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Einkommen-/Lohnsteuer
   

Betriebsveranstaltungen – Fest für alle, aber ohne Katerstimmung für den Arbeitgeber!

Katharina Mönius und Katharina Mönius

BSG Urt. v. 23.4.2024 – B 12 BA 3/22 R

 

Das Bundessozialgericht (BSG) setzt sich in den Entscheidungsgründen eines aktuellen Urteils mit den sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen einer nachträglichen Pauschalbesteuerung des steuerpflichtigen Anteils von Zuwendungen des Arbeitgebers im Rahmen einer Betriebsveranstaltung auseinander. Im Ergebnis ergibt sich: Bereits entrichtete Steuern sind nicht gleich Beitragsrecht! Oder anders: Die nachträgliche Pauschalversteuerung kann den Arbeitgeber (sozialversicherungsrechtlich) teuer zu stehen kommen.


 

Praxis-Info!

Weihnachtsfeier, Betriebsausflug, Grillfest und Co. – Betriebsveranstaltungen gehören zu den gängigsten Benefits, die ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern bietet, um etwa Teamgefühl, Motivation und Zufriedenheit der Arbeitnehmer zu steigern. Was gerne übersehen wird: Die korrekte (lohn)steuer- und sozialversicherungsrechtliche Abwicklung. Doch was genau ist hier bei Betriebsveranstaltungen zu berücksichtigen, damit das fröhliche Fest nicht zur Katerstimmung beim Arbeitgeber führt? Hierzu wird etwa in einem neuen BSG-Urteil ausführlich Stellung genommen.

 

 

Was ist (lohn-)steuerrechtlich zu berücksichtigen, und welche zeitlichen Grenzen gibt es?

Eine Betriebsveranstaltung stellt steuerrechtlich eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene dar, die gesellschaftsrechtlichen Charakter hat und das Betriebsklima fördern soll, vgl. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EStG.

Die Grundlagen, Begrifflichkeiten, potenziell im Rahmen einer Betriebsveranstaltung anfallende Aufwendungen sowie die entsprechende (lohn-)steuerrechtliche Behandlung derartiger Aufwendungen wurden bereits in im Beitrag von Zwirner/Günther, „Steuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen“ in BC 2024, 495 f., Heft 11, erläutert.

 

 

Entscheidend zu wissen ist:

  1. Aufwendungen bis zu einem bestimmten Freibetrag (d.h. € 110,00 inkl. USt. pro teilnehmendem Arbeitnehmer) sind (lohn)steuerfrei, wobei der Freibetrag maximal zweimal jährlich, d.h. für zwei Betriebsveranstaltungen, in Anspruch genommen werden kann.
  2. Wird der Freibetrag überschritten, unterliegt der übersteigende Betrag der Lohnsteuer, wobei dieser allerdings (gemäß § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG) mit einem Steuersatz von 25% pauschal versteuert werden kann. Daneben sind hierauf Solidaritätszuschlag sowie Kirchensteuer vom Arbeitgeber als Steuerschuldner zu entrichten.

Wurde die (in der Praxis übliche) Pauschalversteuerung zunächst „versäumt“, ist steuerlich anerkannt, dass diese grundsätzlich noch rechtzeitig bis zur Ausstellung der Lohnsteuerbescheinigung des jeweiligen Kalenderjahres der Betriebsveranstaltung (vgl. § 41b EStG), spätestens also bis zum letzten Tag des Monats Februar des Folgejahres, vorgenommen werden kann. Endet das Arbeitsverhältnis im laufenden Kalenderjahr der Betriebsveranstaltung, endet die Frist mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres. Ein Übergangszeitraum existiert nicht. Die Durchführung der Pauschalversteuerung ist in der Regel praktisch aber auch noch zu einem späteren Zeitpunkt möglich.

Aus steuerlicher Sicht stellt die Lohnsteueranmeldung eine Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung dar. Damit können im Steuerrecht noch Änderungen bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgen. Die Frist beträgt mindestens vier Jahre und kann bei leichtfertiger Steuerverkürzung bzw. Steuerhinterziehung fünf bzw. zehn Jahre betragen.

 

 

Zieht das Sozialversicherungsrecht gleich? Jein, wie das BSG zuletzt erneut urteilte!

Sozialversicherungsrechtlich ist zunächst festzuhalten, dass die pauschal besteuerten Zuwendungen nicht als Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung zu qualifizieren sind und damit grundsätzlich keiner Beitragspflicht (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt – „SvEV“) unterliegen.

