FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.6.2016, 1 K 1685/14 (Revision zugelassen)
Ein ständiger Vertreter im Sinne des § 13 AO ist eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Als steuerliche Folge begründet der ständige Vertreter im Inland eine sog. Vertreterbetriebsstätte. Fraglich ist, ob auch der Geschäftsführer ein ständiger Vertreter ist.
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Problemstellung
Der im Inland wohnende Kläger war als Geschäftsführer einer luxemburgischen Gesellschaft tätig. Eine inländische Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO lag nicht vor. Fraglich ist aber, ob der Geschäftsführer als ständiger Vertreter der Gesellschaft anzusehen ist. Wird dies bejaht, so führt dies zur Existenz einer Vertreterbetriebsstätte.
Hinweis: Eine Vertreterbetriebsstätte ist nur von körperschaftsteuerlicher Bedeutung. Für gewerbesteuerliche Zwecke muss eine Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO vorliegen. |
Ein ständiger Vertreter muss (gemäß § 13 Satz 1 AO) folgende Voraussetzungen erfüllen:
- eine natürliche oder juristische Person;
- nachhaltige Besorgung der Geschäfte eines Unternehmens: Nach OECD-Musterabkommen ist die Nachhaltigkeit nur gegeben, wenn die Tätigkeit des Vertretungsberechtigten auf eine Zeit von mehr als sechs Monaten angelegt ist;
- die Person muss den Sachweisungen des Unternehmens unterliegen.
§ 13 AO Satz 2 AO führt weiterhin aus, dass ein ständiger Vertreter insbesondere Verträge abschließt bzw. vermittelt, Aufträge einholt oder einen Bestand von Gütern oder Waren unterhält und davon Auslieferungen vornimmt. Erforderlich ist dabei eine „ständige“ Einrichtung im Inland. Allerdings muss es sich nicht um eine „feste Einrichtung“ im Sinne des § 12 AO handeln.
Während das Finanzamt davon ausgeht, dass das Organ einer Kapitalgesellschaft auch deren ständiger Vertreter sein kann, ist dies aus Sicht des Klägers nicht möglich. Die Sache ist umstritten; es haben jeweils mindestens drei Finanzgerichte entweder bejahend oder verneinend geurteilt. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu steht noch aus.
(Zwischen-)Lösung
Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz reiht sich in die Liste der verneinenden Finanzgerichte ein. Aus Sicht des Gerichts schließen sich Geschäftsführer- und Vertretertätigkeit gegenseitig aus. Der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft ist das einzige Vertretungsorgan der Gesellschaft, und diese kann nur durch ihn im Rechtsverkehr auftreten. Das Handeln des Geschäftsführers ist somit kein Handeln für die Gesellschaft, sondern wird rechtlich als Handlung der Gesellschaft bewertet. Ein Geschäftsführer unterliegt auch nicht den Sachweisungen seines Unternehmens. Vielmehr ist er die Person, die diese Anweisungen erteilt. Er kann sich auch nicht selber als Vertreter bestellen.
Somit lässt sich die Tätigkeit des Geschäftsführers nicht als ständige Vertretung im Sinne des § 13 AO ansehen.
Die Revision ist zugelassen, um den Sachverhalt endgültig höchstrichterlich klären zu lassen.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Vice President Audit, Operations & Reporting, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 11/2016
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