CHB_RSW_Logo_mit_Welle_trans
JuS_Logobasis_Linsenreflex
Menü

Gesetzesbeschlüsse/-entwürfe

  

Wachstumsbeschleunigungsgesetz verabschiedet

Dr. Ansas Wittkowski und Ernst Maier-Siegert

Beschluss des Bundesrates vom 18.12.2009 (BR-Drs. 865/05)

Basierend auf dem Koalitionsvertrag vom 26.10.2009 hat die neue Bundesregierung mit dem „Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums“ eine erste Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht, die auch das Unternehmensteuerrecht betrifft. Die Neuregelungen werden hier komprimiert vorgestellt.

 

 

Gegenstand der Änderung

Rechts-grundlagen

Geplanter Zeitpunkt des Inkrafttretens

Einkommensteuer

Zinsschranke:

  • Aufhebung der zeitlichen Befristung der mit dem BürgEntlG KV eingeführten Verbesserung durch die Erhöhung der Freigrenze von 1 Mio. € auf 3 Mio. €. Im Klartext: Die höhere Freigrenze soll auch ab 2010 dauerhaft bleiben.
  • Einführung eines Vortrags des steuerlichen EBITDA bei der Zinsschranke rückwirkend ab dem Jahr 2007 für einen Zeitraum von jeweils 5 Jahren. Ziel: Verstetigung des Zinsabzugs für die Unternehmen auch bei Konjunkturschwankungen.
  • Verbesserung der Anwendung der sog. Escape-Klausel bei der Zinsschranke für Konzerne: Anhebung der Toleranzgrenze bei Vergleich der Eigenkapitalquote des (konzernzugehörigen) Betriebs mit der des Konzerns von bislang 1% auf 2%.
    Die Escape-Klausel besagt: Die Zinsschranke ist nicht anwendbar, wenn die Eigenkapitalquote des (zu einem Konzern gehörenden) Betriebs am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns.

Zur Anwendung der Zinsschranke vgl. Dörfler/Wittkowski, BC 12/2008, S. 313 ff.

 

 

Praxishinweis zum EBITDA:

Im Rahmen der Zinsschranke sind Zinsaufwendungen bis zur Höhe der Zinserträge (Zinssaldo) und darüber hinaus in Höhe von 30% des steuerlichen EBITDA abzugsfähig. EBITDA = „earnings before interest, taxes, depreciation and amortization“; das bedeutet „Ertrag vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände“.

Mit dem nunmehr vorgesehenen Vortrag können Unternehmen den für ihren Zinsabzug nicht genutzten Teil des EBITDA auf künftige Jahre (begrenzt auf 5 Jahre) vortragen. Der jeweils älteste EBITDA-Vortrag ist dabei zuerst zu verbrauchen. Ein bis zum Ende des fünften Wirtschaftsjahres nach Entstehen noch nicht verbrauchter EBITDA-Vortrag verfällt.

Ein EBITDA-Vortrag erhöht sich nur dann, wenn der Betrieb in dem betreffenden Wirtschaftsjahr nicht aufgrund von § 4h Abs. 2 EStG von der Anwendung der Zinsschranke ausgenommen ist (sog. Escape-Klausel).

Die Neuregelung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anwendbar, die nach dem 31.12.2009 enden.

 

 

§ 4h, § 52 Abs. 12d Satz 3 EStG

 

 

 

§ 4h Abs. 1 Satz 3, § 52 Abs. 12d Sätze 4 und 5 EStG

 

§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 2, § 52 Abs. 12d Satz 4 EStG

1.1.2010

Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG): Einführung eines Wahlrechts zwischen

  • der früheren Rechtslage einer Sofortabschreibung für Geringwertige Wirtschaftsgüter bis 410 € und
  • der geltenden Regelung der Poolabschreibung (Sammelposten) für alle Wirtschaftsgüter zwischen 150 € und 1.000 €.

 

 

Praxishinweis:

·Betroffen von diesem Wahlrecht sind selbstständig nutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2009 erworben oder hergestellt werden.