ABER: Aus der neueren sozialrechtlichen Rechtsprechung des 12. Senats des BSG (vgl. zuletzt BSG Urt. v. 23.4.2024 – B 12 BA 3/22 R) ergibt sich, dass es hierfür zeitliche Grenzen gibt! So wird in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht eine nachträgliche Pauschalbesteuerung im vorgenannten Sinne nur dann akzeptiert, solange eine Änderung des Lohnsteuerabzugs noch erfolgen kann (siehe oben). Nach Auffassung der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ist dies gleichzeitig die zeitliche Höchstgrenze für eine beitragswirksame nachträgliche Pauschalbesteuerung. Das heißt: Erfolgt die Pauschalversteuerung rechtzeitig, bleibt es bei der Sozialversicherungsfreiheit der Zuwendungen. Wird die nachträgliche Pauschalbesteuerung erst zu einem „späteren“ Zeitpunkt, d.h. nach Ablauf der zeitlichen Höchstgrenze durchgeführt, sind auf die jeweils nachträglich pauschal zu versteuernden Zuwendungen Sozialversicherungsbeiträge an die zuständigen Einzugsstellen abzuführen!

Diese deutliche Festlegung des BSG wurde auch bereits vorher in der Verwaltungspraxis der Sozialversicherungsträger entsprechend gehandhabt. Aus Sicht des BSG ist es nicht relevant, wenn etwa die Finanzämter (wie in der Praxis absolut üblich) auch außerhalb dieser Höchstgrenze eine Lohnsteuerpauschalierung noch akzeptieren. Das BSG bemisst der steuerrechtlichen Beurteilung durch die Finanzämter keine Tatbestandswirkung (Bindung) für das Beitragsrecht zu. Steuerrecht ist eben nicht gleich Beitragsrecht.

Zur konkreten Berechnung der nachzuzahlenden Beiträge führt das BSG in seinem aktuellen Urteil aus, dass die Versicherungs- und Beitragspflicht sowie die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge grundsätzlich personenbezogen je Arbeitnehmer zu ermitteln sind. Dies u.a. vor dem Hintergrund, dass Sozialversicherungsbeiträge zu individuellen Leistungsansprüchen der Versicherten (etwa Rente, Krankengeld etc.) führen. Dies führt in der Praxis regelmäßig zu sehr aufwendigen und umständlichen (Nach-)Berechnungen bei den betroffenen Arbeitgebern. Nur falls mangels Zuordnung und Dokumentation eine personenbezogene Ermittlung der Sozialversicherungsbeiträge je Arbeitnehmer sowie der konkreten Betriebsveranstaltung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Verwaltungsaufwand möglich ist, ist als „ultima ratio“ auch ein sog. Summenbeitragsbescheid auf der Grundlage der Summe der Entgelte möglich. Die Praxis zeigt, dass die Rentenversicherungsträger hier regelmäßig „kompromissbereit“ zugunsten der Arbeitgeber sind.

 

 

Was ist in der Praxis zu berücksichtigen?

In der Praxis ist es nicht unüblich, dass die Zuwendungen einer Betriebsveranstaltung den Freibetrag je teilnehmendem Arbeitnehmer übersteigen und der Faktor „Lohnsteuer“ schlichtweg übersehen wird, sodass eine (insbesondere rechtzeitige) Pauschalbesteuerung im zuvor genannten Sinne unterbleibt. Dies kann in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht zu erheblichen, nicht kalkulierten Folgen führen. Hier seien nicht nur die Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen genannt, sondern auch etwaige Säumniszuschläge, Bußgelder oder im „schlimmsten“ Fall: die Strafverfolgung der Geschäftsführung bei unterstelltem vorsätzlichem Vorenthalten von Beiträgen und/oder Steuerhinterziehung. Dabei schützt auch ein vorheriger „Deal“ zur verspäteten Pauschalbesteuerung mit dem Finanzamt nichts, wie die aktuelle Rechtsprechung des BSG zeigt.

Um hier Risiken von vornherein zu vermeiden, ist es unerlässlich, interne (Kontroll-)Strukturen zu schaffen, die mit der Lohnabrechnung betrauten Arbeitnehmer zu sensibilisieren, Aufwendungen von Betriebsveranstaltungen sauber zu dokumentieren (etwa Ausgaben, Teilnehmerlisten etc.), um so eine Pauschalversteuerung etwaiger Zuwendungen rechtzeitig innerhalb der zeitlichen Grenzen zu erreichen und die zuvor dargestellten Konsequenzen in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht zu vermeiden. Andernfalls kann die Betriebsveranstaltung ungeahnte und kostspielige Nachwirkungen mit sich bringen.

 

RAin Katharina Mönius, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht, Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

RAin Annika Rüttgers, Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München

 

 

BC 9/2025

BC20250915

 

 

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