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Körperschaft-/Umwandlungssteuer
   

Steuerliche Behandlung von Cum/Cum-Transaktionen und Wertpapierdarlehen

Christian Thurow

BMF-Schreiben vom 9.7.2021, IV C 1 – S 2252/19/10035 :014; DOK 2021/0726914 – Steuerliche Behandlung von „Cum/Cum-Transaktionen“;

BMF-Schreiben vom 9.7.2021, IV C 6 – S 2134/19/10003 :007; DOK 2021/0737864 – Wirtschaftliche Zurechnung bei Wertpapiergeschäften

 

Durch sog. Cum/Cum-Transaktionen sind dem deutschen Staat laut Schätzungen über 20 Mrd. € an Steuereinnahmen entgangen. Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass das Bundesfinanzministerium (BMF) nun in zwei Schreiben die Steuerschlupflöcher ein wenig enger macht.


 

 

Praxis-Info!

 

Cum/Cum-Transaktion

Eine Cum/Cum-Transaktion ist u.a. ein Wertpapierleihegeschäft (mit Aktien) um den Dividendenstichtag herum, welches „mit Dividendenberechtigung“ vereinbart wird. Die Lieferung erfolgt ebenfalls mit Dividendenberechtigung (daher cum/cum). Der Steuervorteil entsteht, wenn ein Steuerausländer die Aktien (kurz) vor Dividendenzahlung an eine inländische, zur Kapitalertragsteuer anrechnungsberechtigte Person verleiht (Schaffung eines Betriebsausgabenüberhangs).

Das folgende Beispiel verdeutlicht den Sachverhalt in seinem Grundmuster. In dem BMF-Schreiben zu Cum/Cum-Transaktionen sind weitere Varianten aufgeführt. Aus Vereinfachungsgründen bleibt der Solidaritätszuschlag unberücksichtigt.

 

Ausgangsfall:

Ein Steuerausländer hält Aktien an einer inländischen Aktiengesellschaft. Im Rahmen der Ausschüttung erhält er eine Bruttodividende von 1.000 €. Es ergibt sich folgende Nettodividende:

 

Bruttodividende

1.000 €

./. Kapitalertragsteuer (KapSt)

./. 250 €

+ Erstattung aufgrund DBA

+ 100 €

= Nettoertrag

= 850 €

 

 

Hinweis:

In den meisten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine Minderung der Kapitalertragsteuer (KapSt) vereinbart. Laut BMF verbleibt in der Regel eine Steuerbelastung von 15%.

 

 

Ausgangsfall mit Cum/Cum (Fortsetzung):

Der Steuerausländer verleiht die Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag für 14 Tage mit Dividendenberechtigung an eine inländische Person, welche zur KapSt-Anrechnung berechtigt ist. Der Entleiher – also der inländische Empfänger (Darlehensnehmer) – zahlt ein Darlehensentgelt für die Wertpapierleihe von 4,25% auf den Kurswert der Aktien (hier: 72,4 € x 100 Aktien x 4,25% x 14/360 Tage = 12 €) sowie eine Kompensationszahlung für die Dividende in Höhe von 90% der Bruttodividende. Es ergibt sich folgendes Bild:

 

Inländischer Entleiher (Empfänger der Aktien)

Nettodividende

750 €

Steuergutschrift

+ 250 €

./. Kompensationszahlung

    (1.000 € x 90%)

- 900 €

./. Darlehensentgelt

- 12 €

= Gewinn

= 88 €

 

Verleiher (Steuerausländer)

Kompensationszahlung

+ 900 €

Darlehensentgelt

+ 12 €

= Gewinn

= 912 €

 

Durch die Cum/Cum-Transaktion erhöht sich somit der Gewinn des Steuerausländers von 850 € auf 912 €. Dieser Gewinn ist in Deutschland nicht steuerbar. Als Entleiher dienen in der Regel Banken und „spezialisierte Finanzdienstleister“.

 

Um den Steuerausfall zu mindern, verschärft das BMF nun die Regelungen zur wirtschaftlichen Zurechnung der Aktien im Rahmen einer Wertpapierleihe. Grundsätzlich sind bei einer Wertpapierleihe – welche ein Sachdarlehen darstellt – die Wertpapiere dem Darlehensnehmer als zivilrechtlichem Eigentümer auch wirtschaftlich zuzurechnen. In seinem aktuellen Schreiben stellt das BMF nun klar, dass ein wirtschaftlicher Eigentumsübergang nicht stattfindet, wenn …

  • die Wertpapiere über einen kurzen Zeitraum (weniger als 45 Tage) über den Dividendenstichtag hinaus übertragen werden,
  • aus dem Wertpapiergeschäft ein Steuervorteil für die Parteien oder Dritte entsteht und das Gesamtentgelt für das Wertpapiergeschäft auch hieran bemessen ist,
  • dem Darlehensnehmer durch das Geschäft kein Liquiditätsvorteil aus einer Vereinnahmung und Verausgabung der mit dem Wertpapiergeschäft getätigten Zahlungen entsteht, etwa weil diese zeit- und betragsgleich erfolgen,
  • die Stimmrechtsausübung des Darlehensnehmers vertraglich ausgeschlossen oder eingeschränkt wurde,
  • der Darlehensnehmer eine schwache Rechtsposition hat, ihm die Rechte an den Wertpapieren also jederzeit oder mit kurzer Frist wieder entzogen werden können oder eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Wertpapiere nicht möglich ist.

Im Ausgangsfall mit einer Cum/Cum-Transaktion verbleibt nunmehr bei Anwendung der oben genannten Grundsätze das wirtschaftliche Eigentum der Aktien beim Steuerausländer (Haltedauer von 14 Tagen, Bedeutung des Steuervorteils für das Gesamtentgelt). Folglich ist der inländische Entleiher nicht mehr KapSt-erstattungsberechtigt. Diese ist außerbilanziell zu korrigieren, was beim inländischen Entleiher zu einem Verlust von 88 € ./. 250 € = -162 € führen würde. Die Cum/Cum-Transaktion ist daher wirtschaftlich nicht mehr lukrativ.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 8/2021

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