  • Wird die Sofortabschreibung für GWGs in Höhe von 410 € gewählt, ist zu beachten: Überschreiten die Wirtschaftsgüter den Wert 150 € (netto), sind diese in einem laufend zu führenden Verzeichnis aufzunehmen mit folgenden Mindestangaben:
    – Tag der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs und
    – Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder gemeiner Wert (z.B. bei Einlagen).
    Das Verzeichnis braucht nicht geführt zu werden, wenn diese Angaben aus der Buchführung ersichtlich sind.
  • Weitere Praxishinweise (mit Handlungsempfehlungen) zur Nutzung des neuen GWG-Wahlrechts gibt Jüttner in BRZ 12/2009, S. 545 ff.

 

§ 6 Abs. 2 und 2a, § 9 Abs. 1, § 52 Abs. 16 und 23d EStG

1.1.2010

Erbschaft- und Schenkungsteuer

  • Herabsetzung der erforderlichen Mindestlohnsumme, die ein Betrieb einhalten muss, um die Verschonung für Betriebsvermögen von der Erbschaftsteuer ungekürzt erhalten zu können. Ziel: Erhaltung der betrieblichen Arbeitsplätze beim Übergang von Unternehmen.
  • Verkürzung der Zeiträume (Verschonungsweg 1: von 7 auf 5 Jahre; Verschonungsweg 2: von 10 auf 7 Jahre), innerhalb denen das Unternehmen zur Vergünstigungsunschädlichkeit weitergeführt werden muss (Behaltenszeitraum).

 

 

Praxishinweis:

Bei der Übertragung von Unternehmensvermögen in Deutschland und jetzt auch im EU/EWR-Raum müssen sich Firmenerben zwischen zwei Möglichkeiten unwiderruflich entscheiden:

  • Bei Wahl der Option A (Verschonungsweg 1) wird der Steuerwert des Unternehmens um einen Verschonungsabschlag von 85% reduziert, wenn der Betrieb 7 Jahre (ab 2010: 5 Jahre) fortgeführt wird. Auf die verbleibenden 15% wird noch zusätzlich ein Betrag in Höhe von 150.000 € in Abzug gebracht, der allerdings bei einem Unternehmenswert ab 3 Mio. € entfällt (sog. Handwerkerklausel). Die Lohnsumme des Unternehmens muss in diesem Zeitraum insgesamt mindestens 650% (alt) – nach der geplanten Neuregelung 400% – der Ausgangslohnsumme betragen haben. Bei dieser Option darf das sog. Verwaltungsvermögen im Zeitpunkt der Übertragung nicht mehr als 50% des Unternehmenswertes ausmachen.
  • Option B (Verschonungsweg 2) sieht eine 100%ige Befreiung von der Erbschaftsteuer vor, wenn das Unternehmen über 10 Jahre (ab 2010: 7 Jahre) weitergeführt wird und die Lohnsumme in diesem Zeitraum insgesamt mindestens 1.000% – nach dem Gesetzentwurf nunmehr 700% – der Ausgangslohnsumme betragen hat. Das Verwaltungsvermögen darf in dieser Variante jedoch nur 10% des Unternehmenswertes ausmachen.

 

§ 13a, § 19 Abs. 1, § 19a Abs. 1 ErbStG

Rückwirkend für nach dem 31.12.2008 entstandene Erwerbe

Absenkung der Steuerbelastung für Geschwister und Geschwisterkinder (Steuerklasse II) durch einen neuen Steuertarif auf 15% bis 43%.

 

§ 19 Abs. 1 ErbStG

1.1.2010

Gewerbesteuer

Reduzierung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen: Der Finanzierungsanteil bei Mieten und Pachten für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern soll ab dem Erhebungszeitraum 2010 von 65% auf 50% herabgesetzt werden.

Zu Anwendungsfragen bei der Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer vgl. Barzen, BC 12/2008, S. 317 ff.

 

§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG

1.1.2010

Grunderwerbsteuer

Aufnahme einer grunderwerbsteuerlichen Umwandlungs- und Konzernklausel: Dadurch soll die Umstrukturierung Unternehmen erleichtert werden, wenn es sich um eine Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung handelt. Folge: Die Grunderwerbsteuer wird in diesen Fällen nicht erhoben. Die Begünstigung erstreckt sich sowohl auf Umwandlungen inländischer Unternehmen als auch innerhalb der EU/EWR.

