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Gewerbesteuer/Grunderwerbsteuer
   

Steuerfalle bei Share Deals

Holger Wandel

Gesetzliche Neuregelung durch das JStG 2022

 

Neben vorherigen grundlegenden Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes, mit denen insbesondere auch die steuerneutrale Umgehung von sog. Share Deals (Anteilserwerb) vermieden werden soll, wurden im Nachgang im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) verfahrensrechtliche Vorschriften zur Grunderwerbsteuer bei Share Deals modifiziert. Entsprechende Gestaltungen bedürfen sorgfältiger Abwägungen, um nicht in eine Steuerfalle zu tappen.

 


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Für Grundbesitz haltende Kapitalgesellschaften ergeben sich bei einem Verkauf von Unternehmensanteilen (Share Deal) grundsätzlich zwei Anknüpfungspunkte bezüglich des in der Gesellschaft befindlichen Grundvermögens, die Grunderwerbsteuer (GrESt) auslösen können:

(1) Der Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts (sog. Signing) löst regelmäßig Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 bzw. Abs. 3a GrEStG aus.

(2) Das Erfüllungsgeschäft (sog. Closing) löst regelmäßig den Tatbestand des § 1 Abs. 2 bzw. des Abs. 2a/2b GrEStG aus.

Gesetzlich ist geregelt, dass § 1 Abs. 2 bzw. Abs. 2a GrEStG Vorrang vor § 1 Abs. 3 GrEStG hat. Dies bedeutet eigentlich: In diesen Fällen sollte Grunderwerbsteuer grundsätzlich nur für den Closing-Tatbestand festgesetzt werden. Allerdings geht die Finanzverwaltung davon aus, dass es sich bei den Vorschriften zum Signing-Tatbestand und zum Closing-Tatbestand um parallel anwendbare Grunderwerbsteuer-Tatbestände handelt, sofern – was in der Praxis weit überwiegend der Fall ist – das Signing und das Closing zeitlich nicht zusammenfallen. Bei vorbehaltloser Anwendung dieser Auffassung würde bei Share Deals Grunderwerbsteuer grundsätzlich somit doppelt anfallen.

Allerdings wurde dieses nicht neue Problem bislang in der Praxis insoweit gelöst, als die Grunderwerbsteuer für den Signing-Tatbestand vonseiten der Finanzverwaltung nur dann festgesetzt wurde, wenn das Closing nicht innerhalb von einem Jahr seit Kenntnisnahme der Verwaltung erfolgte. Gleichwohl ist zu bedenken, dass es sich hierbei (Gleichlautender Ländererlass vom 10.5.2022, BStBl. I 2022, 821) lediglich um eine Verwaltungsanweisung handelt und nicht um eine gesetzliche Regelung.

 

 

Lösung

Der Gesetzgeber hat nunmehr im Rahmen des JStG 2022 eine sehr formalistische Lösung für das oben genannte Problemfeld geschaffen: Mit der Einführung des § 16 Abs. 4a GrEStG wurde die Aufhebung des Grunderwerbsteuer-Tatbestands für den Signing-Sachverhalt gesetzlich angeordnet, wenn es zum Closing der Transaktion und damit zum grunderwerbsteuerbaren Tatbestand des § 1 Abs. 2a oder Abs. 2b GrEStG gekommen ist. Hiernach soll Grunderwerbsteuer beim Share Deal also grundsätzlich nur einmal anfallen. Sollte zuvor für den Signing-Tatbestand bereits Grunderwerbsteuer festgesetzt worden sein, wäre diese aufzuheben.

Sehr problematisch ist für die Praxis allerdings die weitere Voraussetzung des Satzes 2 in § 16 Abs. 5 GrEStG, der ebenfalls durch das JStG 2022 eingeführt wurde. Danach wird die Grunderwerbsteuer für den Signing-Tatbestand nur dann rückwirkend aufgehoben, wenn die mit dem Signing verbundenen Meldepflichten rechtzeitig und vollständig erfüllt worden sind. Sollte beispielsweise eine vollständige Anzeige des grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgangs nicht innerhalb von zwei Wochen nach dem Signing beim Finanzamt eingegangen sein, droht auch nach der neuen Gesetzeslage eine doppelte Grunderwerbsteuer fällig zu werden.

 

 

Praxishinweise:

  • Da es sich in diesem Fall meist um hochpreisige Immobilien im Betriebsvermögen handelt, besteht hier das latente Risiko hoher sechsstelliger Steuerforderungen.
  • Sofern bei den erworbenen Gesellschaften Grundvermögen vorhanden ist, ist zwingend darauf zu achten, dass die Meldefristen von zwei Wochen eingehalten werden. Dies stellt die Praxis insbesondere vor die Herausforderung, dass bei einem Share Deal der Erwerber verpflichtet ist, die Meldung abzugeben, obwohl oftmals zu diesem Zeitpunkt die notwendigen Informationen nicht in ausreichendem Detaillierungsgrad vorhanden sind. Insoweit ist es wichtig, die Problematik bereits im Zuge der Kaufpreisverhandlungen zu adressieren, um die Fristen einhalten zu können.

 

Dipl.-Betriebsw. StB Holger Wandel, Geschäftsführender Gesellschafter, PKF Wulf Niggemann Wandel GmbH & Co. KG, Rottweil

 

BC 6/2023

BC2023623

 

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