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Außenprüfung/Abgabenordnung
   

Steuerliche Außenprüfung bei Einzelhandelsunternehmen

Christian Thurow

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 21.8.2020, 3 K 208/18 (veröffentlicht am 18.5.2022; Revision eingelegt, Az. BFH: III R 14/22)

 

Auch im Steuerrecht ist die Wahl der richtigen Konjunktion von großer Bedeutung. Wer jetzt verzweifelt versucht, sich an seine Deutschstunden zu erinnern – Konjunktionen sind Wörter, die zwei Satzteile miteinander verbinden (wie das Wort „und“). Dies ist z.B. wichtig bei der Frage, ob eine Kassenbuchführung formelle und materielle Mängel aufweist.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer einen Einkaufsladen. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung wurden diverse formelle Mängel bei der Erfüllung der Aufzeichnungspflichten festgestellt (u.a. Fehlen des täglichen Protokolls beim Auszählen der offenen Ladenkasse). Dies führte zu einer Steuerhinzuschätzung (mittels Sicherheitszuschlags in Höhe von 10% der Barerlöse). Die Hinzuschätzung wurde vom Finanzamt durch eine Richtsatzschätzung untermauert (Vergleich mittels Verprobung von Umsätzen und Gewinnen mit denen anderer Unternehmen derselben Branche).

 

 

Lösung

Aus Sicht der Finanzrichter ist entscheidend, auf welche Korrekturvorschrift sich die Finanzbehörden berufen. Ein Teil der Hinzuschätzung betrifft Steuerfestsetzungen, bei denen bereits die Bestandskraft eingetreten ist. Hier sind gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Im Ausgangsfall hat der Prüfer lediglich formelle Mängel aufgezeigt. Diese allein lassen jedoch noch keinen sicheren Schluss darauf zu, dass der Steuerpflichtige auch tatsächlich Einnahmen verkürzt hat. Bei formellen Mängeln besteht systembedingt keine Gewähr mehr, dass die Bareinnahmen vollständig erfasst wurden (keine Möglichkeit der nachträglichen Ergänzung der Dokumentation). Dennoch müssen formelle und materielle Mängel vorliegen – also Tatsachen, keine Schätzungen. Auch eine Richtsatzschätzung erbringt keinen sicheren Nachweis zum Vorhandensein von materiellen Mängeln (z.B. unzutreffende Behandlung oder unvollständige Erfassung steuerlich relevanter Vorgänge), da sie als äußerer Betriebsvergleich nicht an die individuellen Verhältnisse des konkreten Betriebs anknüpft.

Hinsichtlich der noch offenen Bescheide erfolgt eine Hinzuschätzung nach § 162 Abs. 1 AO. Die Finanzbehörde hat hierbei die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Da der Kläger seinen Aufzeichnungspflichten nicht im genügendem Maße nachgekommen ist (u.a. unzureichende Dokumentation der Geschäftsvorfälle nach der zeitlichen Reihenfolge und mit ihrem richtigen und erkennbaren Inhalt), liegt dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis vor. Bezüglich der Höhe der Hinzurechnung berücksichtigen die Finanzrichter, dass die steuerliche Außenprüfung keine sicheren Nachweise für eine Nichterfassung von Umsätzen in großem Umfang hat feststellen können. Letztendlich führt dies zu einer Halbierung der vom Finanzamt angesetzten Hinzuschätzungsbeträge.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

BC 6/2022

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