Nicht begünstigt bleiben Einbringungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge (z.B. § 6 Abs. 5 Nr. 3 EStG) sowie Formwechsel.

 

 

Praxishinweis:

  • Bislang unterlagen Grundstücks- oder Anteilsübertragungen im Rahmen bestimmter betrieblicher Umstrukturierungen selbst dann der Grunderwerbsteuer in Höhe von 3,5% (z.B. im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG), wenn sich die Beteiligungsverhältnisse mittelbar nicht verändern.
  • Die Neuregelung ist auf konzerninterne Umwandlungen beschränkt. Gemeint sind Umwandlungsvorgänge, bei denen ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Eine Gesellschaft gilt als abhängig, wenn das herrschende Unternehmen an dem Kapital der Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang (sog. Vorbehaltensfrist) und fünf Jahre nach dem Rechtsvorgang (sog. Nachbehaltensfrist) unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 95% ununterbrochen beteiligt ist.

    Die fünfjährige Vorbehaltensfrist sowie die fünfjährige Nachbehaltensfrist beziehen sich damit nicht auf das jeweilige Grundstück, sondern auf die mindestens 95%ige Beteiligung an der jeweiligen an der Umwandlung beteiligten abhängigen Gesellschaft.

 

§ 6a GrEStG

1.1.2010

Körperschaftsteuer

Aufhebung der zeitlichen Beschränkung der körperschaftsteuerlichen Sanierungsklausel.

 

 

Praxishinweise:

  • Zur Bewältigung der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise wurde die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG mit Abs. 1a im Rahmen des BürgEntlG KV um eine Sanierungsklausel ergänzt. Hierdurch bleiben die Verlustvorträge im Sanierungsfall (trotz Unternehmensbeteiligungen von Investoren) erhalten. Diese Sanierungsklausel wurde auf Anteilsübertragungen begrenzt, die nach dem 31.12.2007 und vor dem 1.1.2010 erfolgen (vgl. hierzu ausführlich Wittkowski/Hielscher, BRZ 9/2009, S. 421 ff.).
  • Das neue Regelwerk sieht nunmehr vor: Diese Sanierungsklausel, die den Verlustabzug entgegen dem § 8c Abs. 1 KStG erlaubt, wenn damit Unternehmen saniert bzw. Arbeitsplätze gerettet werden können, gilt unbefristet.
  • Voraussetzung: Die drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens muss zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs nachgewiesen werden.

 

  • § 8c Abs. 1a, § 34 Abs. 7c KStG

1.1.2010

Zulässigkeit des Verlustabzugs bei bestimmten konzerninternen Umgliederungen (sog. „Konzernklausel“). Erhalten bleiben hierbei die Verlustvorträge von konzerninternen Beteiligungserwerben, die nach dem 31.12.2009 erfolgen.

 

 

Praxishinweis:

Nach dem Gesetzentwurf greift die Konzernklausel, wenn an dem übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person zu 100% mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist.

Die Regelung greift dagegen nicht, wenn neue Gesellschafter hinzutreten oder konzernfremde Gesellschafter beteiligt sind; die Konzernklausel ist damit auf alle Fälle beschränkt, in denen die Verschiebung von Verlusten auf Dritte ausgeschlossen ist.

 

§ 8c Abs. 1 Satz 5 KStG

1.1.2010

Zulässigkeit des Verlustübergangs in Höhe der stillen Reserven zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs an Körperschaften (sog. Mantelkauf).

Durch die Neuregelung bleiben die nicht genutzten Verluste erhalten, soweit sie

– bei einem schädlichen Beteiligungserwerb (Übertragungen > 25% und ≤ 50% im Sinne des Satzes 1 von § 8c Abs. 1 KStG) die anteiligen und

– bei einem schädlichen Beteiligungserwerb (Übertragungen > 50% im Sinne des Satzes 2 von § 8c Absatz 1 KStG) die gesamten

stillen Reserven des inländischen Betriebsvermögens der Körperschaft nicht übersteigen.

