FG Köln, Urteil vom 3.12.2014, 13 K 2447/11 (Revision zugelassen)
„Rechtsgefühl und Rechtslage laufen zuweilen und auch im Urteilsfall auseinander“ – so das FG Köln in einer aktuellen Urteilsbegründung. Dabei ging es um die Frage, ob es durch eine Wertaufholung zu einer doppelten Gewerbesteuerbelastung kommen kann und darf.
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Problemstellung
Eine Holdinggesellschaft nahm im Jahresabschluss 1989 eine Teilwertabschreibung auf eine Beteiligung vor. Aufgrund der damals gültigen Gesetzeslage minderte die Abschreibung lediglich den körperschaftsteuerlichen Gewinn. Bei der Ermittlung der Gewerbesteuer durfte die Teilwertabschreibung nicht berücksichtigt werden.
Im Jahr 2003 kam es bei der Beteiligung zu einer Teilwertaufholung. Diese basierte auf einer substanzwertorientierten Bewertung und stand nicht im Zusammenhang mit den im Jahr 2003 erzielten Gewinnen. Die Teilwertaufholung wurde unstreitig gewinnerhöhend bei der Ermittlung der Körperschaftsteuer berücksichtigt, nicht jedoch bei der Ermittlung der Gewerbesteuer.
Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung kam das Finanzamt zu dem Schluss, die Wertaufholung müsse auch den Gewerbeertrag erhöhen.
Die Holdinggesellschaft führte dagegen an, die einstmalige Abschreibung habe den Gewerbeertrag nicht gemindert. Im Sinne des objektiven Nettoprinzips dürfe die Wertaufholung daher nun auch nicht den Gewerbeertrag erhöhen. Der § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG – in der aktuellen Fassung § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG – ist hier gewerbesteuerlich auszulegen.
Lösung
Das Finanzgericht (FG) Köln widerspricht der Auffassung der Klägerin. Die Wertaufholung erhöht unstreitig den körperschaftsteuerlichen Gewinn. Diese Rechtsfolge gilt auch für die Gewerbesteuer. Eine ausdrückliche Regelung, die eine solche Rechtsfolge ausschließen würde, gibt es nicht. Dem in der Literatur aufgebrachten Vorschlag einer parallelen Gewerbesteuerbilanzierung („gewerbesteuerliche Schattenbilanz“) erteilt das FG Köln mangels Rechtsgrundlage eine klare Absage.
Auch eine Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 2a GewStG oder durch umgekehrte Anwendung der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 10 GewStG kommt nicht in Betracht. Zwar liegt im Ausgangsfall eine Doppelbelastung des Steuerpflichtigen vor. Doch führt das FG Köln hier eine Reihe von BFH-Urteilen an, in denen eine Doppelbelastung für vertretbar angesehen wurde. Aus Sicht des FG Köln ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, bei Einführung eines Wertaufholungsgebots für jegliche Altfälle angemessene Übergangs- und Sonderregelungen zu schaffen.
Zur Abmilderung besonderer Härten kann hier auf die §§ 163, 227 AO zurückgegriffen werden. Dies liegt im Ermessen der Finanzverwaltung.
Das deutsche Steuerrecht wird immer umfangreicher und komplexer. Änderungen einzelner Vorschriften können dabei ungeahnte Konsequenzen auf andere Steuersachverhalte haben. Steuerpflichtige müssen sich daher vermehrt mit Gesetzentwürfen befassen und analysieren, wie sich diese auf sie auswirken könnten. Kommt es zu einer Doppelbelastung o.Ä., sollten die entsprechenden Einwände noch im laufenden Gesetzgebungsverfahren geltend gemacht werden. Dabei ist es mitunter schwierig zu erahnen, welche Gesetze sich auf Bilanzierung und Besteuerung auswirken. Aus dem Titel ist dies nicht immer ersichtlich, wie z.B. das Kroatien-Anpassungsgesetz gezeigt hat. Ein regelmäßiges Studium von Fachpresse und entsprechenden Newslettern ist daher angebracht. |
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Lead Auditor Europe in der Internen Revision, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 3/2015
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