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Gesetzesbeschlüsse/-entwürfe

  

Abbau von Bürokratielasten und Steuernachteilen

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Wesentliche Impulse anlässlich der Münchner Steuerfachtagung vom 20./21.3.2024

 

Zunehmende Bürokratielasten ersticken die notwendige Innovationsfreudigkeit im Mittelstand. Im internationalen Vergleich zu hohe Steuerbelastungen verschärfen das Problem. Das ehemals so ambitionierte Wachstumschancengesetz wird mittlerweile selbst von der Wissenschaft als WC-Gesetz bespöttelt.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die deutsche Wirtschaftspolitik wird inzwischen mehrheitlich (54%) von Unternehmern als Standortnachteil Nr. 1 gesehen – das gab es noch nie. So brachte Prof. Klaus Josef Lutz in seiner Eröffnungsrede anlässlich der 63. Münchner Steuerfachtagung am 20.3.2024 die aktuell dramatischen Besorgnisse um die Zukunft der deutschen Wirtschaft auf den Punkt. Im Mittelpunkt standen vor ca. 500 Gästen Themen des Mittelstands. Für ihn als Präsident der IHK für München und Oberbayern steht nicht weniger als die heutige „nachhaltig soziale Marktwirtschaft“ auf dem Spiel. Die gefühlte politische Stimmung sei ein Desaster ohnegleichen.

 

 

Lösung

Erforderlich ist für Lutz – er stand noch unter dem Eindruck von am Vorabend geführten persönlichen Gesprächen mit jungen Gründern – eine Wirtschaftspolitik, die Innovationen entfesselt. Vor allem verlangt das nach einer massiven Ent- und Debürokratisierung, gepaart mit Investitionen in die Infrastruktur. Hier bedarf es seiner Ansicht nach technologischer „Leuchtturmprojekte“ als entscheidendes Mittel, das eine Fülle von Folgeinvestitionen nach sich zieht. Leistung müsse vor Umverteilung stehen. Das könne dann auch vor dem Wegzug der Unternehmen in das Ausland schützen, zumal auch anderweitig bürokratische Hemmnisse wachsen (konkrete Beispiele aus seinem Erfahrungsbereich betreffen Polen und Montenegro).

Nach von Lutz zitierten Umfrageergebnissen sagen in Deutschland 64% der befragten Unternehmen, dass die freie Entfaltung der unternehmerischen Tätigkeiten viel zu sehr eingeschränkt sei:  Wirtschaftspolitik wird von 54% mittlerweile als Standortnachteil Nr. 1 gesehen. Eine solch hohe Quote habe es noch nie gegeben, was auch schon an mangelnden Investitionen während der Merkel-Regierung liege.

Das aktuell auf der Zielgeraden befindliche Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV, vgl. dazu im BC-Newsletter jüngst zum Regierungsentwurf vom 13.3.2024) bringe nur Entlastungen von 900 Mio. €, neue Anforderungen – wie z.B. verursacht durch das Lieferkettengesetz und die Nachhaltigkeitsberichterstattung – bringen aber 3,8 Mrd. € Belastungen, also per Saldo fast 3 Mrd. € zusätzliche Bürokratiekosten.

Ferner beklagte Lutz, dass der Sozial-Status von Unternehmertum stark gesunken sei. Diffamierungen wie „Turbo-Kapitalismus“ müsse entschieden entgegengetreten werden. Freies Gestalten durch (Jung-)Unternehmer müsse mehr gefördert werden – zwar im Rahmen von politisch zu setzenden Leitplanken, aber aktuell schnüre insbesondere die europäische Green-Deal-Kultur (gemeint sind insbesondere die Taxonomie-Anforderungen im Rahmen der Berichterstattung) Unternehmer weit übermäßig ein.

Ergänzt wurde diese Einführung durch einen Vortrag über „Steuerliche Hindernisse für deutsche Unternehmen auf den Weltmärkten“ von Prof. Dr. Deborah Schanz (Vorstand des Instituts für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, LMU, München). Sie verglich Nominalsteuersätze von Kapitalgesellschaften 2023; beziffert wurde ein durchschnittlicher Nominalsteuersatz in Deutschland von 29,9%. Fast überall gilt in den führenden Industrieländern ein niedrigerer Nominalsteuersatz von im Durchschnitt ca. 25%. Deutschland habe die Chance verpasst, hier gleichzulaufen. Spitzensteuersätze auf Gewinne von Einzelunternehmern und Personengesellschaften 2022/2023 gab sie für Deutschland mit 47,5% an; international liegen viele Staaten deutlich niedriger, so die Schweiz und insbesondere die USA, China. Österreich und Frankreich nehmen mit 55% die Spitzenplätze ein. Von Professorin Schanz näher ausgeführte Vergleiche der Forschungsförderung, der Verlustverrechnungsmöglichkeiten und besondere Steuerhemmnisse bei internationaler Tätigkeit deutscher Unternehmen zeigten in vielerlei Hinsicht Gegensteuerungsbedarf auf: so insbesondere auch hinsichtlich der Gewerbesteuer, die eigentlich grundsätzlich nur inländische Sachverhalte erfasst, aber dennoch auch ausländische Einkünfte im inländischen steuerpflichtigen Gewerbeertrag einbezieht (Beispiele: Lizenzen, Zinsen, Streubesitzdividenden).

 

 

Praxishinweise:

  • Selbstverständlich wurde in München auch auf das Wachstumschancengesetz (zum aktuellen Stand siehe BC 2024, 96 ff., Heft 3) eingegangen, ein ehemals sehr ambitioniertes Gesetzesvorhaben (es zielt ja, so betonte der Referent Lutz, auf Wachstum und Chancen ab, also gleich zwei Themenfelder, die Unterstützung verdienen). Die dem Vortrag von Deborah Schanz zugrunde liegende Studie ist unter www.vbw-bayern.de/steuerliche_hemmnisse abrufbar. Die Steuerrechtsexpertin bedauerte – wie zuvor auch Lutz – sehr, dass dieses Gesetz so zusammengeschrumpft ist, dass es mittlerweile zweideutig mit dem Kürzel WC-Gesetz belegt werde.
  • In einem daran anschließenden Vortrag zum Beratungsfeld „Unternehmensnachfolge“ wurde ebenfalls betont, dass von dem ursprünglichen Wachstumschancengesetz „nur eine Hülse geblieben ist“. Dr. Iring Christopeit (als zertifizierter Berater für Unternehmensnachfolge tätig, Peters, Schönberger & Partner, München) setzte sich auch besonders dafür ein, Bürokratie abzubauen, um Unternehmertum wettbewerbsfähig und attraktiv zu machen. Er wies darauf hin, dass die steuerliche Optimierung nach wie vor ein zentrales Anliegen in der Nachfolgeberatung sei. Allerdings habe sich in den letzten Jahren die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten als ein weiterer Trend herausgebildet: Immer mehr Mandanten legen Wert darauf, dass ihre Nachfolgeplanung umweltfreundlich und sozial verantwortlich gestaltet wird (mehr dazu demnächst an dieser Stelle).
  • Dabei könnte auch ein IHK-Ratgeber helfen, über den parallel im BC-Newsletter vom 21.3.2024 berichtet wird
  • Bürokratieabbau, Steuervereinfachungen und Nachhaltigkeit sowie das hier ausgesparte Thema „KI-Einsatz“ werden die Fachwelt sicher auch im nächsten Jahr beschäftigen: Die 64. Münchner Steuerfachtagung ist für den 26./27.3.2025 terminiert.

 

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

 

BC 4/2024

BC20240414

 

 

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