Bei der Ermittlung der stillen Reserven des Beteiligungserwerbs darf nur das Betriebsvermögen angesetzt werden, das der Körperschaft ohne steuerliche Rückwirkung zuzurechnen ist. Vermieden wird dadurch die Berücksichtigung zusätzlicher stiller Reserven durch rückwirkende Umwandlungen.

Hintergrund: Den Verlusten stehen insoweit die vorhandenen stillen Reserven gegenüber; ein zusätzliches Verlustverrechnungspotenzial geht nicht über. Die Bewertung der stillen Reserven erfolgt

– bei Beteiligungserwerben von > 25% und ≤ 50% der Anteile durch Gegenüberstellung des auf den erworbenen Anteil entfallenden steuerlichen Eigenkapitals der Körperschaft und dem gemeinen Wert der erworbenen Anteile;

– bei schädlichen Beteiligungserwerben von mehr als 50% durch Gegenüberstellung des gesamten steuerlichen Eigenkapitals der Körperschaft und dem gemeinen Wert aller Anteile.

Der gemeine Wert wird dabei in den Fällen des entgeltlichen Erwerbs im Regelfall dem gezahlten Kaufpreis entsprechen.

 

 

 

Praxishinweis:

Dies entspricht der derzeitigen Regelung in § 8c Abs. 2 KStG für Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften, die jedoch von der EU-Kommission als unerlaubte Beihilfe kürzlich nicht genehmigt worden ist. Der Bundesrat hat bereits in der Vergangenheit (Gesetzgebungsverfahren MoRaKG und BürgEntlG KV) Initiativen gestartet, eine solche Regelung als Ersatz für § 8c Abs. 1 KStG einzuführen, ist jedoch bislang am Bundestag gescheitert.

 

§ 8c Abs. 1 Sätze 6 und 7, § 34 Abs. 7b KStG

1.1.2010

Umsatzsteuer

Änderung des Ausnahmekatalogs für den ermäßigten Steuersatz von 7% (z.B. für Bücher/Zeitschriften, Lebensmittel, Saatgut, Blumen etc.).

Ab dem 1.1.2010 soll für Beherbergungsleistungen im Hotel- und Gastronomiegewerbe der Umsatzsteuersatz auf 7% ermäßigt werden; betroffen hiervon sind Umsätze des klassischen Hotelgewerbes, kurzfristige Beherbergungen in Pensionen, Fremdenzimmern und vergleichbaren Einrichtungen sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Der ermäßigte Steuersatz für Beherbergungsleistungen gilt nur für die unmittelbare Vermietungsleistung, nicht aber für übrige Leistungen, auch wenn diese mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind. Nicht von der Steuerermäßigung erfasst werden u.a. Verpflegungsleistungen wie Frühstück, der Zugang zu Kommunikationsnetzen, die TV-Nutzung, die Getränkeversorgung aus der Minibar, Wellnessangebote, Überlassung von Tagungsräumen usw., auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt der Beherbergung abgegolten sind. Für weitere Abgrenzungsfälle kündigte die Bundesregierung ein BMF-Schreiben an. Maßgebend für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (nach dem 31.12.2009) ist der Zeitpunkt der Ausführung der betreffenden Leistung (und nicht der Zeitpunkt der Rechnungsstellung oder Zahlung).

 

§ 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG

1.1.2010

 

 

 

StB Dr. Ansas Wittkowski, Senior Manager bei PricewaterhouseCoopers AG WPG (www.pwc.de) am Standort Bielefeld mit dem Arbeitsschwerpunkt steuerliche Beratung mittelständischer Unternehmen (E-Mail: ansas.wittkowski@de.pwc.com)

Ernst Maier-Siegert (BRZ-Redaktion)

 

Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist am 30.12.2009 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I 2009, S. 3950) verkündet worden und damit rechtzeitig zum Jahreswechsel in Kraft getreten.

 

Heft 1/2010

becklink295318

Rubriken

Menü

Anzeigen

BC Newsletter

beck-online Bilanzrecht PLUS

Menü