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Gesetzesbeschlüsse/-entwürfe

  

(Voraussichtliche) befristete Beibehaltung des Status Quo in der Grunderwerbsteuer

Edeltraud Schmid

 

Ausgangsfragen:

Welche Auswirkungen hat das neue Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) auf die Grunderwerbsteuer? Was regelt hierzu das noch nicht verabschiedete Wachstumschancengesetz? Empfiehlt sich eine Übertragung von Grundstücken noch in 2023?


 

Praxis-Info!

 

1. MoPeG streicht „Gesamthand“ aus Gesellschaftsrecht

Durch das am 1.1.2024 in Kraft tretende Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) vom 10.8.2021 wird der Begriff der „Gesamthand“ (Gemeinschaft zur gesamten Hand) im Gesellschaftsrecht aus dem Gesetz entfernt und ersatzlos gestrichen. Wie bei Kapitalgesellschaften erfolgt ab dem 1.1.2024 eine strikte Trennung der Vermögenssphären zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter.

Im Steuerrecht ist bislang geregelt, dass Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zugerechnet werden (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO).

 

 

2. Anpassung des Grunderwerbsteuergesetzes derzeit nicht vorgesehen

Problem: Die Befreiungen bei der Grunderwerbsteuer knüpfen an den Begriff „Gesamthand“ und nicht an den Begriff „Personengesellschaft“ oder „KG“ an.

Aktuell sind von der Grunderwerbsteuer befreit:

  • Übergang eines Grundstücks von einem oder mehreren Gesamthändern auf die Gesamthand (§ 5 GrEStG)
  • Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf einen oder mehrere Gesamthänder (§ 6 Abs. 1, 2 GrEStG)
  • Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand bei Personenidentität ihrer Gesamthänder (§ 6 Abs. 3 GrEStG)
  • Flächenweise Teilung eines Grundstücks, das einer Gesamthand gehört (§ 7 Abs. 2 GrEStG).

 

 

3. Wachstumschancengesetz regelt steuerliche Folgen des MoPeG

Durch das geplante Wachstumschancengesetz, das sich derzeit noch in den parlamentarischen Beratungen befindet, wurde im Regierungsentwurf noch geregelt, dass sich durch die Abschaffung des Gesamthandsprinzips keine Änderungen bei der Besteuerung von Personengesellschaften ergeben sollen. Dies gelte insbesondere für die transparente Besteuerung von Personengesellschaften (Bundesregierung, Entwurf MoPeG, BR-Drs. 59/21, 114).

Es sind nur Regelungen für Ertragsteuern sowie die Schenkung- und Erbschaftsteuer enthalten – nicht jedoch für die Grunderwerbsteuer.

 

Vorsichtige Entwarnung:

Mit dem Beschluss des Bundestags vom 17.11.2023 zum Wachstumschancengesetz wurde zur Grunderwerbsteuer als „Überbrückungsregelung“ ein neuer § 24 GrEStG eingefügt (vgl. Art. 42 des Gesetzes):

„Rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14a Absatz 2 Nummer 2 der Abgabenordnung) gelten für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen“.

Allerdings gilt dieser § 24 GrEStG nur für das Jahr 2024 (Inkrafttreten am 1.1.2024, vgl. Art. 53 Abs. 5). Mit Ablauf des 31.12.2024 wird dieser wieder aufgehoben (vgl. Art. 43 i.V.m. Art. 53 Abs. 8 des Wachstumschancengesetzes).

 

 

4. Befreiung bei der Grunderwerbsteuer läuft ins Leere

Durch den Wegfall des Gesamthandsprinzips würde die Befreiung bei der Grunderwerbsteuer ins Leere laufen. Für eine weitere steuerfreie Anwendung (ab 2025) fehlt derzeit die Rechtsgrundlage. Der Gesetzgeber will im Laufe des Jahres 2024 den Anpassungsbedarf bei der Grunderwerbsteuer prüfen.

