FG Münster, Urteil vom 21.7.2016, 9 K 2794/15 K,F (Revision zugelassen)
Durch § 8c KStG wird die Nutzungsmöglichkeit steuerlicher Verlustvorträge bei einem sog. schädlichen Beteiligungserwerb stark eingeschränkt. Doch schließt § 8c KStG auch einen Verlustrücktrag aus? Das Finanzgericht (FG) Münster ist hier anderer Ansicht als das Bundesfinanzministerium (BMF).
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Problemstellung
Bei einer GmbH kam es mit notariellem Vertrag vom 21.11.2013 zu einer Veränderung der Eigentümerverhältnisse in Höhe von 50% der Anteile (schädlicher Beteiligungserwerb). Dabei wurde im Jahr 2013 unstreitig ein Verlust in Höhe von 16.827 € erwirtschaftet. Die Neugesellschafter beschlossen einen Rücktrag des gesamten Verlusts in das Jahr 2012.
Aus Sicht des zuständigen Finanzamts konnten aber nur 50% der bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs angefallenen Verluste auf das Vorjahr zurückgetragen werden. Das Finanzamt berief sich dabei auf § 8c KStG und Rz. 30 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008 (IV C 7 – S 2745 – a/08/10001, BStBl. I 2008, 736).
In ihrer Klage begehrt die Klägerin weiterhin den Verlustrücktrag. Aus ihrer Sicht läuft es dem Sinn der Regelungsvorschrift und dem Willen des Gesetzgebers zuwider, wenn die Altgesellschafter den unter ihrer Eigentümerschaft angefallenen Verlust nicht mittels Verlustrücktrag steuerlich nutzen können. Der Sinn und Zweck des § 8c KStG liegt gerade darin, eine Nutzung durch die Neugesellschafter zu verhindern bzw. einzuschränken.
Lösung
Das FG Münster folgt der Sichtweise der Klägerin. Zunächst stellt das FG Münster klar, dass sich § 8c KStG vom Wortlaut her ausschließlich auf die bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs angefallenen Verluste bezieht. Nach diesem Zeitpunkt angefallene Verluste können gemäß den geltenden Vorschriften ohne besondere Einschränkungen vor- bzw. zurückgetragen werden. Der Sinn und Zweck des § 8c KStG liegt darin, dass vor dem schädlichen Beteiligungserwerb entstandene Verluste nicht durch personell veränderte Gesellschafterstrukturen genutzt werden können. Da bei einem Verlustrücktrag lediglich die Anteilseigner den Verlust nutzen, die ihn während ihres wirtschaftlichen Engagements auch getragen haben, fällt ein solcher Sachverhalt nicht unter die Einschränkungen des § 8c KStG. Auch aus der BFH-Rechtsprechung lässt sich eine Unterscheidung zwischen altem und neuem wirtschaftlichen Engagement ableiten.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist aus Sicht des FG Münster der Rücktrag des vollständigen Verlusts des Jahres 2013 möglich. Da das Urteil von den Grundsätzen, die im oben genannten BMF-Schreiben aufgestellt wurden, abweicht, hat das FG Münster die Revision zugelassen. |
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Vice President Audit, Operations & Reporting, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 10/2016
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