Bundesrat billigt Heizungsgesetz und fordert Nachbesserungen bei Cannabis-Legalisierung
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Der Bundesrat hat das umstrittene Gebäudeenergiegesetz gebilligt. Grünes Licht gab er heute auch für Änderungen im Passrecht, die 11. GWB-Novelle und das neue Verbandsklagerecht. Nachbessern muss die Bundesregierung nach Auffassung der Länder bei der Cannabis-Legalisierung.

Mit dem Beschluss des Bundesrates hat das umstrittene Heizungsgesetz, das der Bundestag Anfang September verabschiedet hatte, die letzte parlamentarische Hürde genommen: Der Antrag Bayerns, das Gesetz in den Vermittlungsausschuss zu überweisen, fand heute keine Mehrheit im Plenum.  Damit kann die Neuregelung Anfang 2024 in Kraft treten. Für mehr Klimaschutz in Gebäuden enthält das Gesetz Vorgaben für neu einzubauende Heizungen – sie müssen ihren Wärmebedarf zu mindestens 65% aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme decken.

In einer begleitenden Entschließung  fordern  die  Länder die Bundesregierung auf, im Zuge der nächsten Novellierung des Gesetzes die finanzielle Förderung zu erweitern: Auch Maßnahmen, die lediglich gesetzlichen Anforderungen erfüllen, aber nicht über diese hinausgehen, sollen künftig förderfähig sein. Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze, der mit dem Heizungsgesetz in engem Zusammenhang steht, hat der Bundesrat am Freitag im ersten Durchgang zahlreiche Änderungen vorgeschlagen.

Der Bundesrat hat zudem Änderungen im Passrecht zugestimmt, die der Bundestag im Juli verabschiedet hatte. Dass Gesetz sieht unter anderem die Abschaffung des Kindereisepasses vor. An dessen Stelle kann ein elektronischer Reisepass mit längerer Gültigkeitsdauer beantragt werden, der für weltweite Reisen nutzbar ist. Die Einführung eines neuen Passversagungsgrundes soll zudem Kindesmissbrauch im Ausland verhindern.

Neues Klagerecht für Verbraucherverbände und GWB-Novelle

Verbraucherverbände erhalten künftig ein neues Instrument, um den Verbraucherschutz gerichtlich durchzusetzen, beispielsweise bei Skandalen wie dem Diesel-Skandal. Der Bundesrat hat die Novelle des Verbandsklagerechts gebilligt, die der Bundestag im Juli verabschiedet hatte. Sie setzt eine entsprechende europäische Richtlinie in nationales Recht um. Neben den bereits bisher möglichen Unterlassungsklagen gibt es künftig sogenannte Abhilfeklagen. Der Bundestagsbeschluss verlängert zudem die Geltung des befristeten Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes bis zum 31.8.2024.

Die Länderkammer hat zudem schärfere Instrumente für die Kartellbehörden gebilligt, die der Bundestag im Juli verabschiedet hatte. Das Gesetz reagiert auf die extremen Preissteigerungen in der Energiekrise im letzten Jahr. Die 11. GWB-Novelle senkt die Voraussetzungen, unter denen Kartellbehörden so genannte Sektoruntersuchungen durchführen können. Wirtschaftliche Vorteile, die durch Kartellrechtsverstöße erlangt wurden, sollen einfacher abschöpfbar sei. Unternehmen sollen von ihrem rechtswidrigen Verhalten nicht mehr finanziell profitieren. Das Bundeskartellamt erhält zudem erweiterte Ermittlungsbefugnisse, um die Europäische Kommission bei der Durchsetzung des Digital Markets Act zu unterstützen.