Andernfalls wären Übertragungen von Immobilien zwischen Gesellschafter und Personengesellschaft ab 1.1.2025 – vorausgesetzt es kommt zu einer Zustimmung des Gesetzesbeschlusses des Bundestags durch den Bundesrat (!) – nicht mehr grunderwerbsteuerneutral durchzuführen.

Klargestellt wurde jedenfalls in einer Gegenäußerung der Bundesregierung vom 26.10.2023 (BT-Drs. 20/9006), dass laufende Nachbehaltensfristen aufgrund des MoPeG mit Ablauf des 31.12.2023 nicht verletzt werden.

 

 

Hinweis zu Nachbehaltensfristen:

 

Die Steuerbefreiungen zur Grunderwerbsteuer (§ 5, 6 GrEStG) setzen voraus, dass sich die relevanten Beteiligungsverhältnisse – je nachdem, wann die Übertragung erfolgte – über 5 bzw. 10 Jahre (15 Jahre in besonderen Fällen) nicht verändern.

Durch die Gegenäußerung ist nun klargestellt, dass aufgrund des Wegfalls der „Gesamthand“ (im Zuge der MoPeG-Neuregelung) bestehende Fristen nicht beendet werden oder Steuerschädlichkeit eintritt.

 

 

 

Die Unsicherheit bleibt:

Frühestens am 24.11.2023 wird der Bundesrat über das Wachstumschancengesetz entscheiden. Dies betrifft auch die „Überbrückungsregelung“ zur Grunderwerbsteuer bei Personengesellschaften für das Jahr 2024 (gemäß § 24 GrEStG, siehe oben). Wird der Vermittlungsausschuss angerufen, ist noch dessen Ergebnis abzuwarten – und ob dann der Bundesrat am 15.12.2023 dem aufgrund des Vermittlungsergebnisses angepassten Wachstumschancengesetz seine Zustimmung erteilen wird.

 

 

5. Geplante Übertragungen noch im Jahr 2023 durchführen

Soweit eine Übertragung eines Grundstücks auf eine (vermögensverwaltende) KG geplant ist, empfiehlt es sich, diese noch im Jahr 2023 durchzuführen, da hier die Befreiungstatbestände für „Gesamthand“ definitiv noch gelten.

Es könnte jedoch noch das Risiko einer sogenannten unechten Rückwirkung bestehen. Dies wäre der Fall, wenn im Grunderwerbsteuergesetz ein Stichtag eingefügt wird (z.B. ab erstmaliger Veröffentlichung des Gesetzentwurfs), bis wann die Gestaltungen gelten. Dies war z.B. in der Vergangenheit in seltenen Fällen der Fall, um missbräuchliche Regelungen zu begrenzen. Im Fall des MoPeG erscheint dies unwahrscheinlich, da es sich bei Übertragungen von Grundstücken und Gesamthand um seit Längerem gesetzlich geregelte und zulässige Gestaltungen handelt.

 

 

Praxishinweis:

 

Innerhalb von 2 Jahren können Erwerbsvorgänge mit steuerlicher Wirkung und ohne Angaben von Gründen für die Grunderwerbsteuer rückabgewickelt werden.

Falls also der Gesetzgeber demnächst doch noch eine Neuregelung bei der Grunderwerbsteuer für Übertragungen von Grundstücken auf Personengesellschaften schaffen sollte – und diese steuervorteilhafter wäre –, könnte eine Rückabwicklung erfolgen. Dies gilt auch für den gegenteiligen Fall der unechten Rückwirkung, falls durch die Übertragung Grunderwerbsteuer ausgelöst werden würde.

 

 

Edeltraud Schmid, Dipl.-Kffr., Steuerberaterin; Beraterin bei Bavaria Tax GmbH, einem Unternehmen des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen e. V., München

 

 

 BC 12/2023

 BC20231221

 

 

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