eine Klärung unionsrechtlicher Fragestellungen des § 27 Abs. 8 KStG im Rahmen der Veranlagung des Anteilseigners hat der BFH abgelehnt (BFH v. 27.10.2020 – VIII R 18/17, DStR 2021, 279). Jedenfalls das ist im Verfahren vor dem FG Köln richtig gelaufen! Es steht übrigens im Widerspruch zur Situation bei Kapitalgesellschaften in Drittstaaten, bei denen der deutsche Anteilseigner die unionsrechtlichen Themen bei seiner Veranlagung vorbringen kann.

 

 

Dr. Martin Weiss, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht, Dipl.-Kfm., Verlag C.H.BECK, München

 

BC 2/2022

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