CHB_RSW_Logo_mit_Welle_trans
JuS_Logobasis_Linsenreflex
Menü

Einkommen-/Lohnsteuer
   

Tantiemezahlungen an den Minderheitsaktionär als verdeckte Gewinnausschüttungen?

Christian Thurow

BFH Urt. v. 24.10.2024 – I R 36/22

 

Kann die Rechtsprechung zu GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern auf Vorstände einer AG, welche zugleich Minderheitsaktionäre sind, analog angewendet werden? In seinem Urteil macht der BFH klar, dass „Äpfel nicht einfach mit Birnen vergleichbar“ sind.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Ausgangsfall geht es um den alleinvertretungsberechtigten Vorstand einer Aktiengesellschaft, welcher gleichzeitig auch ein Minderheitsaktionär der AG ist. Der Aufsichtsrat bestand aus drei Personen. Der Vorstandsvertrag sah unter anderem eine gewinn- und umsatzabhängige Vergütung vor.

In Anwendung der vom BFH entwickelten Grundsätze für GmbH-Gesellschaftergeschäftsführer sahen Finanzamt und erstinstanzliches Finanzgericht (FG) die gewinn- und umsatzabhängige Vergütung als verdeckte Gewinnausschüttung an.

 

 

Lösung

Der BFH widerspricht der Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht. Die für die GmbH entwickelten Rechtsgrundsätze können nicht uneingeschränkt auf den Bereich der AG übertragen werden. Selbst in dem Fall, dass ein Vorstandsmitglied gleichzeitig Mehrheitsaktionär der AG ist, wäre seine Stellung nicht mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH vergleichbar. Gemäß § 112 AktG wird eine AG bei Rechtsgeschäften mit ihren Vorstandsmitgliedern von ihrem Aufsichtsrat vertreten. Aufgrund der Stellung des Aufsichtsrats ist hier eher eine Trennung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat gegeben, wobei diese im Einzelfall jedoch durch die tatsächlichen Umstände aufgehoben werden kann.

Bei einem Minderheitsaktionär-Vorstand ist eine Beherrschungssituation aber grundsätzlich nicht gegeben. Der Minderheitsaktionär verfügt nicht über die für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder erforderliche Mehrheit in der Hauptversammlung. Ein Minderheitsaktionär hat aufgrund der kodifizierten Stellung des Aufsichtsrats geringere Einflussmöglichkeiten als der Minderheitsgesellschafter einer GmbH. Dies hat zur Folge, dass eine Vereinbarung mit dem zum Vorstand bestimmten Minderheitsaktionär dem materiellen Fremdvergleich nur dann nicht genügt, wenn die Umstände des Einzelfalls eindeutig auf eine einseitige Ausrichtung an persönlichen Interessen des Vorstandsmitglieds hinweisen.

Das FG hat es unterlassen aufzuklären, ob es sich bei den Aufsichtsratsmitgliedern um Personen handelt, die dem Vorstand nahestehen, oder ob der Vorstand einen anderweitigen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Die bisherigen Ausführungen lassen nicht erkennen, dass eine einseitige Ausrichtung an persönlichen Interessen des Vorstandsmitglieds vorliegt.

Der Fall wird daher zur erneuten Beurteilung an das Finanzgericht zurückgewiesen.

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 4/2025

BC20250411

 

 

Rubriken

Menü

Anzeigen

BC Newsletter

beck-online Bilanzrecht PLUS

Menü