Der Bundesrat hat sich am Freitag zu den Regierungsplänen zum Bundeshaushalt 2024 und zum Finanzplan bis 2027 geäußert. In einer 10-Punkte-Stellungnahme setzt er sich mit den aktuellen konjunkturellen Herausforderungen auseinander und weist auf die Auswirkungen hin, die der geplante Bundesetat auf die Haushalte der Länder und Kommunen habe. Er kritisiert unter anderem, dass der Bundeshaushalt 2024 eine Vielzahl von Kürzungen zum Beispiel bei der Förderung von Sprachkitas, Jugendfreiwilligendiensten und Arbeitsmarktprogrammen vorsehe- Ländern und Kommunen würden dadurch dringend benötigte Mittel entzogen.

Cannabis-Legalisierung – Länder nehmen Stellung

In seiner Sitzung hat der Bundesrat sich auch zu den Regierungsplänen für eine Cannabis-Legalisierung geäußert. So fordert er unter anderem, die Kontroll- und Vollzugsaufgaben für die Länder so zu regeln, dass sie keinen zusätzlichen Personal- und Finanzbedarf erzeugen. Die Länder verlangen Maßnahmen zur Verkehrsunfallprävention, Standards für die Sicherung von Anbaueinrichtungen und gesetzlich vorgeschriebene Mindeststandards für die Erstellung von Gesundheits- und Jugendschutzkonzepten. Ausschank, Abgabe und Konsum alkoholischer Getränke soll in Anbauvereinigungen untersagt werden. Außerdem sollen nach dem Willen der Länderkammer im weiteren Gesetzgebungsverfahren die jugendschutzrelevanten Regelungen auf ihre Praxistauglichkeit und Umsetzbarkeit überprüft werden. Bleibe es bei der jetzigen Fassung des Gesetzentwurfs, sei ein strukturelles Vollzugsdefizit zu erwarten. Zudem mahnt der Bundesrat die Schließung von Strafbarkeitslücken an.

Die Bundesregierung will Menschen, an deren Verfassungstreue Zweifel bestehen, von der Berufung zu ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern ausschließen. Der Bundesrat begrüßt dies, fordert Verschärfungen aber auch für Berufsrichter. So bittet er etwa, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob das Richtergesetz um die Möglichkeit des vorläufigen teilweisen Einbehalts der Dienstbezüge für Berufsrichter ergänzt werden sollte – inbesondere, wenn der Richter "nicht mehr als glaubwürdiger Repräsentant der rechtsprechenden Gewalt" erscheine.

Bundeswehr soll Extremisten künftig schneller entlassen können

Keine Einwendungen hat die Ländervertretung gegen den Regierungsentwurf zur Beschleunigung der Entfernung von verfassungsfeindlichen Soldatinnen und Soldaten. Erfasst werden auch Soldatinnen und Soldaten, die Reservistendienst oder freiwilligen Wehrdienst leisten. Über die Entlassung ist im Wege eines Verwaltungsverfahrens zu entscheiden. Zur Wahrung der Rechte der Soldatin oder des Soldaten soll ein zweistufiges Anhörungsverfahren eingeführt werden.

Der Bundesrat will den Ausbau der Bahnstrecken in Deutschland beschleunigen. Hierzu soll ein Gesetzentwurf der Länder Brandenburg, Berlin und Sachsen eingebracht werden. Danach soll beim Bau eines zweiten Gleises an einer bestehenden Strecke die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung eingeschränkt werden. Zudem soll bei Klagen zu Genehmigungsverfahren das Bundesverwaltungsgericht als erste und letzte Instanz zuständig sein und damit der Instanzenweg deutlich verkürzt werden.

Länder fordern Industriestrompreis und Senkung der Stromsteuer

Der Bundesrat fordert einen international wettbewerbsfähigen Industriestrompreis für energieintensive und außenhandelsabhängige Unternehmen. Er bittet die Bundesregierung, möglichst zeitnah und in Abstimmung mit der Europäischen Kommission das Konzept für einen Brücken- und Transformationspreis weiter auszuarbeiten. Der Bundesrat regt außerdem die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß an.

Redaktion beck-aktuell, ew, 29. September 2023.